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Bhutan und Ostwestfalen
Ausbau der Hochschulkooperation

Seit einigen Jahren besteht eine Verbindung zwischen der Hochschule Ostwestfalen-Lippe und der ersten staatlichen bhutanischen Universität. Die Kooperation soll jetzt ausgebaut werden. Und dafür ist der bhutanische Vize-Kanzler der Universität ins lippische Lemgo und Detmold gereist.

Von Julia Forsthövel | 10.03.2015
    Gebetsfahnen flattern an einem Baum vor einem Regenbogen oberhalb von Thimphu in Bhutan, aufgenommen am 14.07.2013. In dem winzigen Himalaya-Königreich leben viele Menschen noch ein spirituelles Leben. Doch das Land öffnet sich langsam der Außenwelt.
    Gebetsfahnen flattern an einem Baum in Bhutan: Die Hochschule des Landes kooperiert mit Ostwestfalen. (picture alliance / dpa / Doreen Fiedler)
    Bei der offiziellen Begrüßung trifft ostwestfälische Zurückhaltung auf asiatische Höflichkeit. Doch seine Exzellenz Nidup Dorji von der Royal University of Bhutan bricht das Eis schnell. Er kommt gerade aus der Großstadt Kopenhagen. In Ostwestfalen fühle er sich wohler, sagt er.
    "Lemgo erinnert uns an unsere Heimat. Es ist nicht so groß, daher fühlen wir uns ein bisschen wie zu Hause."
    Wie daheim trägt Nidup Dorji ein traditionelles Gewand, dass mit einem Gurt gebunden wird. In den Stoffwülsten oberhalb des Gurtes werden alle möglichen Unterlagen verstaut. Davon wird er in den kommenden Tagen noch einige sammeln.
    "Wir sind auf Einladung der Hochschule in Lemgo gekommen und möchten uns vor allem das Modell Fachhochschule anschauen. Ich glaube, hier gibt es viele Kooperationen zwischen der Hochschule und den Unternehmen. Das möchten wir uns anschauen und davon lernen."
    Interesse am deutschen Fachhochschulmodell
    Denn in Bhutan existiert kaum Austausch zwischen Firmen und Universität. Nach indischem Vorbild gibt es viel Theorie, Frontalunterricht und wenig Praxisbezug. 9.000 junge Leute studieren hier gebührenfrei, sogar Kost und Logis werden vom Staat übernommen. Der König von Bhutan selbst hat die Universität 2003 gegründet, denn Bildung ist ihm wichtig:
    "Seine Majestät der König ist der Kanzler der Royal University of Bhutan, er ist der Chef der Universität, er hat keine exekutive Rolle. Aber er leitet uns an und gibt uns die Inspiration, hart zu arbeiten."
    Das hat auch Kerstin Lopan erlebt. Die 23-jährige Studentin der Umweltwissenschaften war im vergangenen Sommer als erste deutsche Studentin überhaupt für ein Semester in Bhutan:
    "Man muss immer aufstehen, wenn der Lehrer rein kam, musste immer sehr, sehr höflich sein. Das gehört zur asiatischen Höflichkeit dazu, denke ich. Und es war auch eine andere Form von Unterricht. Es ist teilweise schon sehr lehrerbezogen."
    Trotzdem hat es ihr gut gefallen. Neben der Theorie hat sie auch eine wissenschaftliche Studie in einem abgelegenen Dorf durchgeführt, dass noch nicht ans Stromnetz angebunden ist.
    "Und habe dann da eine Befragung durchgeführt, was für einen Energiebedarf haben die Leute im Moment und was würden sie für elektrische Geräte nutzen. Habe dann auf der anderen Seite geguckt, welches Angebot an erneuerbaren Energien gibt es, also Wind und Solar hauptsächlich. Und hab dann daraus versucht, eine Studie zu erstellen, wie viel Windkraft oder wie viel Solarzellen bräuchte man, um dieses Dorf zu versorgen."
    In Bhutan fehlen Experten
    Genau das sind die Themen, die Lemgo und Bhutan verbinden. An der Hochschule OWL werden Fächer wie Umweltingenieurwesen, Holzwirtschaft oder ökologische Landwirtschaft gelehrt. In den kommenden Tagen wird sich Nidup Dorji all das in Ostwestfalen anschauen. Dann geht es zurück nach Bhutan. Das Land ist etwa so groß wie die Schweiz, fast zwei Drittel sind bewaldet, dazu kommt die Landwirtschaft und ein wenig Industrie. Der Umweltschutz ist in der Verfassung festgeschrieben. So setzt Bhutan vollständig auf erneuerbare Energien. Aber es fehlt an Experten:
    "Wissenschaft und Technologie ist sehr wichtig für Bhutan. Wir sind ein Entwicklungsland und wir merken, dass wir Ingenieure und Leute mit einem wissenschaftlichen Hintergrund gerade jetzt für die Entwicklung unseres Landes benötigen. Zurzeit stammen fast alle Ingenieure aus anderen Ländern, deshalb müssen wir eigene Leute ausbilden."
    Ein Austausch von Studierenden und Dozenten zwischen Bhutan und Ostwestfalen könnte hier wichtige Impulse liefern. Zustande gekommen ist der Kontakt eher zufällig über eine indisch-stämmige wissenschaftliche Mitarbeiterin aus Lemgo. Jetzt soll eine feste Kooperation daraus werden, von der auch deutsche Studierende profitieren können. Denn in dem Land, in dem das Bruttonationalglück eines Jeden das erste Ziel der Wirtschaftspolitik ist - und nicht etwa das Wachstum - spielen neben Lernerei und Noten auch ganz andere Dinge eine Rolle:
    "Wissen Sie, wir glauben, dass man sehr achtsam damit umgehen muss, was man tut oder tun will. Deshalb ermutigen wir unsere Studenten, das genau zu reflektieren. Wir möchten, dass alle unsere Studenten gute Menschen sind, nachdem sie ihren Abschluss gemacht haben."