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Biodiversität
Pilze als Artenschützer

Ökologie. - Die Artenvielfalt in einem Regenwald ist gewaltig. Auf einen Hektar Regenwald kommen locker mehrere hundert verschiedene Baumarten. Schon seit vielen Jahren versuchen Biologen herauszufinden, warum so viele Arten im Regenwald überleben können. Ein internationales Forscherteam hat nun eine Theorie dazu ganz praktisch überprüft. Ihre Ergebnisse stellen die Wissenschaftler heute im Fachmagazin "Nature" vor.

Von Jochen Steiner |
    Die Regenwälder der Erde sind sein zweites Arbeitszimmer: Der britische Biologe Owen Lewis, Professor an der Universität Oxford, möchte mehr darüber erfahren, warum die Wälder der Tropen so artenreich sind. Darum geht es auch in seiner neusten Studie.
    "Wir wollten vor allem eine Hypothese testen, die in den letzten 20 Jahren recht populär wurde."
    Die nach den Biologen Janzen und Connell benannte Hypothese erscheint auf den ersten Blick etwas widersprüchlich:
    "Diese große Artenvielfalt wird begünstigt durch Schädlinge wie einige Insektenarten und durch Krankheiten, die zum Beispiel durch Pilze ausgelöst werden. Diese Schädlinge und Krankheiten wirken wie eine negative Rückmeldung: Wenn einzelne Arten an einem Fleck eng beieinander wachsen und dort häufig auftreten, dann können sich Schädlinge und Krankheiten besser vermehren und ausbreiten und diese häufigen Arten wieder dezimieren. Das gibt den seltenen Arten eine Chance."
    Was die Hypothese stützt: Forscher haben bereits herausgefunden, dass Baumarten im Regenwald besser überleben können, wenn sie alleine stehen und ihr nächster Artgenosse erst ein Stückweit entfernt – so ergibt sich ein charakteristisches Verteilungsmuster der Baumarten.
    "Was wir mit unseren Experimenten gemacht haben ist, den Mechanismus dahinter zu untersuchen, also welche Schädlinge und Krankheiten für solch ein Verteilungsmuster verantwortlich sind."
    Die Biologen um Owen Lewis steckten ein etwa ein Hektar großes Stück Regenwald im zentralamerikanischen Belize ab. Diese Fläche unterteilten sie in mehrere kleinere Einheiten. Eine davon bildete die Kontrollfläche, die unberührt blieb. Auf einigen anderen Parzellen versprühten die Forscher im Laufe eines Jahres mehrfach ein Insektizid, auf anderen zwei Pilzgifte, Fungizide. Dann untersuchten die Wissenschaftler die Samen und frisch auskeimenden Baumpflänzchen.
    "Das überraschendste Ergebnis war, dass der Einsatz der Fungizide die Artenvielfalt der Keimlinge deutlich reduzierte. Die Pilze scheinen demnach eine wichtige Rolle für den Artenreichtum der Pflanzen zu spielen."
    Die Anzahl von Baum- und Lianenarten war auf diesen Flächen um 16 Prozent geringer als auf der Kontrollfläche. Bei den Parzellen, die mit dem Insektizid besprüht wurden, zeigte sich ein anderes Bild:
    "Die Insekten scheinen zwar die Häufigkeit einzelner Pflanzenarten stark zu beeinflussen, sie fressen also die Keimlinge bestimmter Arten häufiger an als andere, aber sie verändern die Artzusammensetzung nicht.
    Wie viele unterschiedliche Baumarten nebeneinander vorkommen, scheint demnach hauptsächlich von Pilz-Krankheiten abzuhängen.
    "Die Pilzerreger könnten die Hauptursache sein für die bereits bekannten Muster aus weit verteilten Bäumen, zumindest in diesem Regenwald."
    Die amerikanische Biologin Dr. Helene Müller-Landau forscht in einem anderen Waldstück, in Panama. Dort arbeitet sie am Smithsonian Tropical Research Institute. Sie hat die Studie von Owen Lewis und seinen Kollegen gelesen und schätzt sie als sehr wichtig ein, denn es sei die direkteste Überprüfung der Janzen-Connell-Hypothese, die sie kenne. Aber sie gibt auch zu bedenken:
    "Was wir als Ökologen zu wenig tun, ist Studien zu wiederholen. Wir sollten diese Studie an anderen Orten erneut durchführen, die sich vom Klima aber unterscheiden. Dann könnte man die These überprüfen, ob sehr feuchte Regenwälder artenreicher sind als etwas trockenere, denn in den feuchteren sollten sich die Krankheitserreger besser vermehren können."
    Genau das hat Owen Lewis vor. Erste Versuche in Panama sind bereits angelaufen.