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Bildungsinvestition im globalen Vergleich

Wieder mal dieses Doppel, die gute und die schlechte Nachricht: die gute Nachricht lautet: Bildung wird zur wichtigsten Produktivkraft für moderne Gesellschaften. Und die schlechte: die Deutschen haben das noch nicht so richtig verstanden. Ganz oben wieder mal die Finnen. 71 Prozent der jungen Leute gehen zwischen Helsinki und Lappland zur Hochschule. In Neuseeland sind es 70, in Schweden 67, in Polen 62 und in den USA 43 Prozent. Deutschland bringt es jetzt immerhin auf 30 Prozent und ist damit fast Schlusslicht.

    Mit ihren Zahlen sorgt die OECD, die auch schon die Pisa-Studie durchführte, erneut für Aufregung und Aufklärung. Zur "Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung", haben sich 30 Staaten von Australien bis zu den Vereinigten Staaten zusammen geschlossen haben. Der in Paris ansässige Think Tank der Industrieländer verstärkt seine Aufmerksamkeit für Bildung und liefert dafür nun auch den Nachweis: Was für Bildung gezahlt wird, sind keine konsumtiven Kosten, sondern Investitionen. Bildung bringt eine höhere Rendite als die Bank.

    Bildung rechnet sich für den Einzelnen ebenso, wie für die Volkswirtschaft. Wer studiert hat, kommt in Deutschland auf eine Verzinsung von neun Prozent – als Mann - oder acht Prozent als Frau. Im Schnitt der OECD Schnitt beträgt die Gewinnerwartung fast zwölf Prozent. Der wirtschaftliche Nutzen von Schule und Universität für die ganze Gesellschaft wird von der OECD noch höher als der individuelle Ertrag angesetzt. In den neunziger Jahren wird für einige Staaten mehr als halber Prozentpunkt des Wirtschaftswachstum auf Verbessungen im Humankapital zurückgeführt.

    Humankapital wird ein Schlüsselbegriff der Wissensgesellschaft. Das kann Andreas Schleicher, der bei er OECD in Paris für die Studie verantwortlich ist nachweisen:

    Humankapital sind die Kompetenzen, die uns zukunftsfähig machen. Das ist die Währung der Zukunft. Ich denke wir müssen zu einem ganz anderen Kapitalbegriff kommen. Wenn wir an Kapital denken, denken wir immer an Geld, und das ist im Grunde falsch. Geld ist nur ein sehr begrenzter Wertmaßstab in der heutigen Gesellschaft. Kapital muss das Gesamtvermögen in der heutigen Gesellschaft sein. Dazu zählt natürlich Geld, dazu zählt aber auch das Humanvermögen ,und nicht nur das intellektuelle Leistungsvermögen, Kapital umfasst auch, wie wir miteinander umgehen.

    Aber während die OECD Staaten 5,8 Prozent des Bruttoinlandprodukts in Schulen, Vorschulen, Universitäten und die Weiterbildung investieren, liegt unserer Land mit 5,6 Prozent unter dem Mittel. Die verglichenen Länder geben 12,7 Prozent der öffentliche Haushalte für Bildung aus, Deutschland 9,7 Prozent. Deutschland fällt zurück. Der Grund liegt weniger in nachlassenden eigenen Anstrengungen, als in den gesteigerten Bemühungen anderer Länder.

    Deutschland ein Sanierungsfall? Vor allem für seine Grundschüler tut Deutschland zu wenig. Da liegen wir am Ende der Liste vergleichbarer Länder.

    Die OECD sagt nun, was gute Pädagogen immer schon wussten: auf den Anfang kommt es an – und der wird bei uns so vernachlässigt. Welche anderen Erfolgsbedingungen für eine gute Schule hat die OECD gefunden? Andreas Schleicher:

    Alle Spitzenländer fördern ihre Schüler individuell, da steht der Mensch, der Schüler im Zentrum und es ist eine Aufgabe des Systems den verschiedenen Interessen und Fähigkeiten, Stärken und Schwächen der Schüler gerecht zu werden. Das ist, ein ganz klares Merkmal der erfolgreichen Bildungssysteme. Viele der erfolgreichen Bildungssysteme geben fächerübergreifenden Kompetenzen heute größeres Gewicht, die denken nicht mehr in fachspezifischen Dimensionen sondern im Grunde über die Schlüsselqualifikationen nach, die wir in allen Fachgebieten verwirklichen müssen. Das sind klare Merkmale von erfolgreichen Bildungssystemen und damit können wir vieles erklären heute.

    In den angelsächsischen und skandinavischen Ländern wird traditionell auf die Förderung von Humankapital gesetzt. In deutscher Tradition wurde nach dem Bedarf gefragt. Ein fataler Unterschied, der nur wie eine akademische Spitzfindigkeit aussieht. Gemessen am vermeintlichen Bedarf kam man in Deutschland bisher schnell zu der fatalen Botschaft an die nachwachsende Generation: Gebraucht werden viel von euch eigentlich nicht. Die erfolgreichen Länder machen den Nachwachsenden Mut: Alle gehören dazu, ihr seid ganz gut und könntet noch viel mehr aus euch und unserem Land machen. Der Glaube an die offen Zukunft ist ebenso eine Produktivkraft wie der Stolz auf das, was man kann. Die harte Empirie zeigt, was der Nestor der deutschen Pädagogik schon lange wusste: "Im Grunde ist Pädagogik doch ein Verhältnis zwischen den Generationen," sagt Hartmut von Hentig. Das kann dank der OECD Zahlen nun jeder wissen.

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