In Cássia, einem achtzehntausend Seelendorf im Süden des Bundesstaates Minas Gerais, werden täglich 40.000 Liter des ökologischen Kraftstoffes aus Pflanzenöl produziert. Und das ist erst der Anfang, so Fabrikinhaber Arturo Alves.
" Das nationale Biodiesel-Programm ist bis 2020 geplant. In der ersten Phase sollen zwei Prozent Biokraftstoff dem normalen Diesel zugefügt werden. Ab 2008 wird das auf fünf Prozent gesteigert und ist dann obligatorisch. Später wird der Anteil stufenweise auf zwanzig und auf hundert Prozent gesteigert, um eines Tages gar keine fossilen Brennstoffe mehr zu verwenden. "
Das Biodieselprogramm wurde im Dezember vergangenen Jahres offiziell aus der Taufe gehoben. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Neuauflage des Alkohol-Programms, mit dem sich der Amazonasstaat seit dreißig Jahren vom Erdöl unabhängig machen will. Dieser Eindruck ist falsch, das Biodiesel-Projekt hat eine neue Qualität. Nicht nur, weil es als Rohstoff nicht Zuckerrohr sondern ölhaltige Pflanzen benutzt. Vor allem aber, weil mit dem Investitions-Projekt auch die Armut von Millionen Familien im bitterarmen Nordosten des Landes abgeschafft werden soll. Während die restliche Welt Biokraftstoff lediglich als Alternative zum Erdöl und als eine börsenhandelbare Ware betrachtet, geht Brasilien einen fast revolutionären Weg.
" Das ist anders als in Europa oder in den USA, wo die soziale Frage nicht im Vordergrund steht. Dort wird für die Produktion von Biodiesel einfach die entsprechende Menge Pflanzenöl eingekauft, egal wo sie herkommt und wie sie produziert wird. Das ist eine reine ökologische und ökonomische Sorge. Hier in Brasilien geht es um soziale und strategische Fragen. "
Biodiesel kann aus allen ölhaltigen Pflanzen hergestellt werden, auch aus Soja und Mais, die in Brasilien auf riesigen Plantagen in Monokultur angebaut werden. Soyminas verarbeitet Sonnenblumenkerne, aber werden nicht zum Schluss, wenn erst im großen Stil produziert wird, doch wieder, wie beim Alkoholprogramm, Großgrundbesitzer das Rennen machen und Soja und Mais an die Biodieselfabriken liefern? Sei es nicht billiger, im großen Stil zu produzieren? Der Ingenieur verneint. Industrieanlagen benutzen für die Ölgewinnung chemische Lösungsmittel, dies seit zehn Mal teurer als seine Methode, mit Hitze das Fett zu trennen. Wer den Rohstoff komplett bei Familienbetrieben einkauft, wird von der Steuer IPI – die Abgabe auf industriell hergestellte Produkte – gänzlich befreit. Als "Familienbetrieb" gilt in Minas Gerais ein Hof mit weniger als 26 Hektar.
Alves lehnt die herkömmliche Berechnung von "Wirtschaftlichkeit" ab. Man dürfe nicht kurzfristig kalkulieren sondern auch die langfristigen Unkosten berücksichtigen, die die Monokultur der Gesellschaft aufbürdet. Die Landflucht von Millionen von Kleinbauern und Landarbeitern in die Favelas der Städte habe einen astronomischen sozialen Preis, für den am Ende doch der Steuerzahler aufkommen muss, für die Probleme der Kriminalität, des Drogenkonsums und der Umweltverschmutzung.
In Cássia herrscht Aufbruchstimmung. Auch er ist begeistert, sagt der 51-jährige Dinor. Er und seine beiden Brüder bewirtschaften einen Hof mit 24 Hektar. Gerade hat er mit Soyminas vertraglich vereinbart, auf drei Hektar Sonnenblumen und Ölrettich zu pflanzen.
" Wir bekommen für einen 60-Kilo-Sack Körner 27 Reais, etwa zehn Dollar. Der Ertrag ist gering und stellt nur ein zusätzliches Einkommen dar. Wir stellen zwischen 500 und achthundert Kilo her. "
Dünger oder Schädlingsbekämpfungsmittel verwende er nicht, und für die drei Hektar brauche er 34 Kilo Samen, elf Euro. Er erzielt pro Hektar einen Reingewinn von neunzig Euro jährlich. Das ist zu wenig, um wirklich ein Anreiz für einen Familienbetrieb zu sein. Aber das Biodiesel-Programm steht erst am Anfang.
" Das nationale Biodiesel-Programm ist bis 2020 geplant. In der ersten Phase sollen zwei Prozent Biokraftstoff dem normalen Diesel zugefügt werden. Ab 2008 wird das auf fünf Prozent gesteigert und ist dann obligatorisch. Später wird der Anteil stufenweise auf zwanzig und auf hundert Prozent gesteigert, um eines Tages gar keine fossilen Brennstoffe mehr zu verwenden. "
Das Biodieselprogramm wurde im Dezember vergangenen Jahres offiziell aus der Taufe gehoben. Auf den ersten Blick wirkt es wie eine Neuauflage des Alkohol-Programms, mit dem sich der Amazonasstaat seit dreißig Jahren vom Erdöl unabhängig machen will. Dieser Eindruck ist falsch, das Biodiesel-Projekt hat eine neue Qualität. Nicht nur, weil es als Rohstoff nicht Zuckerrohr sondern ölhaltige Pflanzen benutzt. Vor allem aber, weil mit dem Investitions-Projekt auch die Armut von Millionen Familien im bitterarmen Nordosten des Landes abgeschafft werden soll. Während die restliche Welt Biokraftstoff lediglich als Alternative zum Erdöl und als eine börsenhandelbare Ware betrachtet, geht Brasilien einen fast revolutionären Weg.
" Das ist anders als in Europa oder in den USA, wo die soziale Frage nicht im Vordergrund steht. Dort wird für die Produktion von Biodiesel einfach die entsprechende Menge Pflanzenöl eingekauft, egal wo sie herkommt und wie sie produziert wird. Das ist eine reine ökologische und ökonomische Sorge. Hier in Brasilien geht es um soziale und strategische Fragen. "
Biodiesel kann aus allen ölhaltigen Pflanzen hergestellt werden, auch aus Soja und Mais, die in Brasilien auf riesigen Plantagen in Monokultur angebaut werden. Soyminas verarbeitet Sonnenblumenkerne, aber werden nicht zum Schluss, wenn erst im großen Stil produziert wird, doch wieder, wie beim Alkoholprogramm, Großgrundbesitzer das Rennen machen und Soja und Mais an die Biodieselfabriken liefern? Sei es nicht billiger, im großen Stil zu produzieren? Der Ingenieur verneint. Industrieanlagen benutzen für die Ölgewinnung chemische Lösungsmittel, dies seit zehn Mal teurer als seine Methode, mit Hitze das Fett zu trennen. Wer den Rohstoff komplett bei Familienbetrieben einkauft, wird von der Steuer IPI – die Abgabe auf industriell hergestellte Produkte – gänzlich befreit. Als "Familienbetrieb" gilt in Minas Gerais ein Hof mit weniger als 26 Hektar.
Alves lehnt die herkömmliche Berechnung von "Wirtschaftlichkeit" ab. Man dürfe nicht kurzfristig kalkulieren sondern auch die langfristigen Unkosten berücksichtigen, die die Monokultur der Gesellschaft aufbürdet. Die Landflucht von Millionen von Kleinbauern und Landarbeitern in die Favelas der Städte habe einen astronomischen sozialen Preis, für den am Ende doch der Steuerzahler aufkommen muss, für die Probleme der Kriminalität, des Drogenkonsums und der Umweltverschmutzung.
In Cássia herrscht Aufbruchstimmung. Auch er ist begeistert, sagt der 51-jährige Dinor. Er und seine beiden Brüder bewirtschaften einen Hof mit 24 Hektar. Gerade hat er mit Soyminas vertraglich vereinbart, auf drei Hektar Sonnenblumen und Ölrettich zu pflanzen.
" Wir bekommen für einen 60-Kilo-Sack Körner 27 Reais, etwa zehn Dollar. Der Ertrag ist gering und stellt nur ein zusätzliches Einkommen dar. Wir stellen zwischen 500 und achthundert Kilo her. "
Dünger oder Schädlingsbekämpfungsmittel verwende er nicht, und für die drei Hektar brauche er 34 Kilo Samen, elf Euro. Er erzielt pro Hektar einen Reingewinn von neunzig Euro jährlich. Das ist zu wenig, um wirklich ein Anreiz für einen Familienbetrieb zu sein. Aber das Biodiesel-Programm steht erst am Anfang.