Montag, 20. Mai 2024

Russland
Biden macht Putin für Nawalnys Tod verantwortlich

Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist tot. Wie örtliche Behörden mitteilten, starb der 47-Jährige in einem Straflager in der Polarregion. Nawalny sei während eines Hofgangs zusammengebrochen, hieß es. Eine Untersuchung zur genauen Todesursache wurde den Angaben zufolge eingeleitet. Viele westliche Politiker reagierten bestürzt auf den Tod und machten die russische Regierung dafür verantwortlich.

17.02.2024
    Alexej Nawalny hinter Gittern
    Der russische Oppositionelle Alexei Navalny ist tot. (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Denis Kaminev)
    Eine Sprecherin von Nawalny erklärte, der Anwalt des verstorbenen Oppositionellen sei zur Überprüfung der Informationen unterwegs in die Strafkolonie. Die Familie von Nawalny erklärte, ihr lägen bislang keinerlei Beweise für den Tod vor.
    Der Oppositionelle hatte mehrfach über schlechte Haftbedingungen geklagt. Er galt seit langem als Gegner Präsident Putins. Im August 2020 wurde Nawalny Opfer eines Giftanschlags mit einem Nervenkampfstoff, den er nach einer Behandlung in Deutschland überlebte. Er kehrte nach Russland zurück und wurde dort festgenommen. Gerichte verurteilten ihn später mehrfach zu Straflager-Haft, unter anderem wegen Extremismus. Nawalny hatte die Vorwürfe stets bestritten.

    "Schwäche und Fäulnis des Systems Putin"

    Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in Berlin, Nawalny habe für seinen Mut mit dem Leben bezahlt. Außenministerin Annalena Baerbock erklärte, Nawalny sei ein Symbol für ein freies und demokratisches Russland gewesen, und genau deshalb habe er sterben müssen.
    EU-Ratspräsident Charles Michel sagte, die Europäische Union halte das russische Regime für alleinverantwortlich für diesen tragischen Tod. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zeigte sich tief betroffen und betonte, Russland müsse alle Fragen zu den Todesumständen klären.
    Die USA machten ebenfalls die russische Führung verantwortlich. US-Präsident Joe Biden sagte in Washington, es gebe keinen Zweifel, dass Nawalnys Tod auf das Handeln von Putin und dessen Regime zurückzuführen sei. Nawalny habe sich stets mutig gegen Korruption und Gewalt der russischen Regierung gestellt. Washington prüfe angesichts seines Todes weitere Sanktionen gegen Moskau. US-Außenminister Antony Blinken erklärte, der Tod Nawalnys belege die "Schwäche und Fäulnis" des Systems Putin.

    Moskau nennt Äußerungen "inkzeptabel"

    Russland kritisierte die Äußerungen westlicher Politiker als inakzeptabel. Eine Sprecherin des Außenministeriums teilte mit, es sei entlarvend, dass der Westen bereits Schlussfolgerungen ziehe, obwohl die Ermittlungen zu den Todesumständen erst begonnen hätten.
    Der Mitbegründer der Denkfabrik Zentrum Liberale Moderne, Ralf Fücks, bezeichnete den Tod Nawalnys indes als "Mord auf Raten". Präsident Putin habe es darauf angelegt, Nawalny umzubringen, sagte Fücks, der den Kreml-Kritiker mehrmals persönlich getroffen hatte, im Deutschlandfunk. Nawalnys "Verbrechen" sei es gewesen, Putin herauszufordern. Er sei eine charismatische Figur gewesen, die auf Resonanz gestoßen sei. Deshalb habe er sterben müssen.
    Mit Blick auf den Ukraine-Krieg meinte Fücks, er frage sich, wann der Westen endlich realisiere, dass man es bei Putin mit einem Mörder zu tun habe, der nicht anders ticke als früher Stalin. Der Terror nach innen gehe in Russland "Hand in Hand" mit dem Terror nach außen.

    Witwe fordert Kampf gegen russische Regierung

    Die Witwe, Julia Nawalny, forderte die Welt zum Kampf gegen die russische Regierung auf. Das Regime in Moskau müsse die Verantwortung übernehmen, sagte sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Präsident Putin müsse für alle Abscheulichkeiten, die er in den vergangenen Jahren begangen habe, zur Rechenschaft gezogen werden.
    Die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, teilte mit, die Menschenrechtsorganisation sei "zutiefst bestürzt" über die Nachricht vom Tod Nawalnys. "Nawalny war ein gewaltloser politischer Gefangener, der nur aufgrund seines friedlichen politischen Engagements von den russischen Behörden verfolgt wurde", heißt es in einer Erklärung. "Seine Inhaftierung war politisch motiviert und willkürlich." Nawalny habe zum Schweigen gebracht werden sollen. Amnesty fordere eine unabhängige Aufklärung der Todesumstände.

    Weiterführende Informationen:

    Sie können hier einen Bericht über die Reaktionen aus der EU hören.
    Hier finden Sie einen Beitrag zu den Reaktionen auf der Münchner Sicherheitskonferenz.
    Auch der Podcast "Der Tag" befasst sich mit dem Thema: "Alexej Nawalny - Kreml-Kritiker bis zum Tod"
    Diese Nachricht wurde am 17.02.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.