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Bionik am Bau

Technik. - Nicht immer müssen Ingenieure das Rad neu erfinden - ein Blick in das Ideenarchiv der Natur genügt oft schon, um optimale Problemlösungen zu erhalten. Spezialisten im Abkupfern von der Fachhochschule Rhein-Sieg lernen so von Präriehunden, Ameisen und Termiten, wie sich das Gebäudeklima besser steuern lässt.

    Ein 150 Meter langer Erdkanal verschafft den Studenten der Fachhochschule Rhein-Sieg in Sankt Augustin angenehme Temperaturen sommers wie winters und spart überdies Heizkosten. Der Stollen dient als Luftansaugschacht und gewährleistet über Wärmetausch eine Kühlung des Hörsaalgebäudes im Sommer und wärmt die Luft im Winter vor. Die Idee dazu lieferten Präriehunde, erklärt Dieter Seegers, Vorsitzender der Geschäftsführung der Firmengruppe IGH, in Sankt Augustin: "Ihre Höhlenbauten sind so angelegt, dass einerseits Temperatur erhalten bleibt, andererseits auch Frischluft zuströmt."

    Lange bevor der Schweizer Physiker Daniel Bernoulli Grundregeln der Hydro- und Aerodynamik entdeckte, wandten die Tiere die Naturgesetze auf ihre Erdbehausungen an. So besitzen die unterirdischen Gangsysteme lange Kanäle, die an den Öffnungen nach außen mit hügelartigen Belüftungskaminen abgeschlossen sind. Streicht der Wind über die Hügel, so entsteht an den Hindernissen ein Unterdruck. Das wissen auch die findigen Erdhörnchen und errichten einen höheren Abluftkamin, an dem der Unterdruck den Mief aus dem Bau saugt, sowie einen niedrigeren Zuluftkanal, der für frischen Wind unter der Erde sorgt. Ähnlich gehen auch Termiten vor, die in 200 Millionen Jahre dauernder Evolution ein ausgeklügeltes Verfahren aus verschiedenen Tunneldurchmessern und Gangverästelungen entwickelten, um ihre Höhlen zu belüften.

    Inspiriert von der tierischen Klimatechnik, setzen die Ingenieure aus Sankt Augustin immer öfter bionische Prinzipien ein. "In einem Berliner Projekt setzen wir an 180 Tagen im Jahr eine computergesteuerte Klappentechnik ein, über die das Haus mit einer ähnlichen Kombination aus Druck und Sog be- und entlüftet wird", so Seegers. Ein so genannter Venturi-Flügel - ein unbewegliches Luftleitblech - auf dem Dach erzeugt den nötigen Unterdruck, der die verbrauchte Luft aus dem Inneren zieht.

    [Quelle: Mathias Schulenburg]