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Bildungsrepublik?

Die Bildungspolitik soll nach dem Willen der Beteiligten zu einem Eckpfeiler der neuen Koalition werden. Der Kampf gegen Bildungsarmut steht dabei im Vordergrund.

Von Jacqueline Boysen | 26.10.2009
    Bildung und Forschung sollen im Zentrum des politischen Handelns der Koalition stehen - verspricht die neue Koalition, allen voran FDP-Chef Guido Westerwelle:

    "Es ist kein Zufall, dass in der Präambel unseres Koalitionsvertrages, nicht irgendwo hinten, sondern gleich am Anfang klargemacht wird, dass wir Deutschland in Wissenschaft, Bildung und Forschung an die Weltspitze führen wollen, damit auch kommende Generationen in Wohlstand leben können und Gerechtigkeit und Sicherheit ermöglicht werden."

    Das geht auch etwas detaillierter: Schwarz-Gelb sagt der Bildungsarmut den Kampf an - so steht es im zweiten Kapitel des Koalitionsvertrages. Aufstiegsstipendien werden da angekündigt, ein sogenanntes Zukunftskonto mit 150 Euro für jedes Neugeborene, die Weiterentwicklung des BAföG oder auch die Hochbegabtenförderung. Die Protagonisten von Union und FDP sparen nicht an großen Worten. Eines kennen wir aus dem Munde der Kanzlerin bereits:

    "Deutschland wird weiter zu einer Bildungsrepublik, wir haben den Schwerpunkt bei Zukunftsinvestitionen bei Bildung gesetzt, wir stehen als Bundesregierung dazu, dass das Zehn-Prozent-Ziel bis 2015 umgesetzt wird und werden das auch mit den Ländern Schritt für Schritt erarbeiten."

    Was Angela Merkel da vorhat, bedeutet für den Bund einen jährlichen Zuwachs bei den Bildungsinvestitionen um drei Milliarden Euro - das ist ein klares Bekenntnis für den Schwerpunkt des Koalitionsvertrages, so Andreas Pinkwart, Wissenschaftsminister in Nordrhein-Westfalen und Vizevorsitzender der FDP:

    "Bildung, Bildung, Bildung. Wir haben deutlich gemacht, man kann an manchen Stellen sparen, aber nie mehr in Bildung und Technologie."

    Stärker in die Pflicht genommen werden auch die Länder und die freie Wirtschaft. Wenn die Koalition ein nationales Stipendienprogramm für die besten zehn Prozent der Studenten ins Leben ruft, so baut sie darauf, dass dieses Geld zur Hälfte aus den öffentlichen Kassen und zur Hälfte aus der Wirtschaft kommt. Übernommen wird also das Modell der Bestenförderung, das Andreas Pinkwart in seinem Bundesland eingeführt hat und das nun verfeinert wird mit der Zusage, die monatlichen Stipendien in Höhe von 300 Euro nicht mit dem BAföG zu verrechnen. Letztes gilt auch für das Büchergeld der Begabtenförderwerke. Allerdings macht die Koalition noch keine präzisen Zeitangaben, ab wann die zusätzlichen Stipendien ausgereicht werden - da wird es einen Vorlauf brauchen, schließlich müssen die Hochschulen in Kooperation mit der Wirtschaft zunächst das Geld eintreiben und die Bestenauslese intern organisieren. Das Versprechen, das BAföG weiterzuentwickeln und Bildungskredite auch über das 30. Lebensjahr hinaus zu vergeben, bleibt gleichfalls vage, wie die GEW kritisiert. Die BAföG-Weiterentwicklung passt allerdings zu der Aussage im Koalitionsvertrag, nach der mehr Studienanfänger über die berufliche Bildung an die Hochschulen kommen sollen.

    Auch zur Bologna-Reform äußern sich die Koalitionäre: Sie wollen mit den Ländern und den Hochschulen ein "Bologna-Qualitäts- und Mobilitätspaket" schnüren. Hinter diesem Wortungetüm verbergen sich Ziele, die denen ähneln, die die Kultusminister der Länder jüngst formuliert haben: die Weiterentwicklung der Studieninhalte, die Verbesserung von Lehre, Betreuung und Beratung sowie eine angemessene Anerkennung von Abschlüssen. Den Hochschulen wird das Wissenschaftsfreiheitsgesetz in Aussicht gestellt und bereits in der vergangenen Woche war bekannt geworden, was nun schwarz auf weiß nachzulesen ist: Hochschulpakt, der Pakt für Forschung und die Exzellenzinitiative werden fortgeführt - was die Hochschulrektorenkonferenz in einer ersten Reaktion optistisch stimmt.

    Entgegen aller anderslautenden Gerüchte der vergangenen Wochen leitet weiterhin Annette Schavan das Bildungsressort - die pragmatische CDU-Vize, die wohl das Vertrauen der Kanzlerin genießt, die aber die öffentliche Debatte über Bildungs- und Hochschulenfragen nicht eben beflügeln konnte.