"Bildung, Bildung, Bildung" machte die britische Regierung zu ihrem Slogan. In Skandinavien haben sich die Regierungen auf die Fahnen geschrieben, dass sie keinen Schüler, auch nicht den Schwächsten, zurücklassen wollen. "No child left behind" heißt das in den USA, und gemeint ist das Gleiche. Nur in Deutschland bleiben Jahr für Jahr Tausende Schüler zurück:
"Sie heißen Schulversager, Schulschwänzer, Schulmüde, Schulvermeider, Schulabbrecher. Es ist erstaunlich, wie oft sich das Wort Schule im Deutschen mit Scheitern kombinieren lässt."
Der Autor Christian Füller begibt sich auf die Spur des OECD-Projektleiters für die PISA-Studie, Andreas Schleicher. Der sieht das Ab- und Zurückweisen als das Charakteristikum des deutschen Bildungswesens an.
"Zurückgestellt zu werden, sitzenzubleiben, in eine niedrigere Schulform abgeschult zu werden - das ist kein Betriebsunfall im deutschen Bildungssystem. Es ist Normalität."
Sind schon wieder die unmotivierten, überbezahlten Lehrer Schuld? So hört es sich zunächst einmal an.
"Und es gibt natürlich ein Problem, dass Lehrer immer noch davon ausgehen, dass so etwas wie eine Frontbeladung funktionieren kann: Also, dass man von vorne, den Lehrplan unterm Arm, sehr kleinschrittig allen Schülern gleichzeitig das Gleiche beibringen kann, und das funktioniert einfach nicht mehr. Heute brauchen wir andere Schulen, wo man sehr individuell die Schüler einfach auch selber machen lässt. Die Beispiele aus Finnland - aber das gibt es hier auch schon - zeigen, dass die Schüler die Quelle des Wissens sind. Die Schüler sollen dazu gebracht werden, das Wissen selber zu erforschen."
Andreas Schleicher, hierzulande bekannt und nicht eben beliebt als Mister PISA, sagt, dass gute Bildungssysteme einen nachfrageorientierten Ansatz haben: Die Erzieher, Lehrer oder Professoren orientieren sich vor allem daran, was ihre bildungshungrige Klientel will - das verlangt dann allerdings, dass sie auf die unterschiedlichen Voraussetzungen ihrer Schüler eingehen. Das ist in Deutschland selten. Selbst motivierte und gute Lehrer geraten deshalb schnell in eine Zwickmühle:
"Der Lehrer möchte ja von seinem individuellen Ethos her Schüler fördern. Und das nehme ich auch jedem Lehrer ab, noch dem schlechtesten. Die gegliederte Schule zwingt aber den Lehrer, ab der vierten Klasse zu sagen: Ich fördere Dich jetzt nicht, ich suche nach Deinen Schwächen. Und das ist ein ganz großes Problem der deutschen Schule. Man kann glaube ich nicht negieren, dass diese Schulformfrage den Lehrer zu etwas zwingt, das gegen sein Ethos ist. "
Und die Lehrer sortieren immer noch am ehesten die aus, die ohnehin schlechte Startbedingungen haben. Der Bildungserfolg vererbt sich: Ein Studium ist fast nur für Akademikerkinder erreichbar.
"Seit 1982 ist der Anteil aus der sogenannten 'unteren sozialen Herkunftsgruppe' stetig geschrumpft. Früher hätte man vereinfacht Arbeiterkinder gesagt. (…) Zum Amtsantritt von Bundeskanzler Helmut Kohl stammte noch knapp ein Viertel aus dieser unteren Herkunftsgruppe. Im Jahr 2005 waren es nur noch 13 Prozent."
Die übrigen 87 Prozent der Arbeiterkinder sind im Schnitt nicht dümmer als ihre Mitschüler, die später Abi machen dürfen. Dennoch landen die meisten da, wo sie schon immer gut vertreten waren: auf Real- und Hauptschulen, auf Gesamtschulen und Förderschulen, auf Sonder-, Regel-, Orientierungs- und Sekundarschulen.
"Abbildungen der Schulstruktur gehören in die Kategorie wirrste Grafik der Welt."
"Schlechte Schulen, gute Schüler" - der Titel suggeriert, dass es Füller nur um Schulen geht. Aber der Autor blickt kursorisch auch auf die Kindergärten (Stichwort: Verwahranstalten ohne Bildungsanspruch), auf die Hochschulen (Stichwort: unterfinanzierte Massenbetriebe) und auf die berufliche Bildung (Stichwort: kein Auffangbecken mehr für die Masse der Schüler).
"Früher lautete die unausgesprochene Vereinbarung zwischen beruflichem und schulischem Bildungssektor in etwa so: Die eine Seite - die Schule - wirft zu einem frühen Zeitpunkt einen nicht geringen Anteil an Niedrigqualifizierten aus ihrer Bildungskette. Dafür stellt die andere Seite - Betriebe und Berufsschulen - für die Ausgestoßenen Jobs, Beruf und Karrieren bereit. Das ist - besser: war - der Pakt. Er garantierte so etwas wie gesellschaftlichen Zusammenhalt."
Der ist jetzt gefährdet. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz: Die gegliederten Schulformen dienten - schreibt Füller - dazu, die Gesellschaft in ihrer sozialen Schichtung zu konservieren.
"Das ist echt ein Problem, weil man diesen Leuten einfach die Eintrittskarte in die Gesellschaft vorenthält."
Verglichen damit jammerten Studierende, die Gebühren bezahlen müssten, auf sehr hohem Niveau, findet der Autor. Zwar teilten sie sich heute zu zweit einen Studienplatz, zwar seien die Hochschulen chronisch unterfinanziert. Doch die Studierenden, meint Füller, sollten selbst zur Finanzierung ihres Studiums beitragen. Ihre Proteste gegen Studiengebühren seien "Luxusproteste auf dem Sonnendeck des Bildungssystems". Das hätte man von einem taz-Mann nicht erwartet.
"Dafür hat es auch mächtig Haue gegeben bei uns im Haus. Aber es ist einfach so, dass die Studenten die Privilegierten sind. Man muss ja auch mal so sehen, dass sie mehrfach sauber aussortiert sind. Es kommen ja nur 30 Prozent eines Jahrgangs in die Hochschule, und diese Privilegierten schimpfen dann immer, dass sie benachteiligt sind durch Studiengebühren. Wenn man sich das genau anschaut: Diese Studiengebühren betragen ungefähr 80 Euro im Monat, das ist ungefähr so viel wie eine Handyrechnung, eine durchschnittliche. Und ich finde, dass die Privilegierten dieses Systems ruhig ein bisschen bezahlen können für den Karrierevorteil, den sie später im Leben haben. "
All diese Probleme sind schon häufig benannt worden, doch Füller tut es in angenehm lesbarer und stringenter Form. Wer es gerne genauer hätte, kann sich in den Fußnoten festlesen. Spannend ist nun, ob der Bildungsjournalist Verbesserungsvorschläge hat, die über das obligatorische Plädoyer für eine Gemeinschaftsschule hinausgehen.
Füller sucht Schulen, die sich dem individuellen, dem selbständigen Lernen verschrieben haben. Vorreiter sind in vielen Fällen Grundschulen, und, erstaunlicherweise, Hauptschulen; Sie heißen Jenaplan-Schule, Gesamtschule Kassel-Waldau oder Grundschule an der Kleinen Kielstraße. Sie wollen jedem einzelnen gerecht werden, oder, wie eine Schulleiterin es ausdrückt: Kein Orchesterdirigent würde alle seine Musiker gleich behandeln.
Zwar hat Füller auf den vorhergehenden 150 Seiten ausgiebig lamentiert und kritisiert, dem Leser aber empfiehlt er als Sofortprogramm, sofort das Jammern einzustellen.
Füllers Füllhorn voller Empfehlungen birgt keine Überraschungen - aber es muss ja auch nicht jeder das Rad neu erfinden. Ein paar Stichworte: Kultusbürokratie entmachten, mehr Schulen privatisieren (der Staat braucht Konkurrenz), Haupt- und Sonderschulen abschaffen, bevor uns die Demografie dazu zwingt, unser dreigliedriges Schulsystem aufzugeben. Die Schüler möglichst lange zusammen lernen lassen. Den Lehrern ihre Würde zurückgeben, sie stärken - so wie es die Kultusminister seit Jahren versprechen.
"Das Wort Hoffnung bei der Lehrerausbildung ist echt schwierig. Das Problem ist, dass im Jahr 2001, als die erste PISA-Studie rauskam, dass da alle Kultusminister gesagt haben: Wir müssen auf jeden Fall andere Lehrer haben. Wenn sie sich anschauen, was seit sieben Jahren von den Kultusministern gemacht wurde auf diesem Gebiet, dann ist das wirklich erbärmlich.
Wir haben ungefähr 8000 Lehrer in Deutschland, und von denen gehen in den nächsten Jahren 60 Prozent in den Ruhestand. Und wir verpennen gerade, junge motivierte Lehrer in die Klassen zu schicken, die einfach auch das neue Lernen können."
Der Bildungsjournalist Christian Füller hat einen Rundumschlag gewagt. Das ganze deutsche Bildungssystem sei marode, veraltet. Und die Schule ist für ihn nur der Kristallisationspunkt, an dem sich das am klarsten zeigt. Füller ergreift hier klar Position, und zwar eine kluge. Sie als "links" zu beschreiben wäre viel zu vereinfachend, zumal Füller gelegentlich aus der Reihe tanzt - zum Beispiel beim Thema Studiengebühren.
Dass manches redundant ist, anderes nach grobem Strickmuster provozieren will, stört nicht weiter. Füller bleibt stilistisch seinem journalistischen Selbstverständnis treu und schreibt so, dass auch der Bildungslaie folgen kann. Derzeit wird in der deutschen Bildungslandschaft heftig über allerlei Reformen gestritten - die Frage der Bildungsgerechtigkeit kommt dabei oft zu kurz. Dabei wird sie uns noch über Jahre begleiten, wenn wir nicht endlich etwas tun. Was, kann man bei Füller gebündelt nachlesen. Damit niemand sagen kann, er hätte es nicht gewusst.
Christian Füller: Schlaue Kinder, schlechte Schulen. Wie unfähige Politiker unser Bildungssystem ruinieren - und warum es trotzdem gute Schulen gibt
Droemer Knaur Verlag, München 2008, 16,95 Euro
"Sie heißen Schulversager, Schulschwänzer, Schulmüde, Schulvermeider, Schulabbrecher. Es ist erstaunlich, wie oft sich das Wort Schule im Deutschen mit Scheitern kombinieren lässt."
Der Autor Christian Füller begibt sich auf die Spur des OECD-Projektleiters für die PISA-Studie, Andreas Schleicher. Der sieht das Ab- und Zurückweisen als das Charakteristikum des deutschen Bildungswesens an.
"Zurückgestellt zu werden, sitzenzubleiben, in eine niedrigere Schulform abgeschult zu werden - das ist kein Betriebsunfall im deutschen Bildungssystem. Es ist Normalität."
Sind schon wieder die unmotivierten, überbezahlten Lehrer Schuld? So hört es sich zunächst einmal an.
"Und es gibt natürlich ein Problem, dass Lehrer immer noch davon ausgehen, dass so etwas wie eine Frontbeladung funktionieren kann: Also, dass man von vorne, den Lehrplan unterm Arm, sehr kleinschrittig allen Schülern gleichzeitig das Gleiche beibringen kann, und das funktioniert einfach nicht mehr. Heute brauchen wir andere Schulen, wo man sehr individuell die Schüler einfach auch selber machen lässt. Die Beispiele aus Finnland - aber das gibt es hier auch schon - zeigen, dass die Schüler die Quelle des Wissens sind. Die Schüler sollen dazu gebracht werden, das Wissen selber zu erforschen."
Andreas Schleicher, hierzulande bekannt und nicht eben beliebt als Mister PISA, sagt, dass gute Bildungssysteme einen nachfrageorientierten Ansatz haben: Die Erzieher, Lehrer oder Professoren orientieren sich vor allem daran, was ihre bildungshungrige Klientel will - das verlangt dann allerdings, dass sie auf die unterschiedlichen Voraussetzungen ihrer Schüler eingehen. Das ist in Deutschland selten. Selbst motivierte und gute Lehrer geraten deshalb schnell in eine Zwickmühle:
"Der Lehrer möchte ja von seinem individuellen Ethos her Schüler fördern. Und das nehme ich auch jedem Lehrer ab, noch dem schlechtesten. Die gegliederte Schule zwingt aber den Lehrer, ab der vierten Klasse zu sagen: Ich fördere Dich jetzt nicht, ich suche nach Deinen Schwächen. Und das ist ein ganz großes Problem der deutschen Schule. Man kann glaube ich nicht negieren, dass diese Schulformfrage den Lehrer zu etwas zwingt, das gegen sein Ethos ist. "
Und die Lehrer sortieren immer noch am ehesten die aus, die ohnehin schlechte Startbedingungen haben. Der Bildungserfolg vererbt sich: Ein Studium ist fast nur für Akademikerkinder erreichbar.
"Seit 1982 ist der Anteil aus der sogenannten 'unteren sozialen Herkunftsgruppe' stetig geschrumpft. Früher hätte man vereinfacht Arbeiterkinder gesagt. (…) Zum Amtsantritt von Bundeskanzler Helmut Kohl stammte noch knapp ein Viertel aus dieser unteren Herkunftsgruppe. Im Jahr 2005 waren es nur noch 13 Prozent."
Die übrigen 87 Prozent der Arbeiterkinder sind im Schnitt nicht dümmer als ihre Mitschüler, die später Abi machen dürfen. Dennoch landen die meisten da, wo sie schon immer gut vertreten waren: auf Real- und Hauptschulen, auf Gesamtschulen und Förderschulen, auf Sonder-, Regel-, Orientierungs- und Sekundarschulen.
"Abbildungen der Schulstruktur gehören in die Kategorie wirrste Grafik der Welt."
"Schlechte Schulen, gute Schüler" - der Titel suggeriert, dass es Füller nur um Schulen geht. Aber der Autor blickt kursorisch auch auf die Kindergärten (Stichwort: Verwahranstalten ohne Bildungsanspruch), auf die Hochschulen (Stichwort: unterfinanzierte Massenbetriebe) und auf die berufliche Bildung (Stichwort: kein Auffangbecken mehr für die Masse der Schüler).
"Früher lautete die unausgesprochene Vereinbarung zwischen beruflichem und schulischem Bildungssektor in etwa so: Die eine Seite - die Schule - wirft zu einem frühen Zeitpunkt einen nicht geringen Anteil an Niedrigqualifizierten aus ihrer Bildungskette. Dafür stellt die andere Seite - Betriebe und Berufsschulen - für die Ausgestoßenen Jobs, Beruf und Karrieren bereit. Das ist - besser: war - der Pakt. Er garantierte so etwas wie gesellschaftlichen Zusammenhalt."
Der ist jetzt gefährdet. Und da beißt sich die Katze in den Schwanz: Die gegliederten Schulformen dienten - schreibt Füller - dazu, die Gesellschaft in ihrer sozialen Schichtung zu konservieren.
"Das ist echt ein Problem, weil man diesen Leuten einfach die Eintrittskarte in die Gesellschaft vorenthält."
Verglichen damit jammerten Studierende, die Gebühren bezahlen müssten, auf sehr hohem Niveau, findet der Autor. Zwar teilten sie sich heute zu zweit einen Studienplatz, zwar seien die Hochschulen chronisch unterfinanziert. Doch die Studierenden, meint Füller, sollten selbst zur Finanzierung ihres Studiums beitragen. Ihre Proteste gegen Studiengebühren seien "Luxusproteste auf dem Sonnendeck des Bildungssystems". Das hätte man von einem taz-Mann nicht erwartet.
"Dafür hat es auch mächtig Haue gegeben bei uns im Haus. Aber es ist einfach so, dass die Studenten die Privilegierten sind. Man muss ja auch mal so sehen, dass sie mehrfach sauber aussortiert sind. Es kommen ja nur 30 Prozent eines Jahrgangs in die Hochschule, und diese Privilegierten schimpfen dann immer, dass sie benachteiligt sind durch Studiengebühren. Wenn man sich das genau anschaut: Diese Studiengebühren betragen ungefähr 80 Euro im Monat, das ist ungefähr so viel wie eine Handyrechnung, eine durchschnittliche. Und ich finde, dass die Privilegierten dieses Systems ruhig ein bisschen bezahlen können für den Karrierevorteil, den sie später im Leben haben. "
All diese Probleme sind schon häufig benannt worden, doch Füller tut es in angenehm lesbarer und stringenter Form. Wer es gerne genauer hätte, kann sich in den Fußnoten festlesen. Spannend ist nun, ob der Bildungsjournalist Verbesserungsvorschläge hat, die über das obligatorische Plädoyer für eine Gemeinschaftsschule hinausgehen.
Füller sucht Schulen, die sich dem individuellen, dem selbständigen Lernen verschrieben haben. Vorreiter sind in vielen Fällen Grundschulen, und, erstaunlicherweise, Hauptschulen; Sie heißen Jenaplan-Schule, Gesamtschule Kassel-Waldau oder Grundschule an der Kleinen Kielstraße. Sie wollen jedem einzelnen gerecht werden, oder, wie eine Schulleiterin es ausdrückt: Kein Orchesterdirigent würde alle seine Musiker gleich behandeln.
Zwar hat Füller auf den vorhergehenden 150 Seiten ausgiebig lamentiert und kritisiert, dem Leser aber empfiehlt er als Sofortprogramm, sofort das Jammern einzustellen.
Füllers Füllhorn voller Empfehlungen birgt keine Überraschungen - aber es muss ja auch nicht jeder das Rad neu erfinden. Ein paar Stichworte: Kultusbürokratie entmachten, mehr Schulen privatisieren (der Staat braucht Konkurrenz), Haupt- und Sonderschulen abschaffen, bevor uns die Demografie dazu zwingt, unser dreigliedriges Schulsystem aufzugeben. Die Schüler möglichst lange zusammen lernen lassen. Den Lehrern ihre Würde zurückgeben, sie stärken - so wie es die Kultusminister seit Jahren versprechen.
"Das Wort Hoffnung bei der Lehrerausbildung ist echt schwierig. Das Problem ist, dass im Jahr 2001, als die erste PISA-Studie rauskam, dass da alle Kultusminister gesagt haben: Wir müssen auf jeden Fall andere Lehrer haben. Wenn sie sich anschauen, was seit sieben Jahren von den Kultusministern gemacht wurde auf diesem Gebiet, dann ist das wirklich erbärmlich.
Wir haben ungefähr 8000 Lehrer in Deutschland, und von denen gehen in den nächsten Jahren 60 Prozent in den Ruhestand. Und wir verpennen gerade, junge motivierte Lehrer in die Klassen zu schicken, die einfach auch das neue Lernen können."
Der Bildungsjournalist Christian Füller hat einen Rundumschlag gewagt. Das ganze deutsche Bildungssystem sei marode, veraltet. Und die Schule ist für ihn nur der Kristallisationspunkt, an dem sich das am klarsten zeigt. Füller ergreift hier klar Position, und zwar eine kluge. Sie als "links" zu beschreiben wäre viel zu vereinfachend, zumal Füller gelegentlich aus der Reihe tanzt - zum Beispiel beim Thema Studiengebühren.
Dass manches redundant ist, anderes nach grobem Strickmuster provozieren will, stört nicht weiter. Füller bleibt stilistisch seinem journalistischen Selbstverständnis treu und schreibt so, dass auch der Bildungslaie folgen kann. Derzeit wird in der deutschen Bildungslandschaft heftig über allerlei Reformen gestritten - die Frage der Bildungsgerechtigkeit kommt dabei oft zu kurz. Dabei wird sie uns noch über Jahre begleiten, wenn wir nicht endlich etwas tun. Was, kann man bei Füller gebündelt nachlesen. Damit niemand sagen kann, er hätte es nicht gewusst.
Christian Füller: Schlaue Kinder, schlechte Schulen. Wie unfähige Politiker unser Bildungssystem ruinieren - und warum es trotzdem gute Schulen gibt
Droemer Knaur Verlag, München 2008, 16,95 Euro