Rauscht ein Passagierjet vorbei, kommt nicht nur CO2 aus seinen Triebwerken. Die Maschine hinterlässt einen Cocktail an Abgasen – Wasserdampf, Stickoxide oder Ruß. Gerade letzterer zeigt in großen Flughöhen einen ausgeprägten Effekt.
"Kleine Rußpartikel, da kondensiert Eis. Das akkumuliert sich, das baut sich immer mehr auf. Und dann entsteht der Kondensstreifen, den wir sehen können."
Sagt Professor Rolf Henke vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, kurz DLR.
Kondensstreifen verstärken Treibhauseffekt
"Je nach meteorologischen Bedingungen – wie warm, wie kalt ist es da oben, welche Luftfeuchtigkeit haben Sie und dergleichen mehr – können aus den Kondensstreifen Cirruswolken entstehen."
Diese Wolken werfen die von der Erde kommende Wärmestrahlung zurück und verstärken den Treibhauseffekt. Nur: Wie groß ist dieser Effekt in Relation zu den CO2-Emissionen eines Fliegers? Das lässt sich offenbar noch nicht genau sagen. Rolf Henke:
"Die Unsicherheit ist sehr groß. Die Atmosphäre ist sehr komplex. Was wir sagen können, dass die in der gleichen Größenordnung liegen werden – ob nun größer, kleiner, aber das ist schon gleichwertig."
Synthetische Kraftstoffe
Die Klimawirkung der Kondensstreifen scheint ebenso groß wie die des ausgestoßenen CO2 – eine durchaus frappierende Erkenntnis. Hinzu kommt ein weiterer Effekt: Die Stickoxide aus den Triebwerken wandeln sich in Ozon um – und auch das wirkt in großen Höhen als Treibhausgas. Was aber lässt sich tun, um diese klimaschädlichen Effekte zu mindern?
Statt fossilem Kerosin tanken erste Fluggesellschaften heute schon Biokerosin, wenn auch nur zu kleinen Anteilen. Mittelfristig sollen synthetische Kraftstoffe zur Verfügung stehen, gewonnen etwa mithilfe von Windstrom. Solche Treibstoffe sparen nicht nur CO2-Emissionen, sondern lassen auch weniger Kondensstreifen entstehen, wie zwei Messkampagnen von DLR und NASA zeigten.
Rolf Henke: "Mit den Kraftstoffen, die wir untersucht haben, kann man die Rußpartikel-Größe stark reduzieren und damit die Wolkenbildung kleiner halten. Was wir gemessen haben, war der Unterschied in der Rußpartikel-Größe etwa Faktor vier. Und das ist schon eine ganze Menge."
Klimaoptimierte Luftrouten
Wie sich das im Detail auf die Wolkenbildung auswirkt, müssen die Fachleute allerdings noch untersuchen. Eine andere Maßnahme wäre die klimaoptimierte Routenführung. In manchen Regionen würden die Jets weniger Kondensstreifen erzeugen, wenn sie ein wenig höher oder tiefer fliegen würden, abhängig von den meteorologischen Gegebenheiten. Dafür aber müsste man den Luftverkehr anders organisieren, sagt Rolf Henke.
"Wir müssen dann gucken: Wie können wir den Luftverkehr, der heute auf ganz genauen Luftstraßen stattfindet, ein bisschen davon befreien und trotzdem noch sicher operieren? Sie müssten dann ja quasi jedem Flugzeug in jedem Gebiet der Erde möglicherweise eine andere Höhe zuordnen. Das ist ja nicht so ganz einfach."
Neue Technik für Triebwerke
Der Ausstoß von Stickoxiden dagegen ließe sich technisch vermindern, durch eine neue Art von Triebwerk. Ein DLR-Team arbeitet bereits an einem Prototyp. Rolf Henke:
"Die haben eine andere Brennkammer entwickelt. Und die Art, wie Sie dort die Verbrennung führen, von dem Einspritzen des Kraftstoffs über die Flammenbildung und die Flammenverfolgung, da kriegt man das so hin, dass man das mit extrem wenig Stickstoff erreichen kann. Die Stickoxidfrage kriegt man relativ zügig in Griff."
Elektroantrieb wäre klimaneutral
Jetzt müssten nur noch die Triebwerkhersteller die neue Technik aufgreifen. Komplett vermeiden aber werden optimierte Treibwerke und alternative Treibstoffe die Emissionen wohl kaum – und damit auch nicht die Bildung der klimaschädlichen Kondensstreifen. Dazu bräuchte es eine Radikallösung – weg vom Kerosin, hin zu anderen Antrieben. Eine Alternative könnte die Verbrennung von Wasserstoff sein. Sie wäre ruß- und stickoxidfrei, allerdings entstünde jede Menge Wasserdampf. Und wie stark der zur Wolkenbildung führt, müsste noch erforscht werden. Wirklich klimaneutral wären wohl nur Flugzeuge mit Elektroantrieb. Doch ihr Einsatzbereich scheint begrenzt. Rolf Henke:
"Die ganz kleinen Flugzeuge, Zwei- bis Viersitzer, werden möglicherweise mit der nächsten Batterie-Generation fliegen können. Die größeren Regionalflugzeuge sind hybridelektrisch unterwegs. Und wenn wir Richtung Langstrecke und Ozeanflüge gehen – da werden wir wohl eine ganze Weile noch Gasturbinen sehen."
Auch wenn eine schnelle Lösung nicht in Sicht ist – Rolf Henke gibt sich optimistisch. Würde man sämtliche Maßnahmen zur Emissionsminderung konsequent umsetzen, wäre das klimaneutrale Fliegen zumindest langfristig durchaus machbar.
"Wir werden über diese verschiedenen Schritte hoffentlich in der Lage sein, dass wir in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts Zero Emissions erreicht haben."