Dr. Siegfried Bank ist Experte einer Firma für Chitin in Bremen. Sein Rohstoff scheint der Schlüssel zu den besonderen Strukturen zu sein, die zum Beispiel Perlmutt auszeichnen. Hinter den schillernden Schichten verbirgt sich ein Hochleistungsmaterial – ein extrem bruchstabiler Verbundwerkstoff, korrosionsbeständig und nicht von Mikroorganismen klein zu kriegen. Ein Blick durch das Mikroskop zeigt die extreme Ordnung, die hinter der dekorativen Oberfläche steckt. Wie in einer Ziegelwand liegen die keramischen Bausteine aneinander – ohne den kleinsten Hohlraum. Zusammengehalten werden sie durch einen Mörtel aus Chitin. Und sie sind offenbar bissfest.
Die Majas haben Zähne daraus gemacht. Es gibt Mumien, die gefunden wurden, die haben Perlmutt Zähne gehabt. Das Tolle dabei ist sogar, dass diese Zähne natürlich jetzt noch Bestand hatten nach diesen Hunderten von Jahren und dass sie in den Kiefer eingewachsen waren.
Professor Georg Grathwohl leitet den Forschungsbereich Keramische Werkstoffe und Bauteile an der Universität Bremen. Natürlich sind Permutt-Zähne keine Alternative für moderne Zahnimplantate, aber ein Problem, mit dem Zahnärzte heute kämpfen, hatten die Maja nicht.
Da nehmen sie mal eine Keramik heute, die implantiert wird. Bis die einwächst, wenn sie es überhaupt tut, das bringt offensichtlich dieser biogene Charakter mit sich.
Dabei ist gar nicht so viel Bio in den Biomineralen drin. Das meiste ist Calciumcarbonat. Kalk. Die Modellschnecke der Keramik-Forscher – ein australisches Seeohr – braucht gerade einmal zwei Prozent Chitin und Proteine, um ihre Perlmutt-Keramik aus Calciumcarbonat in Form zu bringen. Aber auch mit diesen zwei Prozent Bio müssen sich die Keramiker von ihren heißen Öfen verabschieden.
Also wir werden nach dem direkten Vorbild der Natur damit nicht einen Hochtemperaturwerkstoff machen können, aber wir sind ja bewusst nicht angetreten, den Perlmutt einfach der Natur nachzubauen, sondern wir wollen die Prinzipien verstehen, die Konstruktionsregeln, den Aufbau des Gefüges auch den Mechanismus der Genese, wobei, ich will jetzt nicht sagen, dass Chitin ersetzt wird, aber es gibt eine ganze Vielzahl von synthetischen Polymeren, die auch Wirkungen haben im Sinne der Steuerung und Kontrolle der Kristallisation von solchen Keramiken.
Und genau diese Kristallisation ist das Geheimnis der natürlichen Strukturen. Sie werden eben nicht in einem Ofen zufällig zusammengebacken, sondern wachsen regelrecht in ihre Aufgabe hinein. Und offenbar spielt das Chitin eine entscheidende Rolle bei der Entstehung dieser ausgefeilten räumlichen Strukturen. Die Idee der Wissenschaftler ist, so Siegfried Bank, diese Entstehungsmechanismen zu entschlüsseln und damit neue Werkstoffe zu entwickeln,...
... indem man eine anorganische Substanz nimmt und sie mit einer organischen Substanz verbindet um die anorganische Substanz in ihrer Grundeigenschaft zu erhalten und trotzdem diese etwas zu modifizieren....
... so dass sie hart wie eine Keramik bleibt, aber eben nicht durch einen Sturz vom Tisch gleich zerspringt.