Doch schon zum Auftakt der Tagung stellte der sächsische Kultusminister Karl Mannsfeld klar: Es bleibt alles wie es ist. Alle Lehrpläne bleiben zumindest in seinem Land unangetastet, die Standards kommen nur noch dazu. Und sie verpflichten die Schule zu nichts. Es geht nach seiner Ansicht nicht darum, dass jeder Schüler auf dieses Standardniveau gehoben werden soll. Wir können doch nicht hinter jeden schwachen Schüler einen Privatlehrer stellen - wehrte er ab.
Genau das, was dem sächsischen Kultusminister so absurd vorkommt, wird in Finnland praktiziert. Der oberste verbindliche Standard der Schule dort sei es, alle Schüler, wo immer sie leben, mit hochwertigen Lerngelegenheiten zu versorgen und Minderleistungen möglichst zu verhindern, meint die finnische Erziehungswissenschaftlerin Pirjo Linnakya. So werden die Schulneulinge in den ersten Wochen von psychologisch geschulten Lehrern beobachtet, um diejenigen mit Lernschwierigkeiten von Anfang an individuell zu fördern. Deshalb gibt es in Finnland viele weniger schlechte Schüler, und auch weniger Schulen mit insgesamt schlechten Lernleistungen als in Deutschland, wie der Pisa-Test nachwies. Die Finnin Pirjo Linnakylä glaubt nicht so recht an die heilende Kraft von Standards, eigentlich möchte sie gar nicht davon sprechen:
Nein, wir haben keine Standards, zumindest nicht so wie in England, den USA oder Australien, wo diese Standards sehr streng sind. Wir gebrauchen auch dieses Wort nicht. Wir haben einen nationalen Lehrplan, der ist sehr allgemein, und die Schulen können daraus ihre schuleigenen Lehrpläne entwickeln. Darin gibt es dann Lernziele, das sind zum Teil fachliche Ziele, aber auch soziale Fähigkeiten, die Motivation oder die Selbstachtung, wir glauben, dass diese Dinge ebenso wichtig sind.
In Finnland setzt man auf gute und hoch motivierte Lehrer mehr als auf Normierung durch Standards. Obwohl dort Lehrer nur etwa halb so viel verdienen wie bei uns ist der Beruf so angesehen, dass die besten Abiturienten Lehrer werden wollen. Sie schätzen die Freiräume, die der Beruf bietet.
In den USA hat die standardorientierte Schulreform keine Verbesserung der Schulleistungen gebracht. Lehrer werden mit Standards und einer Fülle von Tests allein gelassen. Anders als in Skandinavien werden Schulen mit vielen schwachen Schülern nicht unterstützt, sie bekommen die schlechtesten Lehrer, die sich zudem noch Zweitjobs suchen, weil die Bezahlung zu gering ist. In manchen Gemeinden gibt es zwar Belohnungen für Lehrer mit guten Testergebnissen, das können bis zu 25 000 $ sein, aber dann geschieht in den Schulen im Kleinen, was unter den großen Aktiengesellschaften üblich ist - Bilanzen werden gefälscht, meint die kalifornische Schulforscherin Eva Baker.
Mit Standards und Tests allein lässt sich die Wende in den Schulen nicht herbeiführen, darin stimmten alle Berichte der internationalen Fachleute überein.
Vom Wiegen wird die Sau nicht fett, sagte der englische Schulinspektor Peter Mathews. Ob die nun für Deutschland beschlossenen Standards von der Hälfte der Schüler im zehnten Schuljahr erreicht werden, von 80 oder nur 20 Prozent - darüber weiß man heute nichts, denn sie sind weder erprobt noch an den Erfahrungen aus der Schule orientiert. In der Schweiz geht man jetzt ganz anders vor. Auch dort sollen Standards formuliert werden, die für alle 26 Kantone verbindlich sind. Doch bevor man einen politischen Beschluss fasst werden erst einmal Unterrichtsbeobachtungen ausgewertet und Lehrer befragt, um zu realistischen Erwartungen zu kommen. Bei uns sind bisher weder die Lehrer einbezogen, noch ist klar, was denn nun geschieht, wenn Schüler, Schulen oder ganze Bundesländer die Standards verfehlen.
Bisher einmalig ist der deutsche Versuch, Standards für ein gegliedertes Schulsystem einzuführen. Die Bemerkungen des sächsischen Kultusministers Mannsfeld lassen befürchten, dass sie unter diesen Bedingungen nicht als Maßstab zur Verbesserung des allgemeinen Schulniveaus genutzt werden, sondern um die Auslese nach Schulformen zu perfektionieren.
Genau das, was dem sächsischen Kultusminister so absurd vorkommt, wird in Finnland praktiziert. Der oberste verbindliche Standard der Schule dort sei es, alle Schüler, wo immer sie leben, mit hochwertigen Lerngelegenheiten zu versorgen und Minderleistungen möglichst zu verhindern, meint die finnische Erziehungswissenschaftlerin Pirjo Linnakya. So werden die Schulneulinge in den ersten Wochen von psychologisch geschulten Lehrern beobachtet, um diejenigen mit Lernschwierigkeiten von Anfang an individuell zu fördern. Deshalb gibt es in Finnland viele weniger schlechte Schüler, und auch weniger Schulen mit insgesamt schlechten Lernleistungen als in Deutschland, wie der Pisa-Test nachwies. Die Finnin Pirjo Linnakylä glaubt nicht so recht an die heilende Kraft von Standards, eigentlich möchte sie gar nicht davon sprechen:
Nein, wir haben keine Standards, zumindest nicht so wie in England, den USA oder Australien, wo diese Standards sehr streng sind. Wir gebrauchen auch dieses Wort nicht. Wir haben einen nationalen Lehrplan, der ist sehr allgemein, und die Schulen können daraus ihre schuleigenen Lehrpläne entwickeln. Darin gibt es dann Lernziele, das sind zum Teil fachliche Ziele, aber auch soziale Fähigkeiten, die Motivation oder die Selbstachtung, wir glauben, dass diese Dinge ebenso wichtig sind.
In Finnland setzt man auf gute und hoch motivierte Lehrer mehr als auf Normierung durch Standards. Obwohl dort Lehrer nur etwa halb so viel verdienen wie bei uns ist der Beruf so angesehen, dass die besten Abiturienten Lehrer werden wollen. Sie schätzen die Freiräume, die der Beruf bietet.
In den USA hat die standardorientierte Schulreform keine Verbesserung der Schulleistungen gebracht. Lehrer werden mit Standards und einer Fülle von Tests allein gelassen. Anders als in Skandinavien werden Schulen mit vielen schwachen Schülern nicht unterstützt, sie bekommen die schlechtesten Lehrer, die sich zudem noch Zweitjobs suchen, weil die Bezahlung zu gering ist. In manchen Gemeinden gibt es zwar Belohnungen für Lehrer mit guten Testergebnissen, das können bis zu 25 000 $ sein, aber dann geschieht in den Schulen im Kleinen, was unter den großen Aktiengesellschaften üblich ist - Bilanzen werden gefälscht, meint die kalifornische Schulforscherin Eva Baker.
Mit Standards und Tests allein lässt sich die Wende in den Schulen nicht herbeiführen, darin stimmten alle Berichte der internationalen Fachleute überein.
Vom Wiegen wird die Sau nicht fett, sagte der englische Schulinspektor Peter Mathews. Ob die nun für Deutschland beschlossenen Standards von der Hälfte der Schüler im zehnten Schuljahr erreicht werden, von 80 oder nur 20 Prozent - darüber weiß man heute nichts, denn sie sind weder erprobt noch an den Erfahrungen aus der Schule orientiert. In der Schweiz geht man jetzt ganz anders vor. Auch dort sollen Standards formuliert werden, die für alle 26 Kantone verbindlich sind. Doch bevor man einen politischen Beschluss fasst werden erst einmal Unterrichtsbeobachtungen ausgewertet und Lehrer befragt, um zu realistischen Erwartungen zu kommen. Bei uns sind bisher weder die Lehrer einbezogen, noch ist klar, was denn nun geschieht, wenn Schüler, Schulen oder ganze Bundesländer die Standards verfehlen.
Bisher einmalig ist der deutsche Versuch, Standards für ein gegliedertes Schulsystem einzuführen. Die Bemerkungen des sächsischen Kultusministers Mannsfeld lassen befürchten, dass sie unter diesen Bedingungen nicht als Maßstab zur Verbesserung des allgemeinen Schulniveaus genutzt werden, sondern um die Auslese nach Schulformen zu perfektionieren.