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Biomasseverordnung: eine Anlage in Fürstenwalde

Berlin-Brandenburgs Biomasse-Experten in den Umweltorganisationen und der regionale Bauernverband hoffen, dass die neue Biomasse-Verordnung besonders kleineren Betreibern aus der Landwirtschaft Investitions- und Rechtssicherheit gibt, die bisherigen Querelen mit den Energieversorgern aufhören. Denn Zufriedenheit herrscht bisher nicht gerade in der Branche - nur zu oft ließen sich unerfahrene Betreiber von Planungs- und Konstruktionsbüros viel zu teure Anlagen hinstellen, überdimensioniert, kaum ausgelastet, mit vielen Funktionsmängeln, und auch noch unrentabel. Die Biogasanlage in Fürstenwalde bei Berlin zählt nicht dazu, sie schreibt seit dem Start 1998 schwarze Zahlen.

Klaus Hart |
    Elstern und Amseln schwirren zwischen Riesentanks, Containern, Abfallpaletten umher, zwei LKW-Fahrer entladen Gülle - Hans Friedmann, Bio-Verfahrenstechniker mit Doktorgrad, aus Bayern, schaut, dass alles korrekt zugeht. Friedmann wurde von den Fürstenwalder Stadtwerken als beratender Ingenieur geholt, hat die zwölf Millionen Mark teure Anlage mitkonstruiert, vor allem aber perfektioniert - und schließlich gemietet.

    Material bekommen wir nur aus der Region - wir verstehen uns als regionaler Verwerter von organischen Abfällen. Region heißt hier Berlin bis zur polnischen Grenze, Frankfurt an der Oder. Wir erhalten Gülle aus den Betrieben, die direkt im näheren Umfeld sind - und Fettabscheiderinhalte aus Gaststätten und Großküchen aus Berlin und aus der Region.

    85000 Tonnen organische Abfälle pro Jahr. Hauptkunde ist die Berliner Stadtreinigung BSR - aus den Biotonnen landet vieles hier. Zwischen Tanks und Motoren stinkt es gar nicht so, wie mancher vielleicht annimmt.

    Jeder Behälter, jede Gerüche emittierende Maschine ist an ein Abluftsystem angeschlossen, wo die Luft dann über einen Wäscher oder Biofilter gereinigt wird.

    Die Anlage liefert Frischkompost, Flüssigdünger für Brandenburgs sandige Äcker, Strom und Wärme. Alles wird natürlich computergesteuert - am Bildschirm sieht Friedmann sofort jeden Defekt, jede Störmeldung. Wir gehen in eine große weiße Halle, wieder Maschinen, Tanks und Auffangbecken. -einmal für Materialien, die keine Störstoffe, etwa giftige Schwermetalle, enthalten - und dann die störstoffbehafteten Abfälle - Verschimmeltes, Schlechtgewordenes, auch aus Supermarktregalen.

    Plastikflaschen, CD-Ständer, Dosen, Teppiche, Gardinen, alles ist da drin, gerade der Berliner Biomüll hat eine sehr schlechte Qualität, im Vergleich zu kleineren Städten - die Sortierdisziplin im Landkreis ist wesentlich besser.

    Gleich palettenweise steht dort schlechtgewordene Marken-Mayonnaise - wie holt man die aus den Gläsern raus? Friedmann hat dafür ein Verfahren entwickelt, es funktioniert.

    Das läuft so, dass diese Gläser hier in der Mühle gebrochen werden, die gebrochenen , verschmutzten Gläser werden über diesen Förderer in diesen großen Apparat hier gefördert - durch das fünfzig Grad warme Prozesswasser und das Rühren löst sich die Mayonnaise auf, ist gelöst, das Glas und die Deckel sind ja schwerer als Wasser, fallen runter unten in eine Schleuse, kommen so sauber raus, dass sie für den Deponie-Wegebau verwendet werden können.

    Leider mischen manche Zulieferer sozusagen schlechte Ware unter, etwa zuviel Sand, provozieren damit Havarien. Einmal bildete sich plötzlich kein Biogas mehr - es lag an nicht gemeldeten Antibiotika in der Ladung, die Bakterien abtöteten. Und ohne Biogas gibt es keinen Strom und laufen die beiden Motoren nicht.

    Hier ist ein sehr hoher Wirkungsgrad möglich. 38 Prozent des Energiegehalts des Gases wird in Strom umgewandelt, der ins Netz eingespeist wird.

    Damit können rund zweitausend Haushalte versorgt werden. Die Wärme geht in den Prozess zurück und ins danebenliegende Reifenwerk aus DDR-Zeiten. Friedmann weiß sehr gut, dass viele andere Betreiber rote Zahlen schreiben.

    Ja da müssen Sie sehen, dass es nicht sehr viele in Deutschland gibt, die wirklich Erfahrung mit dem Bau und Betrieb von solchen Anlagen haben. In unserem neuentstehenden Markt sind viele drin, die einfach versuchen, auf den Zug aufzuspringen - und die Betreiber haben dann hinterher nicht viel Freude daran. Tatsächlich ist es so, dass es eine ganze Reihe von Anlagen gibt, die oft mit vielen Fördermitteln gebaut wurden und heute wirtschaftliche Probleme haben.

    Gerade in Brandenburg, so auch der Bauernverband, sind Anlagen überdimensioniert, unrentabel, nicht ausgelastet, störanfällig, seien Betreiber unzufrieden, gebe es insgesamt noch wenig Interesse der Agrarbetriebe an Bioenergie - doch mit der neuen Biomasse-Verordnung, so hofft man, könnte sich das ja zugunsten der Landwirte ändern.