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Bienen als Umweltwächter

Seit einem Jahrzehnt beobachten Wissenschaftler in den Industriestaaten einen besorgniserregenden Rückgang der Honigbiene. Achtzig Prozent aller Blütenpflanzen können jedoch ohne Insektenbestäubung nicht überleben. UNAF, der nationale Verband der französischen Imker, startete deshalb ein Programm, genannt: "Die Biene als Umweltwächter" und will damit vor allem die Städter erreichen.

Von Suzanne Krause | 14.05.2009
    50.000 Honigbienen enthält jeder der sechs Stöcke, die gerade mitten im riesigen Park aufgestellt werden. Genauer gesagt: auf einer Wiese des pädagogischen Bauernhofs der kommunalen Freizeitanlage von Saint-Quentin-en-Yveslines, 30 Kilometer im Südwesten von Paris. Dafür eingesetzt hat sich Michel Vampouille. Der Vize-Präsident der Regionalverwaltung Conseil Régional ist zuständig für Umweltfragen. Und Partner des Imkerverbands bei der Rettung der Honigbiene. Vor einem Jahr ließ Michel Vampouille acht Bienenstöcke am Sitz des Regionalrates, im grünen Innenhof aufstellen. Die erste Bilanz:

    "Mitten in Paris produzieren die Bienen sehr viel Honig, denn hier gibt es viel weniger Pestizide als in Agrarregionen. Und die Leute, die im Regionalrat arbeiten, haben sich an die Bienen gewöhnt. Gestochen wurde bislang keiner, dabei stehen die Bienenhäuser direkt unter den Fenstern unserer Politiker."

    Bei der Feier erhalten Nachwuchsimker eine Tasche mit Ausrüstung und Infobroschüren. Denn die geschulten Angestellten der Freizeitanlagen sollen allen Besuchern, von Schulklassen bis zu Rentnern, die Bienenzucht praktisch näherbringen. Ihnen vermitteln: geht es der Biene gut, ist die Umwelt in Ordnung.

    "Das Aufstellen der Bienenstöcke in den Freizeitanlagen gehört zu unserem Programm. Wir wollen die Artenvielfalt fördern und Werbung machen für eine umweltbewusstere Landwirtschaft. Ganz einfach, um die Lebensqualität unserer Region zu erhalten."

    Bei seiner Festansprache zitiert Henry Clément eine britische Studie. Laut der gäbe es heute ein Drittel weniger blütenbestäubende Insekten als noch vor zehn Jahren. Prominentestes Opfer: die Honigbiene. Mit dem Programm "Wächterbiene" will der nationale Imkerverband nun dagegen halten. Präsident Henry Clément zieht erste Bilanz: 25 Partner hat er bislang gewinnen können, darunter fünf Regionalräte sowie auch private Unternehmen. Landauf, landab, in Nantes, Straßburg, Montpellier, im Schlosspark von Versailles, in Weinbergen im Médoc werden Bienenstöcke aufgestellt, finden die fleißigen Tierchen neue Fans. Henry Clément:

    "Wir müssen die junge Generation für Umweltfragen sensibilisieren. Ihnen beibringen, was man tun muss, um die Bienen zu schützen. Sie sollen keine Pestizide verwenden, sie sollen im Garten für die Bienen Blumen säen. Sie sollen begreifen, dass die Bienen unersetzlich sind."

    Auf Honigsuche schwirren die Bewohner einiger Bienenstöcke in Suresnes, einem Pariser Vorort, aus: in den Boulogne-Park direkt gegenüber. Die Kolonien leben auf dem Dach eines Geschäftsbaus: auf den drei Stockwerken darunter werden Artikel für Hobbygärtner feilgeboten. Der Laden gehört zu einer Kette mit insgesamt 55 Filialen: Botanic hat sich dem ökologisch korrekten Gartenbau verschrieben. Eine Politik, die auch zurückgeht auf die Partnerschaft mit dem Imkerverband, beim Bienenprogramm, berichtet Filialdirektor Damien Scribot:

    "Angefangen haben wir damit, 700 Ökoprodukte für Hobbygärtner anzubieten. 2007 wurde dann in drei Filialen ein neues Konzept getestet: Pestizide kamen bei uns in den Giftschrank und gingen nur noch nach ausführlicher Beratung über den Ladentisch. Diese Initiative hatte einen solchen Erfolg, dass wir seit Januar 2008 alle synthetischen Pestizide, Herbizide und ähnliches verbannt haben."

    Im Namen der Biene suchen die Imker auch einen Dialog mit den Politikern und den Landwirten mit industriellem Anbau. Sie fordern: ein Verbot von Pestiziden und Gentech-Pflanzen, eine Abkehr von monokulturellen Anbauweisen. Kurzum: mehr Rücksichtnahme auf die Biene. Denn ohne deren tagtägliche Fleißarbeit ist es um den Erhalt der Artenvielfalt schlecht bestellt.