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Bierbrauen mit Sonnenenergie

Technik. - Etwa die Hälfte der weltweit genutzten Energie wird für Wärme verwendet, in Haushalten und Industrie. Für letztere spielte Solarwärme bisher fast keine Rolle, doch das ändert sich jetzt langsam. Auf der Messe "Intersolar" in München wurden Beispiele vorgestellt.

Von Hellmuth Nordwig | 10.06.2011
    Blumensamen müssen trocken verpackt werden, damit sie nicht vorzeitig keimen. In der Nähe von Freising nutzt ein Landwirt zum Trocknen die Wärme der Sonne. Sie heizt Wasser auf, das durch Kollektoren strömt und dann über einen Wärmetauscher die Luft für die Trocknungsanlage erwärmt. Das Beispiel zeigt: Sonnenwärme kann in großem Maßstab genutzt werden. Auch in der Industrie, sagt Stefan Fischer vom Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik der Universität Stuttgart.

    "Das fängt an bei Waschprozessen, geht weiter bei der Trocknung von Früchten, Granulaten, et cetera. Es geht bis zur Erzeugung von Wasserdampf, der in bestehende Dampfnetze der Industrie eingespeist werden kann."


    Wo die Sonne scheint, heizt sich Wasser in einem schwarzen Schlauch ganz von selbst auf. Nach dem gleichen Prinzip funktionieren die Flachkollektoren, die hier zu Lande auf vielen Hausdächern zu finden sind. Bei Sonnenschein taugt das erwärmte Wasser zum Duschen, die Industrie braucht aber häufig höhere Temperaturen. Sie können erreicht werden, wenn man verhindert, dass sich die erwärmte Flüssigkeit wieder abkühlt. Genau wie Kaffee in einer Thermoskanne heiß bleibt. Fischer:

    "Ein Konzept ist, dass eine Vakuumisolierung da ist, um die sogenannten konvektiven Wärmeverluste zu verringern. Und momentan kommen immer mehr sogenannte konzentrierende Kollektoren auf den Markt, mit denen Temperaturen oberhalb 200 Grad erreicht werden können durch Konzentration des Sonnenlichtes."

    Diese Konzentration wird zum Beispiel durch verspiegelte Rinnen oder Lamellen erreicht. Wie ein Brennglas fokussieren sie die Wärmestrahlung der Sonne genau auf ein mit Wasser oder Öl gefülltes Absorberrohr. Etwa 70 Industriebetriebe in Europa erzeugen auf diese Weise bereits einen Teil ihrer sogenannten Prozesswärme. Stefan Fischer nennt ein Beispiel.

    "Das ist ein Hersteller von Spiegelflächen, und die haben galvanische Bäder und andere Prozessschritte. Sie betreiben ein Dampfnetz mit vier Bar und 140 Grad Celsius. Und dort wurde ein Kollektorfeld installiert, das direkt in diese Dampfschiene Dampf einspeist."

    Allerdings lässt der Sonnenschein am Standort südlich des Ruhrgebiets zu wünschen übrig, heißt es bei dem Unternehmen. Weil das in Deutschland in vielen Regionen so ist, hat die Bamberger Firma isomorph die Kollektoren weiter ausgefeilt: Bei ihren Anlagen wird die Sonnenwärme durch ein Feld von 24 Spiegeln konzentriert, und jeder einzelne davon wird laufend zur Sonne hin ausgerichtet, berichtet Vertriebsleiter Helmut Hartinger.

    "Dem Sonnenverlauf werden sie nachgeführt und fokussiert auf den Absorber. Das wird in der Produktion mittels eines Kalibriersystems gemacht über Laserpointer, und mittels eines Programms [werden] die Spiegel der Ost-West-Richtung des Sonnenverlaufs nachgeführt. Und entsprechend der Jahreszeit gibt es entsprechend dem horizontalen Verlauf der Sonne eine zweite Nachführung, um eine optimale Fokussierung der Sonne zu erreichen."

    Einige Dutzend dieser Anlagen sind bisher installiert; viele davon erzeugen Warmwasser für Haushalte. Aber auch Industriebetriebe haben gute Erfahrungen gemacht mit den Spiegeln, die mit der Sonne wandern.

    "Das ist die Getränkeindustrie, also Brauereien, die das sehr stark nachfragen. Es sind Lebensmittelhersteller, also Metzgereien, die so etwas brauchen, oder Käsereien, die solche Dinge nachgefragt haben. Exotisch war für uns eine Firma, die Bitumen herstellt, daran hatten wir nicht gedacht. Bitumen muss bei 70 Grad zwischengelagert werden. Der Hersteller testet das jetzt mit zwei Spiegeln, bisher recht erfolgreich, und dann soll das Ganze noch ausgebaut werden."

    Die Kosten einer Anlage für die industrielle Solarthermie liegen je nach dem Wärmebedarf zwischen 10.000 und mehreren 100.000 Euro. Ob sich diese Investition schon nach zwei oder erst nach zwölf Jahren amortisiert hat, das hängt von vielen Faktoren ab. Nicht zuletzt von den zukünftigen Preisen für Erdöl und Erdgas.