Ute Buschhaus: Die Biomilch ist genauso weiß wie die konventionelle auch, aber für mich ist nichts anderes mehr vorstellbar. Ich finde einfach, der Ökolandbau ist die Landwirtschaft der Zukunft und ist die Art und Weise Lebensmittel herzustellen, die am umweltschonendsten ist. Das sind für mich persönlich die stärksten Argumente.
Ute Buschhaus ist landwirtschaftliche Beraterin bei Bioland, einem großen Verband ökologischer Bauernhöfe. Sie sieht das Getränk Milch ohne falsche Emotionen. Viel wichtiger sind ihr die gesamten Umstände unter denen Milch, Eier, Fleisch aber auch die Feldfrüchte gezogen werden. Ein bisschen Bio und der Rest herkömmlich, das geht nicht:
Ute Buschhaus: Eine der wichtigsten Regeln des Ökolandbaus ist, dass der gesamte Betrieb umgestellt wird. Wir können uns also nicht vorstellen, dass sie die Betriebe z. B. ihr Milchvieh ökologisch halten und dann noch ne kleinere oder größere konventionelle Legehennenbatterie hinterm Stall halten. Also wenn schon, dann ganz!
Für Milch würde sich das lohnen. Die Nachfrage ist in letzter Zeit rapide gestiegen. Doch die Landwirte tun sich schwer mit einer solchen Entscheidung. Das weiß auch der Öko-Fachberater Karl Kempkens von der Landwirtschaftskammer. Er betreut auch ein Bio-Versuchsgut am Niederrhein und kennt dort die Nachbarn:
Karl Kempkens: Die Vorsicht der Landwirte können wir daran erkennen, dass die Landwirte sehr häufig nach Feierabend abends an diesen Stall gehen und es sich vor Ort ansehen wollen und mit unseren Mitarbeitern, die diesen Stall bewirtschaften, reden um einfach mit der Materie vertraut zu werden.
Diese Erfahrung hat auch Wolfgang Kern gemacht. Er hatte seinen Hof vor drei Jahren umgestellt und war damit bei Kollegen und sogar seinem Vater zuerst auf Unverständnis gestoßen. Grünland ohne Stickstoffdüngung, das kann nicht gut gehen, meinten sie:
Wolfgang Kern: Was wir feststellen ist, dass die Leute schon mal bei uns vorbeifahren und gucken dann unser Grünland an, was halt seit drei Jahren umgestellt ist und sehr starkt Kleebesatz hat und stellen halt fest: oh, die Wiesen sind doch immer noch grün die Wiesen sind doch noch grün, die Kühe sind doch noch satt; was dann für uns ein großes Plus ist: ja der Bauer hat auch noch eine Milchleistung, da komme ich nie dran. Wie macht der das?
Die Voraussetzungen für eine Umstellung im Milchviehbereich sind gar nicht so kompliziert, wie man meinen könnte und die Umstellung hat sich für fast alle gelohnt. Wichtig ist jedoch, dass man sich vorher genau bei den Kammern oder Verbänden wie Bioland informiert. Ute Buschhaus nennt die drei Punkte, die zuerst kontrolliert werden:
Ute Buschhaus: Die erste Bedingung ist, dass der Stall, so wie er ist, einigermaßen richtliniengemäß ist. Das bedeutet, jedes Tier hat seine eingestreute Liegefläche. Der zweite Punkt ist, es muss ausreichend Futterfläche vorhanden sein oder zu beschaffen sein. Wir brauchen einfach mehr Fläche um unsere Kühe satt zu bekommen. Und der dritte Punkt ist: es muss in einer Region stattfinden, wo eine Biomolkerei tatsächlich auch hinfährt und Biomilch aufholt und entsprechend preislich honoriert.
Das ist z. B. in Nordrhein-Westfalen gegeben. In fast allen anderen Bundesländern dürfte das aber ein unüberwindliches Hindernis für umstellungswillige Landwirte sein. Ein weiterer Hinderungsgrund ist eine neue EU-Verordnung vom August diesen Jahres. Konnte bis dahin ein Betrieb innerhalb eines Jahres von konventionell auf bio umstellen, muss er jetzt zwei Jahre warten, ehe er den besseren Preis für die Mehrleistung erhält. Karl Kempkens:
Karl Kempkens: Gerade die Umstellungszeit ist eine Durststrecke für die Betriebe, ganz eindeutig, denn dann müssen sie nach den Richtlinien produzieren aber können noch nicht ihre Milch zu einem höheren Preis vermarkten.
Das ist für den Bioland-Verband und die Molkereien natürlich ein kleines Handicap. Ute Buschhaus kann damit aber gut leben:
Ute Buschhaus: Es ist für die Betriebe also etwas erschwert worden auf der einen Seite, auf der anderen Seite ist es für die Verbraucher eine zusätzliche Sicherheit.
Und für die Bauern ist es verlockend, denn die betrieblichen Ergebnisse stimmen, nicht zuletzt dank eines zunehmend professionellen Marketings der Öko-Verbände. Ihre Strategie zielt nicht mehr ausschließlich auf Bioladen oder Ab-Hof-Verkauf sondern zunehmend auf die großen Einzelhandelsketten mit ihren Bio-Ecken. Wolfgang Kerns Kollegen sind jedenfalls verunsichert:
Wolfgang Kern: Jetzt fangen viele Betriebe an zu denken, ja wenn der Kern das schafft und der ist ja nur mal dreihundert Meter von mir weg, müsste das bei mir auch klappen.