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Biopiraterie auf Sao Tomé

Über 50 Meter groß sind manche Bäume im Kongo-Becken. Das Einzuggebiet des Flusses ist das zweitgrößte Urwaldgebiet der Welt, etwa ein Viertel aller tropischen Regenwälder befinden sich dort. Und wie auch in anderen Teilen der Erde nimmt die Artenvielfalt des Waldes extrem ab, zum einen durch großflächige Abholzungen, zum anderen aber auch durch das Phänomen der Biopiraterie: Pharmaunternehmen entnehmen seltene afrikanische Heilpflanzen für die Entwicklung von Medikamenten, ohne dass die Einheimischen auch nur einen Cent dafür bekommen.

Von Jochen Faget |
    Amando Valentim versichert:

    " São Tomé verliert nicht ein, sondern mehrere Vermögen durch Bio-Piraten- Und unsere Regierung kümmert sich, weil wir Dritte Welt sind, nur um die Landesentwicklung. Aber in São Tomé gibt es über 100 einheimische Heilpflanzen, die kopiert werden könnten. Da sollten wir uns dringend schützen. "

    Der sympathische Mann Anfang 60 ist Fachmann für traditionelle afrikanische Medizin, eine Art Medizinmann also. Aber ein moderner; er hat schon mehrere Bücher geschrieben und arbeitet mit portugiesischen Universitäten zusammen. Das medizinische Potential der Pflanzen von São Tomé sei seit Jahrhunderten bekannt, garantiert Amando Valentim. Und die Afrikaner vertrauten auf ihre Heilkraft:

    " Selbst jeder, der in São Tomé e Príncipe regiert oder regiert hat, hat schon Heilpflanzen oder Wurzeln angewendet. Die traditionelle Medizin gehört zu unserer Kultur, wir setzen sie sogar bei Neugeborenen ein. "

    Kein Wunder, dass die Pharmaindustrie diese Pflanzen für Medikamente nutzen will. Wie das läuft, erklärt Suhel al-Janabi von der deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GTZ:

    " Da kommt ein Forscher aus dem Norden und nimmt ein Stück Regenwald unter die Lupe. Findet möglicherweise aktive Substanzen, die medizinal genutzt werden können. Nimmt die dann mit und die Entwicklung findet im Norden statt. "

    Medikamente mit dem genetischen Code von Regenwaldpflanzen - die Pharmaindustrie verdient damit Milliarden. Oft ohne dass die afrikanischen Länder, in denen die Pflanzen wachsen, auch nur einen Cent abbekommen. Das soll sich ändern. Darum unterstützt die GTZ die COMIFAC, die Kommission des zentralafrikanischen Waldes, der zehn Länder beigetreten sind. Sie soll das Urwaldgebiet mit einem Aktionsplan schützen, erklärt al-Janabi:

    " Die Aufgabe dieses Aktionsplanes, dieses ‚plan de convergence' ist, wie der Name schon sagt, eine Angleichung der Gesetzgebungen und auch der Durchführungsbestimmungen der gesamten Waldpolitik dieser zehn Länder. "

    Denn nicht nur Bio-Piraten sind eine Gefahr für den zentralafrikanischen Regenwald: Unkontrollierter Holzeinschlag zerstört die Urwälder und bedroht die Artenvielfalt. Wenn es überhaupt Naturschutzvorschriften gibt, sind die von Land zu Land verschieden und werden aus Kenntnis- oder Geldmangel oft nicht in die Praxis umgesetzt. Schutzgebiete - vor allem länderübergreifende - bestehen messt nur auf dem Papier. Auch in Sachen Bio-Diversität gibt es also viel zu tun, sagt GTZ-Vertreter al-Janabi:

    " Bis 2010 soll der Verlust an biologischer Vielfalt gestoppt sein und bis dahin soll jetzt mittelfristig von deutscher Seite dieser Prozess unterstützt werden. "

    Mit bis zu 9 Millionen Euro will die GTZ die Waldschutzpläne der COMIFAC-Staaten fördern. Denn internationale Verträge auf UN-Ebene sollen das zweitgrößte Urwaldgebiet der Welt in Zentralafrika schützen - vor Umweltzerstörung ebenso wie vor Bio-Piraten. Schon in drei Jahren, die Zeit drängt also, betont Suhel al-Janabi von der GTZ:

    " Wenn Afrika sich da noch engagieren will, dann muss es das relativ bald tun. Und deswegen sehen wir das jetzt als den ersten Schritt der Unterstützung an. "