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Bienchen summt nicht mehr

Normalerweise ist der Oberrheingraben wegen des milden Klimas das Eldorado der deutschen Imker. Doch in diesem Frühjahr wartet zwischen Basel und Karlsruhe der Tod auf die Bienen. Mehrere tausend Bienenvölker sind schon jetzt so dezimiert, dass sie im kommenden Sommer keinen Honig mehr produzieren werden. Ursache könnte ein Insektizid sein, mit dem gegen den Schädling Maiswurzelbohrer vorgegangen wird.

    "Wir wissen nicht, ob es aufhört, das ist ja der Wahnsinn. Jetzt geht es ja drei Wochen, das leise Sterben der Bienen. "

    Ekkehard Hülsmann, ein braungebrannter Mann mit weißen Haar, weist in seinem weitläufigem Garten im badischen Appenweier den Weg zu den Bienenstöcken. Zwei barfüßige Jungen, etwa vier und sechs Jahre alt, gehen mit ihrem Opa voran. Alle drei stoppen in einer Gartenecke, in der Bienenkörbe aufgestapelt sind:

    "Das sind die drei Bienenvölker von meinen drei Enkeln, vom Jakob, vom Aron und vom Simon. Und da fliegt praktisch so gut wie nix mehr. Und ich habe da drei Hochleistungsköniginnen drin."

    Ekkehard Hülsmann greift ins Gras vor den Bienenstöcken, schiebt die Halme auseinander:

    "Man sieht es hier auch, da liegt der braune Pelz toter Bienen vor jedem Bienenstock im Gras. Das ist halt so eine Katastrophe, ich bin jetzt zwanzig Jahre Präsident der badischen Imker, ich habe so etwas überhaupt noch nie erlebt, ich habe seit 50 Jahren Bienen, also so eine Geschichte gab es noch nie. "

    Etwa zwei Drittel der Bienen in den Stöcken sind tot, mehrere tausend Bienenvölker am Oberrhein sind bisher geschädigt. Der materielle Schaden für die Bienenhalter reicht jetzt schon in zweistellige Millionenhöhen. Die badischen Imker haben das Bayer- Insektizid "Poncho Pro" als Verursacher für das Bienensterben im Verdacht. Das Mais-Saatgut in der Region wird auf Empfehlung der baden-württembergischen Landesregierung seit neuestem mit dem Insektizid gebeizt:

    "Dieses Jahr neu zugelassene, im Einsatz befindliche Beizmittel Poncho Pro, das gab es bisher nicht und das hat ja die dreifache Wirkung auf die Menge, dieses Nervengift, als das normale Poncho, Und die Landwirte wurden auch in keiner Weise aufgeklärt, dass das so ein Hochgiftigkeitsstoff ist."

    Mit dem neuen Insektizid soll der im letzten Jahr in Deutschland eingewanderte Maiswurzelbohrer bekämpft werden. Thomas Berrer, Referatsleiter für Pflanzliche Produktion im Stuttgarter "Ministerium für den ländlichen Raum", kann den Verdacht der Imker noch nicht bestätigen. Er gäbe zwar Hinweise auf das Bayer-Insektizid "Poncho Pro" als möglichem Verursacher der Bienensterbens, aber die Ergebnisse der ersten Laboruntersuchungen seien noch vage:

    "Die bisherigen Untersuchungsergebnisse zeigen allerdings, dass die Konzentrationen, die mit empfindlichen Untersuchungen der Bienen dann nachgewiesen werden, viel geringer sind als das, was man erwarten würde, was die Biene schädigt. Und das macht es uns im Augenblick auch schwierig, die Interpretation eindeutig einem Mittel zuzuordnen."

    Bis die drei Labors, die zur Zeit fieberhaft nach den Ursachen des Bienensterbens suchen, seriöse Ergebnisse vorlegen können, werden noch Wochen ins Land gehen. Dennoch hat die Stuttgarter Landesregierung den badischen Imkern vorsorglich empfohlen, ihre Bienenstöcke möglichst weit von den Maisanbaugebieten am Oberrhein wegzuschaffen. Thomas Berrer:

    "Nur auf Vermutung hin, dass der Mais eine Rolle spielt, haben wir einfach aus Vorsorgegründen empfohlen, den Imkern, die das können, dass die außerhalb des Maisanbaugebietes dann ihre Völker aufstellen. Also im Rheintal, in der Vorbergzone, wo die vielen Blütenbäume sind, Apfel, Birnen, Zwetschgen oder in den Schwarzwald."

    Imker Ekkehard Hülsmann schüttelt angesichts dieser Empfehlung nur den Kopf:

    "In der Vorbergzone, da haben wir auch das Massensterben ,das heißt, wir wandern dann von einer Todeszone in die andere und das kann nicht die Lösung sein. Und wir können nicht in der Rheinebene 70.000 Bienenvölker verstellen. Dann soll der Minister mal Gebiete ausweisen, wo wir mit unseren Bienenvölkern hinkönnen."

    Wie es aussieht, wird das Bienensterben nicht auf Baden-Württemberg begrenzt bleiben. Die Landesregierung in Stuttgart bestätigt, dass jetzt auch erste Meldungen aus Bayern eintreffen. Die badischen Imker fordern einen sofortigen Aussaat-Stopp für Mais, der mit dem Bayer-Insektizid "Poncho Pro" behandelt wurde. Imker-Sprecher Ekkehard Hülsmann:

    "Wir haben überall ein Massensterben an Honigbienen, eine Umweltkatastrophe Nummer Eins und keiner reagiert, weil gesagt wird, wir müssen jetzt erstmal abwarten, bis wir knallharte Fakten haben. Das heißt, die lassen einfach weitersterben ,die lassen einfach weiter sehen, der Minister taucht auch nicht vor Ort auf, sondern gibt Presseerklärungen vom fernen Stuttgart ab, das ist die Tragik, die wir jetzt als Imker breitbändig in der Rheinebene erleben."