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Bilanz Monika Grütters
Kulturpolitik mit politischer Relevanz

Monika Grütters ist es als erster Ministerin im Amt wirklich gelungen, die Kulturpolitik vom Katzentisch im Kabinett wegzubringen. Damit hat sie neue Maßstäbe gesetzt. Eine Bilanz ihrer vierjährigen Amtszeit als Kulturstaatsministerin.

Von Christiane Habermalz | 11.09.2017
    Monika Grütters (CDU), Staatsministerin für Kultur und Medien, spricht am 23.08.2017 in Berlin bei der Eröffnung des Festivals "Pop-Kultur".
    Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) macht in der GroKo weiter (picture-alliance / dpa / Maurizio Gambarini)
    Der Erfolg eines Kulturstaatsministers oder einer Kulturstaatsministerin wurde lange Zeit nur daran gemessen, wie gut es ihm oder ihr gelang, für den Nice-to-have-Bereich Kultur beim vielbeschäftigten Bundesfinanzminister Geld locker zu machen. Bernd Neumann galt nach diesen Maßstäben als erfolgreich, und auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters muss sich nicht verstecken: Seit 2013 im Amt, hat auch sie ihren Etat steigern können.
    Bravo, mehr Geld für die Filmförderung, für Kulturinstitutionen, für Festivals, das ist zweifellos wichtig. Doch daran, wie wenig das Geld diesmal in den Bilanzgesprächen zum Ende ihrer Amtszeit in den Feuilletons eine Rolle spielt, lässt sich ablesen, was ihr in vier Jahren darüber hinaus gelungen ist: Die Bundeskultur erfolgreich als eigenständiges Ressort zu etablieren.
    An einem herrschte kein Mangel in der Amtszeit der CDU-Politikerin: an kontroversen Debatten. Und gestritten wurde zum Teil erbittert: Sei es um die Einheitswippe vor dem Berliner Stadtschloss-Neubau, die sie lieber verhindert hätte, sei es um das Kulturgutschutzgesetz, das ihr Verhältnis zum Kunsthandel nachhaltig beschädigt hat. Ist das schlimm? Auf keinen Fall. Haben sie doch die Erkenntnis gebracht, dass es offenbar schwerer ist, an positive Erinnerungsmomente öffentlich zu erinnern als an negative. Und dass man trefflich darüber streiten kann, ob Kunst eine internationale Ware ist wie jede andere oder darüber hinaus auch einen kulturhistorischen und ideellen Wert für das Land besitzt, aus dem sie stammt.
    Stets persönlich involviert
    Die neuen kulturpolitischen Dauerbaustellen und Feuilletonaufreger machen deutlich, dass es Monika Grütters als erster Ministerin im Amt wirklich gelungen ist, die Kulturpolitik wegzubringen vom Katzentisch im Kabinett - und ihr endlich eigene politische Relevanz zu geben. Ihr Umgang mit Akteuren der Kulturszene, das Austarieren von gegensätzlichen Interessen, das Maß, indem sie Themen aus Kunst und Kultur in den politischen Diskurs gehoben hat, setzt neue Maßstäbe an das Amt. Stets war sie wohl informiert und sehr persönlich involviert, nicht überall hat sie sich damit nur Freunde gemacht - und nicht überall war sie erfolgreich.
    Das Humboldtforum bleibt in seinen eigenen Widersprüchen gefangen. Der Versuch, im Retro-Gewand des gesprengten Hohenzollernschlosses ein politisch korrektes Völkerkundemuseum mit Objekten aus kolonialer Vergangenheit aufzubauen, droht an seinen eigenen Widersprüchen zu scheitern. Grütters hat das ererbte Problem zur Chefsache erklärt - daran muss sie sich jetzt messen lassen. Doch Grütters hat aus dem drohenden Scheitern die richtigen Schlüsse gezogen, und zwar wieder politische. Ihre Ankündigung, nach den Wahlen, analog zur NS-Raubkunst, Bundesmittel auch für die Provenienzforschung am koloniale Erbe in Museen und Sammlungen bereitzustellen, wird eine gesellschaftliche Debatte über das Thema Kolonialismus auslösen - eine, die dringend geführt werden muss.
    Das Kulturgutschutzgesetz, das nach langem Streit schließlich verabschiedet wurde, hat nicht in allen Punkten das erhoffte Ergebnis gebracht. Der Kunsthandel ist auf lange Sicht vergrätzt. Die Ermittlungsbehörden beklagen ihrerseits zu viele Zugeständnisse an den Handel, zu viele Schlupflöcher im Gesetz, um den kriminellen Schmuggel mit Antiquitäten aus Raubgrabungen wirksam aufhalten zu können. Die Debatte um das Gesetz ist noch nicht zu Ende gefochten. Macht nichts. Kultur ist Politik. Das hat Monika Grütters in vier Jahren bewiesen.