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Bildung
Mehr Geld für die Berufsschullehrerausbildung

Die Landesregierung von NRW will in den kommenden fünf Jahren elf Millionen Euro in den Auf- und Ausbau von Studienangeboten für Berufsschullehrer investieren. Kritiker jedoch zweifeln am Erfolg des Programms. Zu unattraktiv sei der Lehrerberuf, argumentieren selbst Pädagogen.

Von Dirk Biernoth | 02.01.2014
    Mehr Berufsschullehrer für NRW - das ist das Ziel der Landesregierung. Mit einem neuen Förderprogramm will sie die Hochschulen dazu animieren, mehr Berufsschullehrer auszubilden. Die Universitäten, die die Hochschulverbünde anführen, sollen künftig mehr Studienplätze für Berufsschullehrer bereitstellen. Die Aufgabe der Fachhochschulen ist es, ihre Absolventen für den Job als Berufsschullehrer zu begeistern und mit entsprechenden Pädagogik-Kursen darauf vorzubereiten. Johannes Bunsch, Sprecher der Universität Wuppertal, begrüßt das Programm und freut sich auf die engere Zusammenarbeit mit den Fachhochschulen:
    "Was die Hochschulen und das Land jetzt also machen ist, dass sie die Zielgruppe der Studierenden an den Fachhochschulen ansprechen. Denn bei diesen Studierenden ist der Anteil an Personen, die diese Lebenserfahrung Berufskolleg bereits haben, deutlich größer. Das heißt, da ist die Hoffnung auch mit verbunden, dass aus diesem Kreis der Studierenden sich eben zusätzlich noch junge Menschen auch für das Lehramt am Berufskolleg begeistern lassen."
    Durch einen möglichen Zustrom von Fachhochschulabsolventen würde der Studiengang noch attraktiver werden. Denn bisher gibt es in Wuppertal nur etwa 300 Studierende im Master of Education Berufskolleg. Dies liege daran, dass Lehramtsstudenten an Universitäten die Berufsausbildung fehle, sagt Bunsch. Sie unterrichten später lieber an Schulen, die sie selbst besucht haben - also, eher an allgemeinbildenden Schulen. Das führt zu einer immer größer werdenden Personalnot an Berufsschulen.
    Ulrich Guthardt ist Schulleiter am Berufskolleg Essen-Mitte. Schon jetzt ist die Arbeitsbelastung vor allem in den technischen Fächern groß. Bis zu 30 Schüler zählen einige Klassen. In wenigen Jahren würde die Lage aber noch dramatischer, sagt Schulleiter Guthardt.
    "Weil bis zum Januar 2017 zwölf Kollegen mit dem Fachbereich Maschinenbautechnik, Metalltechnik, Fahrzeugtechnik in den Ruhestand gehen. Und dann wird es ausgesprochen schwierig werden, diese Stellen zu besetzen, weil die Lehramtsstudenten auf dieser Ebene nicht da sind und die Einstellung von Quereinsteigern sich als sehr problematisch gestaltet."
    Das Programm der Landesregierung kommt für das Berufskolleg Essen-Mitte und viele andere aus Sicht des Schulleiters zu spät. Die zusätzlichen Studienangebote starten bei den Hochschulen erst im kommenden Wintersemester. Den Optimismus der Hochschulen und der Landesregierung teilt Berufskolleg-Schulleiter Ulrich Guthardt in Essen nicht. Grund sei die mangelnde Attraktivität seines Berufes, sagt er. Viele Schüler seien unmotiviert, die Ausstattung der Schulen mangelhaft und die Bezahlung sei im Vergleich zur freien Wirtschaft eher schlecht.
    "Denn die Ingenieure werden gesucht, werden überall gesucht. Und in der freien Wirtschaft wird deutlich mehr bezahlt als im Lehrerberuf. Es ist ein anderes Arbeiten da. Und deshalb gibt es sehr, sehr wenig Studenten mit Blick auf die zwingend notwendig zu besetzenden Fächer wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Fahrzeugtechnik, auch Sozialpädagogik und Haus und Versorgungstechnik."
    Das Werben der Universitäten um Absolventen der Fachhochschule hält Schulleiter Guthardt deshalb für wenig erfolgsversprechend. Seiner Meinung nach sollte die Landesregierung lieber das Problem an der Wurzel packen und mehr Geld ins Bildungssystem investieren.
    "Das kann geschehen über die Bereitstellung finanzieller Ressourcen. Das kann damit einhergehend auch über eine Verkleinerung der Klassen, über Veränderungen der Rahmenbedingungen geschehen. Ich denke, da ist es Aufgabe des Ministeriums darüber nachzudenken."
    Bessere Arbeitsbedingungen würden auch wieder mehr Anreize für den Job des Berufsschullehrers schaffen, meint Guthardt.
    Hinzu kommt noch, dass das Förderprogramm für die Berufsschullehrer-Ausbildung zurzeit von einem Streit zwischen Hochschulen und Landesregierung überschattet wird. Die Rektorenkonferenz hat sich geweigert, die Ziel- und Leistungsvereinbarungen der Landesregierung zu unterschreiben. Grund dafür sei eine große Unsicherheit darüber, welche rechtlichen Auswirkungen manche Teile des neuen Hochschulgesetzes hätten, heißt es von der Rektorenkonferenz. Der Ausbau der Lehramtsstudiengänge für das Berufskolleg sei dagegen völlig unstrittig, sagt der Sprecher der Uni Wuppertal, Johannes Bunsch.
    "Es ist zwar natürlich so, dass in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen auch niedergelegt ist, dass die Lehrerausbildung stattfindet. Aber diese Vereinbarungen, die konkreten Vereinbarungen zur Lehrerausbildung, die sind eigentlich in einem separaten Papier."