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Bildungsmarketing mit Betreuungskonzepten

Deutschland bemüht sich seit ein paar Jahren intensiv um ausländische Studierende. Zumindest quantitativ gesehen hatten die Marketing-Maßnahmen großen Erfolg: Allein aus China kamen 2001 mehr als 70.000 Einschreibewünsche – das sind rund die Hälfte aller ausländischen Bewerbungen. Die deutschen Hochschulen müssen sich auf die hohe Anzahl ausländischer Studierender einstellen.

    Ein Beitrag von Antje Allroggen

    Ausländische Studierende bedürfen, weil sie aus einem komplett anderen kulturellen Hintergrund kommen, einer speziellen Betreuung, um überhaupt erfolgreich sein zu können. Insofern sind sie für uns erst mal anstrengend, weil sie einfach anders sind, weil sie für uns auch oft nervig sind, weil sie zum Beispiel einen ganz anderen Verhaltenskodex haben als wir, das ist klar. Sie erfordern einfach mehr Arbeit und Betreuung.

    Andrea Bieck leitet das Akademische Auslandsamt an der Bergischen Universität Wuppertal. Als erste Anlaufstelle für die ausländischen Studierenden ist die Behörde darum bemüht, für eine angemessene Betreuung der internationalen Gäste zu sorgen. Dadurch möchte man vor allem die ausländischen Studierenden nach Deutschland locken, die sich für spezielle Studienprogramme interessieren.

    Gerade für die Master-Programme sind ausländische Studierende sehr interessant. Wir haben das auch in Wuppertal, zum Beispiel Elektrotechnik, IT, da haben wir einfach nicht genug deutsche qualifizierte Bewerber und müssen zunehmend mehr auch auf Ausländer zurückgreifen und freuen uns natürlich, wenn die guten Leute zu uns kommen, klar.

    Auf dem Workshop wurde darüber nachgedacht, wie man die ausländischen Studierenden besser als bisher in das Leben auf dem Campus integrieren könnte. Einige Hochschulen wie die Universität Wuppertal haben zum Beispiel Wohnheim-Tutoren eingerichtet, um den Gästen eine erste Orientierung auf dem Hochschulgelände zu erleichtern. Die Graduate School der Fachhochschule Offenburg hat vor einiger Zeit ein noch völlig neuartiges Konzept umgesetzt: Der sogenannte Senior-Service lässt die ausländischen Studierenden von älteren berufserfahrenen deutschen Mentoren betreuen, erzählt Lothar Schüssele, Professor an der Offenburger Fachhochschule.

    Senioren sind oft weit gereist, waren im Management und die sprechen alle möglichen Sprachen, und das ist eigentlich wunderbar, wenn man diese jungen Senioren zusammenbringt mit unseren neu ankommenden Studenten aus allen Ländern der Erde. Eine bessere Brücke zwischen den Studenten und der Bevölkerung kann man kaum schaffen.

    Konzepte, die durchaus beispielhaft auch für andere deutsche Hochschulen sein könnten. Schließlich weiß man inzwischen, dass gut betreute ausländische Studierende in der Regel auch erfolgreicher und zügiger ihr Studium in Deutschland beenden. Weil neue Betreuungskonzepte auch Geld kosten, bietet der DAAD den einzelnen Hochschulen in Deutschland finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung der Modelle an. Georg Krawietz vom Deutschen Akademischen Austauschdienst:

    Es gibt Förderinstrumente, die der DAAD anbietet, ganz zentral STIBET, ein Programm zur Unterstützung der Hochschulen in ihrer fachlichen und sozialen Betreuungsarbeit vor Ort. Denn es mangelt doch an den personellen und finanziellen Ressourcen, und STIBET versucht eben hier, eine Lücke zu schließen.

    Häufig sind diese Anstrengungen allerdings vergeblich. Denn viele Bewerber lockt nicht die Exzellenz, sondern das bislang noch gebührenfreie Studium nach Deutschland. Deshalb ist man inzwischen intensiv darum bemüht, mehr qualifizierte Bewerber als bislang nach Deutschland zu bekommen. Auf dem Workshop wurde der Vorschlag gemacht, flächendeckend Eignungstests einzuführen, um vor allem die fachlichen Fähigkeiten des Bewerbers noch vor der Anreise nach Deutschland einschätzen zu können. Wenn sich die Anzahl der ausländischen Studierenden in Deutschland reduzieren würde, wäre außerdem eine intensivere Betreuung der internationalen Gäste eher möglich. Einziges Problem: In Bundesländern wie Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verbieten die Landeshochschulgesetze für Fächer ohne numerus clausus eine Bewerberauswahl unter den ausländischen Studierenden. Viele Hochschulen wie die Universität Wuppertal setzen nun vor der Einführung neuer Betreuungsmodelle alles daran, ihre frisch konzipierten Eignungstests dennoch umsetzen zu können.

    Bedauerlicherweise ist es im Moment noch so, dass das Hochschulgesetz NRW keine Differenzierung zwischen Deutschen und Ausländern zulässt. Der Hintergrund war, man wollte Ausländer nicht differenzieren. Letztendlich arbeiten wir jetzt auf Druck der Landesrektorenkonferenz daran, dass dieser Paragraph geändert wird. Um eben doch eigene Strukturen für das Ausländerstudium schaffen zu können.

    Links zum Thema:

    Deutscher Akademischer Austauschdienst