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Bio-Strom oder Biosprit vom Acker?

Umwelt. - Biosprit ist in vielen Industriestaaten ein Weg, die Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern und gleichzeitig die CO2-Belastung der Atmosphäre zu senken. US-Forscher haben jetzt in "Science" bilanziert, ob man die Pflanzen statt in Biosprit nicht besser gleich in Biostrom umwandelt und damit Elektroautos antreibt.

Von Volker Mrasek | 08.05.2009
    Benzin durch Ethanol zu ersetzen, zumindest anteilig – das ist die Biosprit-Strategie, wie sie viele Länder heute verfolgen, darunter auch in der Europäischen Union. Der Alkohol stammt dabei vorwiegend vom Acker. In den USA zum Beispiel wird er hauptsächlich aus Mais gewonnen ...

    "Um aus dem Getreide Ethanol zu gewinnen, bringt man es in eine Raffinerie. Dort wird es zersetzt und biologisch in den Alkohol umgewandelt. Am Ende folgt dann noch ein Aufreinigungsschritt. Die Ethanol-Produktion kombiniert also chemische und biologische Prozesse."

    Der Umweltingenieur Elliott Campbell verweist aber noch auf ein anderes Konzept, um den Autoverkehr klimafreundlicher zu gestalten. Man könnte Ackerpflanzen genauso gut in einem Biomasse-Kraftwerk verfeuern und mit dem gewonnenen Strom Elektrofahrzeuge antreiben. Der Assistenzprofessor an der Universität von Kalifornien in Merced spricht vom Fahren mit "Bio-Elektrizität":

    "Um aus Ackerpflanzen Strom zu erzeugen, verbrennt man sie im Prinzip genauso wie Kohle in einem Kraftwerk. Das ist im wesentlichen ein physikalischer Prozess. Man erzeugt Dampf und betreibt damit eine Turbine, die über einen Generator Strom erzeugt."

    In seiner neuen Science-Studie beschreibt Campbell gemeinsam mit zwei Fachkollegen, welches der beiden Bio-Verkehrskonzepte mehr Sinn macht. Und zwar gemessen an der erzielten Energieausbeute, bezogen auf die eingesetzte Anbaufläche. Denn Ackerland könnte knapp werden, wenn immer mehr Energiepflanzen auf den Feldern wachsen und der Nahrungsmittelproduktion Konkurrenz machen. Den Forschern ging es also um die Landnutzungseffizienz. Und sie stellten sich die Frage: Wenn ich einen Hektar Energiepflanzen abernte und ihn entweder in Bio-Strom oder in Bio-Sprit umwandele, womit erziele ich dann die höhere Fahrleistung? Wer kommt weiter? Das Elektromobil oder der Benziner, der Bio-Ethanol schluckt? Campbell:

    "Der Bio-Strom schnitt im Ergebnis ein ganzes Stück besser ab als Ethanol. Das heißt, man kann mehr Kilometer zurücklegen, wenn man Elektrizität aus einem Hektar Getreide produziert und damit Elektrofahrzeuge antreibt, als wenn man die gleiche Erntemenge in Ethanol umwandelt und ihn dann in einem Auto mit Verbrennungsmotor nutzt. Im Durchschnitt war die erzielte Kilometerleistung um 80 Prozent höher als beim Ethanol."

    Die US-Forscher durchleuchteten den Energieverbrauch in der gesamten Herstellungskette. Man nennt so etwas "Lebenszyklus-Analyse" oder "Öko-Bilanz". Am Ende kam heraus: Biostrom- und Biosprit-Erzeugung nehmen sich nicht viel. Entscheidend ist der Antriebstyp des Autos. Campbell:

    "Elektroautos nutzen die eingesetzte Energie bis zu dreimal so effizient wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor."

    Weil die Elektroautos Strom so viel wirkungsvoller umsetzen als Benziner ihren Kraftstoff, produzieren sie im Verhältnis auch deutlich weniger Kohlendioxid – ein weiterer Vorteil der Bioelektrizität gegenüber Bio-Ethanol. Was muss man nun aus der Studie folgern? Ist der Biosprit vom Acker ein Irrweg, weil er mehr Ackerfläche beansprucht als nötig? Nicht unbedingt, meint Christopher Field, Ökologe am Carnegie-Forschungsinstitut in Stanford und Ko-Autor der Studie. Aber:

    "Wir würden es gerne sehen, wenn man Verkehrskonzepte noch einmal überdenkt. Bisher sind sie kurzfristig ausgerichtet, und der Ethanol-Zug hat bereits den Bahnhof verlassen. Wenn aber der Landverbrauch in Zukunft ein immer wichtigeres Kriterium wird, dann brauchen wir ein ausgewogeneres Konzept. Dann sollten wir stärker in Elektroautos investieren und nicht nur in Bio-Kraftstoffe."