Marc Baldus öffnet die Tür zum großen Magnetlabor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen. In der mehrere Stockwerke hohen Halle sind knapp ein Dutzend stählerne Kanister aufgereiht. Im Inneren bergen sie extrem starke Magneten und einen Haufen Elektronik. Mit der Methode der Magnetresonanz - im Fachjargon NMR - machen die Geräte die dreidimensionale Struktur winziger Biomoleküle sichtbar. Das Prinzip ist verwandt mit dem der Kernspintomographie beim Arzt. Die Apparate hier müssen allerdings nicht so groß sein, sagt Marc Baldus:
" Das liegt einfach daran, dass wir hier keine Menschen im Magnetfeld messen, sondern nur kleine Proben. Unsere Methoden, die sind sozusagen speziell dafür optimiert, dass wir Proteine in Zellmembranen oder Proteine im Zusammenhang mit Alzheimer oder Parkinson anschauen können. "
Weil die einzelnen Atome der Protein-Moleküle winzige Magneten sind, richten sie sich im Magnetfeld wie Kompassnadeln aus. Dann werden sie mit Radio-Wellen einer bestimmten Frequenz bestrahlt, und kleine Antennen messen, wie die Teilchen die Strahlung verändern. So lassen sich die Atome orten.
" Erstmal müssen wir sozusagen eine Karte erstellen. Also wir müssen sagen können: Diese Frequenz, die wir gemessen haben, entspricht dem Atom Nummer 25. Und gleichzeitig müssen wir dann noch ein anderes Atom Nummer 27 oder 37 finden. Das ist der erste Schritt. Das nennt man sozusagen die Zuordnung. Die spektrale Zuordnung der Signale zu den Atomen. "
Ein räumliches Bild lässt sich aus dieser Kartierung aber erst nach einem zweiten Schritt berechnen. Dabei muss bestimmt werden, wie weit jedes einzelne Atome von jedem anderen Atom entfernt ist. Das ist möglich, weil die Teilchen magnetische Kräfte aufeinander ausüben. Und diese Kräfte lassen sich messen, wiederum mit Radiowellen bestimmter Frequenzen. Kennt man schließlich die Kräfte, kennt man auch die Abstände.
Marc Baldus verlässt die Magnethalle und steigt eine Treppe hinauf zu seinem Büro. Er will die fertigen 3D-Bilder der Proteine zeigen. Der Computer rekonstruiert sie aus den vielen einzelnen Abständen zwischen den Atomen.
An seinem Bildschirm ruft der Physiker ein Programm auf und zeigt auf ein farbiges Bild.
" Was wir jetzt zum Beispiel hier auf dem Computer sehen, ist eine dreidimensionale Struktur eines kleinen Proteins. "
Die einzelnen Atome des Moleküls sind dabei deutlich in verschiedenen Farben zu erkennen. Das Besondere an dem Bild: Das Protein wurde in seiner natürlichen Zell-Umgebung aufgezeichnet. Das war bisher nicht möglich: Die Forscher mussten die Proteine bislang einzeln in Flüssigkeit auflösen, wo sie nur noch begrenzt ihre natürliche Funktion zeigen. Das Problem: Die körperliche Umgebung der Proteine in der Zelle besteht aus weiteren Biomolekülen - und die wiederum aus unzähligen Atomen, also Minimagneten.
" Das heißt, jedes einzelne magnetische Moment wechselwirkt mit allen anderen. Und auf gut deutsch war das Signal, das wir aufnehmen wollten, dann so kompliziert, dass wir keine Chance hatten, das zu analysieren. Und in den letzten Jahren haben wir durch Kombination von verbesserter Technik, aber auch durch Methoden, die in der Lage sind, trotzdem aus diesem komplizierten See von Molekülen strukturelle Informationen zu generieren, die Möglichkeit gewonnen, trotzdem dreidimensionale Strukturinformationen zu generieren. "
Das gelingt den Göttinger Forschern, indem sie nicht mehr wie bisher die Wasserstoff-Atome in den Molekülen vermessen, sondern andere Elemente, zum Beispiel Kohlenstoff. Davon gibt es zwar viel weniger, doch gerade deshalb sind die Messungen einfacher und letztlich genauer. Nun ist es erstmals möglich, zuzusehen, wie sich einzelne Teile von Biomoleküle in ihrer natürlichen Zell-Umgebung bewegen - etwa, wie Krankheitserreger die Kommunikation der Zellen blockieren. Sind solche Prozesse erst einmal verstanden, lässt sich auch gezielt gegensteuern - mit neuen Medikamenten. So schaffen die Physiker aus dem Wissen um die atomaren Kräfte in der Zelle das Wissen für die Medizin von morgen.
" Das liegt einfach daran, dass wir hier keine Menschen im Magnetfeld messen, sondern nur kleine Proben. Unsere Methoden, die sind sozusagen speziell dafür optimiert, dass wir Proteine in Zellmembranen oder Proteine im Zusammenhang mit Alzheimer oder Parkinson anschauen können. "
Weil die einzelnen Atome der Protein-Moleküle winzige Magneten sind, richten sie sich im Magnetfeld wie Kompassnadeln aus. Dann werden sie mit Radio-Wellen einer bestimmten Frequenz bestrahlt, und kleine Antennen messen, wie die Teilchen die Strahlung verändern. So lassen sich die Atome orten.
" Erstmal müssen wir sozusagen eine Karte erstellen. Also wir müssen sagen können: Diese Frequenz, die wir gemessen haben, entspricht dem Atom Nummer 25. Und gleichzeitig müssen wir dann noch ein anderes Atom Nummer 27 oder 37 finden. Das ist der erste Schritt. Das nennt man sozusagen die Zuordnung. Die spektrale Zuordnung der Signale zu den Atomen. "
Ein räumliches Bild lässt sich aus dieser Kartierung aber erst nach einem zweiten Schritt berechnen. Dabei muss bestimmt werden, wie weit jedes einzelne Atome von jedem anderen Atom entfernt ist. Das ist möglich, weil die Teilchen magnetische Kräfte aufeinander ausüben. Und diese Kräfte lassen sich messen, wiederum mit Radiowellen bestimmter Frequenzen. Kennt man schließlich die Kräfte, kennt man auch die Abstände.
Marc Baldus verlässt die Magnethalle und steigt eine Treppe hinauf zu seinem Büro. Er will die fertigen 3D-Bilder der Proteine zeigen. Der Computer rekonstruiert sie aus den vielen einzelnen Abständen zwischen den Atomen.
An seinem Bildschirm ruft der Physiker ein Programm auf und zeigt auf ein farbiges Bild.
" Was wir jetzt zum Beispiel hier auf dem Computer sehen, ist eine dreidimensionale Struktur eines kleinen Proteins. "
Die einzelnen Atome des Moleküls sind dabei deutlich in verschiedenen Farben zu erkennen. Das Besondere an dem Bild: Das Protein wurde in seiner natürlichen Zell-Umgebung aufgezeichnet. Das war bisher nicht möglich: Die Forscher mussten die Proteine bislang einzeln in Flüssigkeit auflösen, wo sie nur noch begrenzt ihre natürliche Funktion zeigen. Das Problem: Die körperliche Umgebung der Proteine in der Zelle besteht aus weiteren Biomolekülen - und die wiederum aus unzähligen Atomen, also Minimagneten.
" Das heißt, jedes einzelne magnetische Moment wechselwirkt mit allen anderen. Und auf gut deutsch war das Signal, das wir aufnehmen wollten, dann so kompliziert, dass wir keine Chance hatten, das zu analysieren. Und in den letzten Jahren haben wir durch Kombination von verbesserter Technik, aber auch durch Methoden, die in der Lage sind, trotzdem aus diesem komplizierten See von Molekülen strukturelle Informationen zu generieren, die Möglichkeit gewonnen, trotzdem dreidimensionale Strukturinformationen zu generieren. "
Das gelingt den Göttinger Forschern, indem sie nicht mehr wie bisher die Wasserstoff-Atome in den Molekülen vermessen, sondern andere Elemente, zum Beispiel Kohlenstoff. Davon gibt es zwar viel weniger, doch gerade deshalb sind die Messungen einfacher und letztlich genauer. Nun ist es erstmals möglich, zuzusehen, wie sich einzelne Teile von Biomoleküle in ihrer natürlichen Zell-Umgebung bewegen - etwa, wie Krankheitserreger die Kommunikation der Zellen blockieren. Sind solche Prozesse erst einmal verstanden, lässt sich auch gezielt gegensteuern - mit neuen Medikamenten. So schaffen die Physiker aus dem Wissen um die atomaren Kräfte in der Zelle das Wissen für die Medizin von morgen.