Jörg Biesler: An den Hochschulen gibt es natürlich viele vorbildliche Einrichtungen und Verfahren, und die werden gerade als Exportartikel entdeckt. Silke Schmidt war mit einer deutschen Delegation von Bildungsanbietern in Saudi-Arabien, die dort den Markt erkundet haben für deutsche Bildung. Frau Schmidt, wer war dabei? Hochschulen, Berufsschulen, private Anbieter?
Silke Schmidt: Also Berufsschulen und Hochschulen war so nicht dabei, es waren vor allem private Bildungsanbieter aus dem Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Also die hatten im Gepäck Fort- und Weiterbildungen für den kaufmännischen Bereich, fürs Marketing, Management, da teilweise auch private Studiengänge, aber vor allen Dingen auch Kurse für den technischen Bereich. Da gab es zum Beispiel jemanden, der Kurse angeboten hat für Schweißer zum Beispiel. Und dann gab es natürlich auch Firmen, die Produkte angeboten haben, so E-Learning-Programme und solche Dinge.
Biesler: Aber das Ziel dieser Reise war schon tatsächlich auch, deutsche Bildung zu exportieren gegen Geld, also Geld zu verdienen damit, dass man sagt, wir haben das Know-how, wir wissen, wie das funktioniert, und zwar so und so sind die Strukturen da am besten.
Schmidt: Genau, der Hintergrund ist der, dass wirklich der Bildungsmarkt weltweit sehr, sehr lukrativ eingeschätzt wird. Die Weltbank sagt, der weltweite Markt beträgt insgesamt 2,2 Billionen US-Dollar pro Jahr, das ist also eine extreme Zahl, und Deutschland bedient da nur wirklich ein Mini-Mini-Segment daraus. Die Deutschen sind ja Export-Weltmeister, aber eben nur für den Bereich Güter. Bei den Dienstleistungen hinken wir immer noch ein bisschen hinterher, auch im Bereich Bildung. Und warum das so ist, das sagt uns jetzt mal Sabine Gummersbach-Majoroh von der Initiative iMove, die diese Reise nach Saudi-Arabien organisiert hat.
Sabine Gummersbach-Majoroh: Im Vergleich zu den immer wieder zitierten Angelsachsen hat ja Internationalisierung im Bildungsbereich, gerade was unternehmerische Tätigkeiten angeht, in Deutschland überhaupt keine Tradition. Insofern, das meine ich jetzt auch ohne Vorwurf, das ist einfach so. Das ist auch kulturell bedingt, das gab’s früher bei uns nicht. Bildung war halt immer irgendwas Öffentliches. Viele sagen immer eine Art hehres gut, wurde aber nicht als Geschäft, als Business betrachtet.
Biesler: Also Bildung wird zum Business. Die Frage ist aber, warum eigentlich gerade in Saudi-Arabien, warum verkauft sich deutsche Bildung vielleicht in Saudi-Arabien gut?
Schmidt: In Saudi-Arabien kommen zwei Dinge zusammen. Zum einen: Dort gibt es einfach jede Menge Geld aus Öl- und Gaseinnahmen, da kommt zurzeit aufgrund des hohen Ölpreises auch mehr Geld ins Land, als die wirklich auch ausgeben können. Zum anderen ist der Bedarf sehr groß. Und der ergibt sich daraus, dass Saudi-Arabien ein extrem hohes Bevölkerungswachstum hat. Man prognostiziert, dass sich in den nächsten 20 Jahren die Bevölkerung verdoppeln wird. Das bedeutet, das sind unheimliche Herausforderungen für den Arbeitsmarkt, und zurzeit fehlt es dort eben an Perspektiven gerade für junge Leute in Saudi-Arabien.
Biesler: Ist das nicht problematisch, wenn wir mit unseren westlich aufgeklärten Bildungsidealen jetzt nach Saudi-Arabien gehen und sagen, ihr müsst das genau so machen? Da sind ja Gesellschaft und Religion ganz stark miteinander verbunden. Und Sie haben mir erzählt, als Sie dort unterwegs waren in Saudi-Arabien, mussten Sie sich auch immer verhüllen auf der Straße. Das ist ja doch vielleicht schwierig, mit unseren Bildungsstrukturen da hinzugehen.
Schmidt: Ja, das stimmt. Also wir Frauen mussten die ganze Zeit die Abaja tragen, ein langes, schwarzes Gewand, und ein Kopftuch – das machen alle Frauen in Saudi-Arabien. Und es stimmt auch, dass der Islam überall wirklich sehr präsent ist, also auch im Bildungssystem. Es gibt dort eine strikte Geschlechtertrennung – Frauen, Männer gehen auf getrennte Schulen, sind nicht auf der gleichen Universität oder eben in getrennten Räumen. Und der Islam spielt eben auch in vielen Lehrplänen eine große Rolle. Selbst bei den Ingenieurwissenschaften ist ein großer Teil des Curriculums eben der Koran. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass man eben dem Westen gegenüber doch auch sehr offen ist. Das sieht man allein daran, dass viele Saudis wirklich noch zum Studieren ins Ausland gehen – es gibt unheimlich viele Leute, die in den USA studiert haben –, und sie wissen eben auch, dass sie auf Know-how aus dem Ausland angewiesen sind, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Und deswegen sind wirklich die deutschen Bildungsexporteure wirklich sehr, sehr freundlich und mit offenen Armen empfangen worden.
Biesler: Morgen, das Thema bei PISAplus, das Magazin fürs lebenslange Lernen im Deutschlandfunk. Einmal Frankfurt, Riad, Jeddah und zurück, unterwegs mit deutschen Bildungsexporteuren in Saudi-Arabien. Eine Sendung von Silke Schmidt, die Sie gerade gehört haben. Morgen um 14 Uhr 5 im Deutschlandfunk:
Einmal Frankfurt, Riad, Jeddah und zurück
Unterwegs mit deutschen Bildungsexporteuren in Saudi Arabien
Silke Schmidt: Also Berufsschulen und Hochschulen war so nicht dabei, es waren vor allem private Bildungsanbieter aus dem Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Also die hatten im Gepäck Fort- und Weiterbildungen für den kaufmännischen Bereich, fürs Marketing, Management, da teilweise auch private Studiengänge, aber vor allen Dingen auch Kurse für den technischen Bereich. Da gab es zum Beispiel jemanden, der Kurse angeboten hat für Schweißer zum Beispiel. Und dann gab es natürlich auch Firmen, die Produkte angeboten haben, so E-Learning-Programme und solche Dinge.
Biesler: Aber das Ziel dieser Reise war schon tatsächlich auch, deutsche Bildung zu exportieren gegen Geld, also Geld zu verdienen damit, dass man sagt, wir haben das Know-how, wir wissen, wie das funktioniert, und zwar so und so sind die Strukturen da am besten.
Schmidt: Genau, der Hintergrund ist der, dass wirklich der Bildungsmarkt weltweit sehr, sehr lukrativ eingeschätzt wird. Die Weltbank sagt, der weltweite Markt beträgt insgesamt 2,2 Billionen US-Dollar pro Jahr, das ist also eine extreme Zahl, und Deutschland bedient da nur wirklich ein Mini-Mini-Segment daraus. Die Deutschen sind ja Export-Weltmeister, aber eben nur für den Bereich Güter. Bei den Dienstleistungen hinken wir immer noch ein bisschen hinterher, auch im Bereich Bildung. Und warum das so ist, das sagt uns jetzt mal Sabine Gummersbach-Majoroh von der Initiative iMove, die diese Reise nach Saudi-Arabien organisiert hat.
Sabine Gummersbach-Majoroh: Im Vergleich zu den immer wieder zitierten Angelsachsen hat ja Internationalisierung im Bildungsbereich, gerade was unternehmerische Tätigkeiten angeht, in Deutschland überhaupt keine Tradition. Insofern, das meine ich jetzt auch ohne Vorwurf, das ist einfach so. Das ist auch kulturell bedingt, das gab’s früher bei uns nicht. Bildung war halt immer irgendwas Öffentliches. Viele sagen immer eine Art hehres gut, wurde aber nicht als Geschäft, als Business betrachtet.
Biesler: Also Bildung wird zum Business. Die Frage ist aber, warum eigentlich gerade in Saudi-Arabien, warum verkauft sich deutsche Bildung vielleicht in Saudi-Arabien gut?
Schmidt: In Saudi-Arabien kommen zwei Dinge zusammen. Zum einen: Dort gibt es einfach jede Menge Geld aus Öl- und Gaseinnahmen, da kommt zurzeit aufgrund des hohen Ölpreises auch mehr Geld ins Land, als die wirklich auch ausgeben können. Zum anderen ist der Bedarf sehr groß. Und der ergibt sich daraus, dass Saudi-Arabien ein extrem hohes Bevölkerungswachstum hat. Man prognostiziert, dass sich in den nächsten 20 Jahren die Bevölkerung verdoppeln wird. Das bedeutet, das sind unheimliche Herausforderungen für den Arbeitsmarkt, und zurzeit fehlt es dort eben an Perspektiven gerade für junge Leute in Saudi-Arabien.
Biesler: Ist das nicht problematisch, wenn wir mit unseren westlich aufgeklärten Bildungsidealen jetzt nach Saudi-Arabien gehen und sagen, ihr müsst das genau so machen? Da sind ja Gesellschaft und Religion ganz stark miteinander verbunden. Und Sie haben mir erzählt, als Sie dort unterwegs waren in Saudi-Arabien, mussten Sie sich auch immer verhüllen auf der Straße. Das ist ja doch vielleicht schwierig, mit unseren Bildungsstrukturen da hinzugehen.
Schmidt: Ja, das stimmt. Also wir Frauen mussten die ganze Zeit die Abaja tragen, ein langes, schwarzes Gewand, und ein Kopftuch – das machen alle Frauen in Saudi-Arabien. Und es stimmt auch, dass der Islam überall wirklich sehr präsent ist, also auch im Bildungssystem. Es gibt dort eine strikte Geschlechtertrennung – Frauen, Männer gehen auf getrennte Schulen, sind nicht auf der gleichen Universität oder eben in getrennten Räumen. Und der Islam spielt eben auch in vielen Lehrplänen eine große Rolle. Selbst bei den Ingenieurwissenschaften ist ein großer Teil des Curriculums eben der Koran. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass man eben dem Westen gegenüber doch auch sehr offen ist. Das sieht man allein daran, dass viele Saudis wirklich noch zum Studieren ins Ausland gehen – es gibt unheimlich viele Leute, die in den USA studiert haben –, und sie wissen eben auch, dass sie auf Know-how aus dem Ausland angewiesen sind, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Und deswegen sind wirklich die deutschen Bildungsexporteure wirklich sehr, sehr freundlich und mit offenen Armen empfangen worden.
Biesler: Morgen, das Thema bei PISAplus, das Magazin fürs lebenslange Lernen im Deutschlandfunk. Einmal Frankfurt, Riad, Jeddah und zurück, unterwegs mit deutschen Bildungsexporteuren in Saudi-Arabien. Eine Sendung von Silke Schmidt, die Sie gerade gehört haben. Morgen um 14 Uhr 5 im Deutschlandfunk:
Einmal Frankfurt, Riad, Jeddah und zurück
Unterwegs mit deutschen Bildungsexporteuren in Saudi Arabien