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Bilbao gab die Richtung vor

Eine Ausstellung in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW geht der Frage nach, wie sich Museen im 21. Jahrhundert architektonisch präsentieren. Mit seiner schwarzen Marmorfassade ist das Düsseldorfer Haus selbst Beispiel für eine Museumsarchitektur, die sich auch als Bestandteil des Stadtmarketings versteht und dabei selber ein Kunstwerk ist. Das große Vorbild dieser Entwicklung ist der spektakuläre Neubau des Guggenheim Museums in Bilbao durch Frank Gehry.

Von Jörg Biesler |
    Bilbao gab die Richtung vor. Mit Frank Gehrys Aufsehen erregender Edelstahlorgie für die Guggenheim Foundation begann im Museumsbau ein neues Zeitalter. Spätestens jetzt war es aus mit dem White Cube, mit dem weißen Würfel, der der Kunst möglichst neutrale und wandlungsfähige Räume bieten sollte und sich ansonsten nicht weiter bemerkbar machte. Fortan musste schon das Haus ein Zeichen setzen, wiedererkennbar sein, ein Markenzeichen, das im globalisierten Kunstbetrieb Aufmerksamkeit erzeugt. Armin Zweite, Direktor der Kunstsammlung NRW:

    " Das Spektakuläre, das Aufsehen erregende, das Unvergleichliche macht natürlich Furore, zieht ein großes Publikum an, spektakuläre Architekturen werden errichtet und man fragt sich oft, wenn man die Innenräume sieht: Kann man damit irgendwas bezwecken? Kann man darin überhaupt Werke, klassische Gattungen, Bilder, Objekte, Skulptur ausstellen, kann man Videokunst machen? Also die Funktionalität dieser spektakulären bauten ist durchaus zu hinterfragen. Es gibt natürlich auch eine Gegenbewegung, wo Architekten sehr genau auf die Belange und Erfordernisse eines Museums und die Vorstellungen, wie sie von den Kuratoren entwickelt werden, eingehen. Aber das ist eher die Ausnahme."

    Das zeigt auch die Ausstellung in der Kunstsammlung NRW an 25 mit großen Modellen und Videoanimationen dokumentierten Beispielen. Überall auf der Welt haben Museen als Bauaufgabe an Bedeutung gewonnen. Sie liegen in den Städten als seien sie die Folgen gigantischer Explosionen. Frank Gehrys Corcoran Gallery in Washington etwa besteht ähnlich wie das Guggenheim Museum in Bilbao aus gigantischen in sich verbogenen Stahlblechen, Daniel Libeskinds Erweiterung des Denver Art Museum aus ineinander geschobenen Gebäudekeilen. Überhaupt wird gefaltet und geschoben was das Zeug hält. Oder die Häuser werden zu Land Art wie die fein gezirkelten Betonscheiben von Denton Corker Marshall für das Stonehenge Besucherzentrum. Die Kreissegmente spielen mit dem Gelände und den rätselhaften Steinkreisen. Am schönsten sieht das aus der Luft aus. Die Aussicht auf Medien-Aufmerksamkeit und Touristenströme haben auch in Metz zu einer höchst spannenden Architektur geführt, dem jüngsten Beispiel der Ausstellung. Der japanische Architekt Shigeru Ban hat dort eine Dependance des Pariser Centre Pompidou entworfen und kolossal inszeniert. Armin Zweite:


    " Riesige Galerien mit Ausblicken auf die Stadt, das ist ein anderer Ansatz und man kann sich natürlich vorstellen, dass die Stadtoberhäupter in Metz natürlich begeistert sind in ihrer Stadt etwas Unvergleichliches zu bekommen. Die Frage ist dann natürlich, wie die Kuratoren damit umgehen. Das wird nicht einfach sein. "

    Auf eine dem Centre Pompidou nachempfundende Museumsmaschine mit sichtbaren Rohren und Stahlträgern stülpt Shigeru Ban einen geflochtenen chinesischen Hut, der wiederum von den Ausstellungssälen durchstoßen wird. Außer der spektakulären Architektur werden hier die Stadt und die Landschaft, die durch raumhohe Fenster hineinblicken, in Konkurrenz zur musealen Kunst treten.

    In Düsseldorf wird beim Anbau die Funktion im Vordergrund stehen. An der Rückseite des Museums wird ein Trakt angeschlossen, der die Ausstellungsfläche mehr als verdoppelt, sich aber architektonisch dem vorhandenen Bau angleicht, erklärt Zweite:

    " Das ergibt sich hier einfach aus der städtebaulichen Situation. Man muss sagen, dieser Bau von Dissing und Weidling 1986 eröffnet, hat ja etwas Wunderbares und war damals heiß diskutiert. Hat auch eine große Signalwirkung, nicht wenn sie diese Nase zum Hofgarten anschauen, auch die Dunkelheit der Fassade. das ist das, was wir jetzt nicht überbieten wollen, mit diesem Anbau, sondern fortsetzen. Also das ist atmosphärisch eine gute Lösung und wir bekommen Innenräume, die einfach sind, die funktional sind und die aber für unsere Belange genau das Richtige bieten werden."

    Ein schwarzer, steinverkleideter Riegel wird für die Passanten beinahe unsichtbar die Brache hinter dem Museum füllen. Keine Explosion, nicht einmal Ein- und Ausblicke. Das Licht kommt nur von oben in den neuen Kunstkarton am Grabbeplatz. Besucher wird man in Düsseldorf also auch weiterhin mit den Ausstellungen anlocken müssen.