Freitag, 03. Mai 2024

Archiv

Bildungsprojekt von BUND und Kulturrat
Nachhilfe in Sachen Nachhaltigkeit und Heimat

Nachhaltigkeit, Klimaschutz - aber auch der Heimatbegriff: Der Deutsche Kulturrat und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) wollen sich mit gemeinsamen Projekten an Schulen wenden, um diese Themen stärker in den Unterricht zu bringen.

Von Manfred Götzke | 30.08.2018
    Unter fachkundiger Anleitung montieren Lehrer, Schueler und Eltern der Ganztags-Realschule Emilia Heyermann Schule in Bonn eine Photovoltaikanlage auf das Dach eines Schulanbaus. | JOKER / picture alliance | Verwendung weltweit
    Mehr Nachhaltigkeit auf dem Lehrplan: Montage einer Photovoltaikanlage auf Schuldach (JOKER)
    Deutschlands Schulen haben ein Nachhaltigkeitsproblem: Umweltbildung, Klimaschutz - all das komme im Unterricht zu kurz. Das sieht nicht nur der Bund für Umwelt und Naturschutz so, sondern auch der Deutsche Kulturrat. Die beiden Großverbände haben sich deshalb heute zusammengetan, um die Bildung für nachhaltige Entwicklung zu stärken. Und zwar gemeinsam, erklärt Christian Höppener, Präsident des Deutschen Kulturrates.
    "Wir wollen deutlich machen, dass Kultur und Natur zusammengehören und dass wir die Herausforderungen, die unsere Gesellschaft hat, nur gemeinsam angehen können. Bildung ist eine Voraussetzung, um überhaupt zu verstehen, was in unserer Welt passiert. Das heißt, die Kultur- und Naturbildung sind essenzielle Bestandteile im Heranwachsen eines Menschen, zu verstehen, wie sich Welt verändert und zwar auch die kulturelle Dimension in der Veränderung - und damit umzugehen."
    "Underperformer bei der Nachhaltigkeitsbildung"
    Denn genau wie bei den Klimazielen ist Deutschland auch bei der Nachhaltigkeitsbildung momentan ein Underperformer, bleibt hinter den Ankündigungen zurück, sagt BUND-Chef Hubert Weiger. Da müsse man nur in die Schulen schauen.
    "Wir hatten ja die Dekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Nur zehn Prozent der Schulen haben sich überhaupt daran beteiligt. 90 Prozent der Schulen haben sich selbst in dieser UNO-Dekade nicht beteiligt. Das bedeutet, dass es hier erhebliche Bewusstseinsdefizite bei den Akteuren gibt, dass Nachhaltigkeit nicht irgendein Randthema ist, sondern dass es in den Mittelpunkt gestellt werden muss."
    Spätestens seit dem gemeinsamen Protest gegen das transatlantische Handelsabkommen TTIP haben die beiden Großverbände BUND und Deutscher Kulturrat festgestellt, dass sie im Grunde ähnliche Ziele verfolgen und gemeinsam stärker und besser für Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsbildung eintreten können.
    "Wir haben sehr enge gemeinsame Wurzeln, die aber verloren gegangen sind. Der Naturschutz muss und hat die Chance, über die Zusammenarbeit die eigenen Wurzeln zu aktivieren und damit die Menschen ganz anders zu erreichen."
    Wie diese Zusammenarbeit konkret aussehen soll, das konnten die Verbände heute noch nicht ganz klar machen. Sie wollen das in den nächsten Wochen und Monaten noch erarbeiten. Was sich Waiger und Höppener aber vorstellen können: Gemeinsame Veranstaltungen in Schulen, Theatern oder Umweltstationen.
    "Sie können die Menschen emotional erreichen. Und nach unseren Erfahrungen ist es entscheidend, dass die Menschen emotional betroffen sind, damit sie die Bereitschaft zum Wandel haben."
    Diskussion um Heimat - aber zukunftsgewandt
    Für ein erstes gemeinsames Projekt haben sich beide Verbände direkt einem Großbegriff gewidmet: den der Heimat. Sie wollen darüber in mehreren Konferenzen und Ideenwerkstätten debattieren - denn, so Höppener: Man dürfe ihn nicht Rechtspopulisten oder einem Neonazi-Mob in Chemnitz überlassen.
    "Ich präferiere sehr stark als eine wichtige Diskussionsgrundlage den Satz von Carl Jaspers: Heimat ist da, wo ich verstehe und verstanden werde. Wenn man den Satz sich durch den Kopf gehen lässt, dann versteht man, dass wir viele Heimaten haben, so wie dieses Land bunt und föderal aufgestellt ist. Und dass das ein Thema ist bei der Frage, welche Werte spielen bei uns in der Gesellschaft eine tragende Rolle, ein ganz zentraler Fokus ist."
    Die Heimatdiskussion müsse nämlich keine rückwärtsgewandte sein. Für Höppener geht es dabei um die Frage, in welchem Land wir eigentlich leben wollen. Also letztlich eben um Nachhaltigkeit.
    "Wir haben zu lange geschwiegen, wir müssen lauter werden in dem, was uns wichtig ist, und dazu beitragen, wieder in einen kommunikativen Prozess zu kommen. Es gibt momentan zu viele Abschottungen, es wird momentan zu wenig zugehört. Wie wollen wir eigentlich zusammenleben in diesem Land - das sind ja gesellschaftliche Aushandlungsprozesse. Es geht wirklich darum, wieder in einen Kommunikationsfluss zu kommen mit denen, die sich momentan abgehängt fühlen."
    Egal ob Nachhaltigkeitsbildung oder zukunftsgewandte Heimatdiskussionen - wenn sie bei der Vermittlung dieser Themen etwas bewirken wollen, müssen die Verbände an die Schulen und zum Beispiel Curricula ändern, sagt Weiger.
    "Es geht jetzt um die Umsetzung, dass wir auch gemeinsam auftreten mit dem Kulturrat bei den Landesministern, vielleicht auch bei der Kultusministerkonferenz, und dafür werben, diese Themen in einer anderen Art als bisher in den Schulen zu integrieren."
    Denn auch da, sagt Weiger, können zwei Großverbände gemeinsam mehr erreichen - als allein.