Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Bildung
Schüler im Assessment-Center

Das erste Praktikum ist vielleicht nicht ganz so einprägsam wie der erste Kuss - dennoch ist es für viele Jugendliche ein entscheidendes Erlebnis. Eines der Programme, die bei der Berufsorientierung helfen sollen, ist KomPo7. Es ist in Hessen das einzige Programm, das von Land, Bund und dem europäischen Sozialfond gefördert wird.

Von Afanasia Zwick | 08.02.2014
    Zwei Jugendliche stehen in einer großen Halle an einem Computerbildschirm.
    Unternehmen werben auch in Schulen für ihre Ausbildungsplätze. (dpa / picture alliance / Soeren Stache)
    Pilot, Ärztin oder Jurist - von solchen Berufen träumen wohl viele Kinder. Im Klassenzimmer der 7b der Walter-Kolb-Realschule hängen diese Träume sogar an den Wänden: Auf bunten Plakaten wird erklärt, was man für den Traumberuf denn alles lernen muss. Amin Karabila, ein aufgeweckter 13-Jähriger, möchte gerne Apotheker werden. Er sitzt vor einem Formblatt und überlegt, welche geforderten Berufskompetenzen er so hat:
    "Bei 'Verantwortungsbewusst': Ich kann sehr gut mit Sachen umgehen. Und 'Kommunikationsfähigkeit': Ich rede auch gerne mit Menschen. 'Kreativität': Bin ich nicht so gut, also Fantasie ist nicht so mein Ding. Also, auf jeden Fall glaube ich, dass man für den Apotheker ein gutes Verhalten braucht. Das würde ich alles mitbringen."
    Die sogenannte "Selbsteinschätzung" ist nur eine von vielen Aufgaben im dreitägigen Programm KomPo7. Ziel ist es festzustellen, wie fit die Kinder jetzt schon für eine Ausbildung sind. Mit Kompo7 wird dafür vor allem das "Arbeits- und Sozialverhalten" der Siebtklässler untersucht: Je nachdem wie konzentrationsfähig, leistungswillig oder respektvoll sich die Schüler verhalten, gelten sie als mehr oder weniger reif für eine Ausbildung.
    Aber: Die meisten wollen mit 16 gar keine Ausbildung beginnen.
    "Also, ich wollte schon mein Abi machen, zur Sicherheit, und danach will ich mir erst Gedanken machen, was ich machen will."
    "Ich möchte nach der Schule aufs Gymnasium gehen. Weil Gymnasium ist halt der bessere Abschluss, weil man dann mehr Möglichkeiten hat."
    "Dann will ich erst mal studieren, damit ich mich auch besser hocharbeiten kann."
    Hocharbeiten kann man sich aber auch ohne Abitur - meint Stefanie Plaum. Sie ist Personalreferentin bei der Samson AG, einem Frankfurter Hersteller von Mess- und Regeltechnik.
    "Wenn man richtig gut ist, kommt man weiter. Dann bekommt man verantwortungsvollere Aufgaben, dann wird man vielleicht mal Gruppenleiter, Abteilungsleiter."
    Sie stellt den 13- und 14-Jährigen am zweiten Tag des Programms die Ausbildungsmöglichkeiten in ihrer Firma vor - so wie auch das Polizeipräsidium Frankfurt, das regionale Entsorgungsunternehmen FES oder eine Coca-Cola-Niederlassung in Hessen. Sie wurden wie die Samson AG an die Schule eingeladen, um den Schülern ihre Ausbildungsmöglichkeiten schmackhaft zu machen. Kriterien für die Auswahl der Unternehmen gibt es nicht. Die Firmen werden von Fall zu Fall, von Schule zu Schule ausgewählt. Die Gespräche mit den Firmen sind aber fester Bestandteil von Kompo7. Und fest steht auch: Die Schulbesuche tragen für die Unternehmen Früchte, sagt Personalreferentin Plaum:
    "Dadurch, dass wir jedes Jahr wieder in die Schulen gehen - der Name festigt sich. Und der ein oder andere, der nach einem Praktikum sucht, dem fällt dann doch noch mal ein, Mensch, wer waren denn die, die da waren? Und dann würde ich ja doch da hingehen. Da ist in jedem Lehrjahr der ein oder andere dabei. Also: Es lohnt sich."
    Das Programm wird vom Bildungswerk der hessischen Wirtschaft durchgeführt. Schon seit fünf Jahren erhebt es in Kooperation mit den Schulen die Kompetenzen der Siebtklässler. Wo genau ihre Fähigkeiten liegen, beobachten Lehrer mit Stift und Schreibblock in der Hand. Zum Beispiel bei der Aufgabe, einen Turm aus Luftballons zu bauen:
    "Sie ist sehr konzentriert, wirklich intensiv am arbeiten, obwohl sie jetzt gerade mit zwei Pflastern an den Fingern Schwierigkeiten hat, die Luftballons zu schließen, macht sie es trotzdem. "
    Das Mädchen hat inzwischen so viel Vertrauen in ihre Fingerfertigkeiten, dass sie sich sogar eine Ausbildung zur Industriemechanikerin vorstellen kann. Ihre Luftballon-Teamkollegin Jodie Di Carlo ist im Knoten der Luftballons zwar auch geschickt - sie hält aber nach wie vor an ihrem Traumjob als Schauspielerin fest:
    "Also ich finde, ich kann schnell Sachen auswendig lernen und falls ich nicht so gut bin zu schauspielern, dann kann man’s ja noch üben."