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Biomarker im Atem

Medizin. - Erfahrene Ärzte wissen: Manche Krankheiten kann man riechen, etwa den süßlich-fruchtigen Acetongeruch eines Diabetes. Die bisherige Gaschromatographie arbeitet jedoch zu langsam, um dabei hilfreich zu sein. Moderne Lasertechnik soll das aber ändern.

Von Mathias Schulenburg |
    Die vom Menschen ausgeatmete Luft enthält normalerweise mehrere hundert Verbindungen, auch dann, wenn der Atemeigner weder Wein noch Knoblauch zu sich genommen hat. Viele dieser Spurengase können als so genannte Biomarker Auskunft über medizinische wichtige Eigenheiten des Stoffwechsels geben, allerdings ist ihre Konzentration meist so klein - ein Teil auf eine Milliarde anderer Gase – so dass für ihren Nachweis bislang ein großer technischer Aufwand vonnöten war. Mittlerweile gibt es aber auch sehr praktikable Methoden wie das am Institut für Lasermedizin der Universität Düsseldorf entwickelte so genannte CALOS-Verfahren, das Manfred Mürtz, Privatdozent an der Universität Düsseldorf und Leiter der Arbeitsgruppe Infrarot-Laserspektroskopie, erklärt:

    "Wir schießen mit einem Laserstrahl durch die Luft einer Atemprobe, die wir untersuchen wollen, und messen die Abschwächung des Lichtes beim Durchtritt durch diese Atemprobe."

    Der in seiner Frequenz veränderbare Laserstrahl wandert dabei in einer mit Atemluft gefüllten Küvette viele Male zwischen zwei Spiegeln hin und her, so dass eine effektive Wanderstrecke von gut zehn Kilometern zustande kommt. Dann absorbieren auch kleinste Mengen von Spurengasen – bis hinunter zu einem Teil auf eine Milliarde andere - charakteristische Teile des Frequenzspektrums und geben so ihre Präsenz zu erkennen. Eine wichtige Anwendung ist die therapeutische Betreuung von Asthmakranken:

    "Bei Asthmaerkrankungen finden wir sehr hohe Konzentrationen von Stickstoffmonoxid, das ist das NO-Molekül im Atem, und das ist inzwischen ein anerkanntes Verfahren, über die Diagnostik von NO im Atem von Asthmapatienten festzustellen, ob sie hinreichend mit Medikamenten behandelt werden oder nicht, das zu erfassen."

    Derzeit konzentriert sich die Arbeitsgruppe auf die Substanz Ethan:

    "Ethan gilt als sehr zuverlässiger Biomarker für den so genannten oxidativen Stressstatus im menschlichen Körper, darunter versteht man das Überangebot an Freien Radikalen beziehungsweise einen Mangel an oxidativen Mechanismen, der durch verschiedene Krankheiten ausgelöst werden kann, aber auch andere Ursachen hat, zum Beispiel Rauchen oder starke UV-Bestrahlung führen zu einer erhöhten Konzentration von freien Radikalen im Körper, und die damit einhergehende Zerstörung von Zellwänden im Körper liefert über den Abbaupfad Ethan, was wir dann über das Blut in die Lunge bekommen, und wir im Atem nachweisen können. Das heißt, sobald größere Mengen von Ethan im Körper auftauchen, wissen wir, dass bei denjenigen Patienten dieses Gleichgewicht aus Oxidantien und Antioxidantien durcheinander geraten ist, und die Schwierigkeit dabei ist, dass das in den meisten Fällen nur in sehr geringen Konzentrationen vorliegt und bisher überhaupt keine Verfahren zur Verfügung stehen, dieses wichtigen Markermoleküle zuverlässig zu messen."

    Das Laserverfahren besticht durch seine Empfindlichkeit und Schnelligkeit, dazu kommt noch die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Isotopen eines Elementes unterscheiden zu können. Kohlenstoff etwa kommt in zwei stabilen Isotopen vor, C-12 und C-13, die chemisch identisch sind, aber ein unterschiedliches Gewicht haben. Der Unterschied schlägt sich in Verbindungen wie Kohlendioxid deutlich in den Absorptionseigenschaften für Laserlicht nieder.

    "Das bekannteste Beispiel dafür der 13-CO2-Atemtest, der für die Feststellung einer Helicobacter-pylori-Infektion im Magen angewendet wird, dort verabreicht man dem Patienten 13-C-markierten Harnstoff, der geschluckt wird, und das Bakterium wandelt diesen Harnstoff unter anderem in CO2 um, und dieses 13-C, was da im Harnstoff drin steckte, findet man im 13-CO2 dann wieder. Auf diese Weise kann man dann sehr spezifisch verfolgen, mit 13-C auf spektroskopischem Wege diesen Nachweis führen, ob das Bakterium dort ist oder eben nicht."

    Wie andere Arbeitsgruppen nachweisen konnten, ist das Verfahren auch empfindlich genug, um zur Detektion der flüchtigen Verbindungen eingesetzt zu werden, die bestimmte Sprengstoffe an die Luft abgeben. Gut möglich also, dass die Technik demnächst auch an Flughäfen zu finden ist.