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Bio-Sprit aus der Kläranlage

Technik. – Im US-amerikanischen Minneapolis veranstaltet derzeit die Gesellschaft für Industrielle Mikrobiologie ihr Jahrestreffen. Für besonderes Aufsehen sorgte dabei das Projekt von Forschern der Penn State University. Ihr Plan: gefräßige Bakterien sollen die zahlreichen Nährstoffe von Abwässern konsumieren und so nicht nur das Wasser reinigen, sondern überdies Wasserstoff produzieren. Erste Kandidaten für diese Aufgabe bewähren sich offenbar in Laborversuchen mit Bravour.

    Von Verena von Keitz

    Wasserstoff ist eine saubere Sache: Er kann Autos und Flugzeuge antreiben, ohne dass schädliche Abgase entstehen, und in Brennstoffzellen umweltverträglich Strom erzeugen. Doch die industrielle Produktion von Wasserstoff ist teuer und aufwändig. Dabei entsteht das wertvolle Gas tagtäglich ohne großen Aufwand auf natürlichem Wege – etwa in Kläranlagen, wie der Umweltingenieur Bruce Logan von der Penn State University weiß.

    Im Abwasser gibt es jede Menge organisches Material und es gibt Bakterien, die es abbauen. Wir versuchen, jene Bakterien anzuzüchten, die daraus Wasserstoff herstellen. Vor allem Abwasser mit hohem Anteil an Kohlenhydraten oder Zucker, ist ein exzellenter Kandidat für die Wasserstoffproduktion.

    Besonders gut eignet sich das Abwasser aus Fabriken, die Lebensmittel verarbeiten: Zum Beispiel Kartoffeln oder Äpfel. Auch die Anzucht der richtigen Mikroorganismen ist kein Problem für die Wissenschaftler des Hydrogen-Research-Centers.

    Bakterien kommen wirklich überall vor, es reicht, wenn wir einfach normale Gartenerde nehmen, sie backen und den Rest in unseren Labor-Reaktor geben; dabei überleben die Bakterien, die wir haben wollen und die Wasserstoff produzieren.

    Normalerweise sind im Abwasser auch Bakterienarten enthalten, die den entstehenden Wasserstoff selber brauchen. Um diese mikrobiellen Konkurrenten auszuschalten, erhitzen die Forscher die Gartenerde – danach bleiben nur die Wasserstoff-produzierenden Bakterien übrig. Diese wachsen im Abwasser zu großer Dichte heran und stellen soviel Wasserstoff her, dass das wertvolle Gas von selbst aus der Flüssigkeit herauskommt.

    Jeder, der schon einmal selbst Bier gebraut hat, weiß, dass bei einer Gärung Gas entsteht, das man herauslassen muss – beim Wasserstoff ist das nicht anders.

    Der gewonnene Wasserstoff wird wie jedes andere Gas unter Druck gelagert und kann später in Brennstoffzellen Strom erzeugen. Die Arbeitsgruppe von Bruce Logan erprobt seit Kurzem jedoch noch einen direkteren Weg vom Bakterium zum Strom: Mit der so genannten mikrobiologischen Brennstoffzelle.

    Eine mikrobiologische Brennstoffzelle – das klingt fast zu gut um wahr zu sein. Die Bakterien darin wandeln – während sie wachsen – organisches Material in elektrische Energie um, indem sie Elektronen übertragen; im Prinzip ist so eine Brennstoffzelle also eine Art Batterie – allerdings eine, die ständig gefüttert werden muss.

    Für elektronische Kleingeräte ist die lebende Brennstoffzelle in naher Zukunft nicht geeignet, doch Klärwerke könnten nach Meinung von Bruce Logan ideale Nahrungsquellen für die lebenden Brennstoffzellen sein.

    Es würde noch geraume Zeit dauern, bis die Mikroben-Brennstoffzelle elektronische Geräte versorgen könnte, denn man braucht eine sehr große Oberfläche für die Bakterien. In den Reaktionskammern von Klärwerken aber, da gibt es solche großen Oberflächen und es gibt in den Reaktoren ständig Nahrung. Es ist zwar noch nicht im großen Maßstab versucht worden, aber man stelle sich das vor: ein Klärwerk wird plötzlich zu einem Kraftwerk!

    Solche Kläranlagen können zudem sowohl der Wasserstoffgewinnung als auch den mikrobiologischen Brennstoffzellen als Grundlage dienen: Beide Prozesse lassen sich hintereinander schalten und erhöhen die Energieausbeute noch einmal.

    Die mikrobiologischen Brennstoffzellen funktionieren am besten auf Substraten, die bereits durch einen Gärprozess gegangen sind - eine Vorbehandlung mit wasserstoffproduzierenden Bakterien wäre also ein Vorteil für beide Prozesse.