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BIOPOOL

Für die Wasserwerke ist konventionelle Landwirtschaft ein Problem: Vor allem Nitrate gelangen ins Grundwasser und sorgen dafür, dass unser Trinkwasser aufwändig aufbereitet werden muss, bevor es den strengen Hygienevorschriften in der Europäischen Union entspricht. Die Wasserversorger haben also ein Interesse daran, dass möglichst wenig Dünger und auch Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft verwendet werden - und sie sind auch bereit, für daraus resultierende Ertragseinbußen zu zahlen. Ein solches Projekt läuft derzeit in der Weser-Ems-Region. Es hat den Namen Biopool und es geht um Umstellung von Bauernhöfen in Wasserschutzgebieten auf ökologischen Landbau.

von Lutz Weihe |
    Ziel des kostenlosen Beratungs- und Umstellungsprogramms Biopool ist die Flächenumstellung von Konventionellem Landbau, auf Ökologischen. Der Nutzen für die Grundwasserqualität ergibt sich aus eine Maxime des Ökolandbaus: Die Tiermenge ist davon abhängig, wie viel Futtermittel auf der Betriebsfläche - ohne den Zukauf von nitrathaltigem Mineraldünger- selbst erzeugt werden kann. So entsteht eine Kreislaufwirtschaft. Vorteil: Das hofeigene Nitrat aus Tiermist und Gülle ist nicht länger ein Abfallprodukt, das auf den Feldern entsorgt werden muss, erklärt Egon Harms vom Oldenburgisch-Ostfriesischen Wasserversorger in Brake:

    "Und das ist halt beim ökologischen Landbau genau das Gegenteil: Es ist ein limitierender Faktor innerhalb der Produktion, das heißt der Landwirt hat aus sich heraus - aus seinem eigenen Interesse heraus - trägt er dafür Sorge, dass er mit seinem Stickstoff sorgsam umgeht und das dieser Stickstoff bloß nicht ins Grundwasser kommt, weil er ihn selber für seine Produktion braucht. Da greift natürlich Wasserschutzinteresse und Eigeninteresse des Landwirts sofort ineinander."

    Die Flächenumstellung wird durch ein mehrstufiges Konzept realisiert. Zuerst werden die Landwirte individuell über Prinzipien, Ziele und Strategien des Öko-Landbaus informiert und beraten. Dabei wird auch geprüft, ob er überhaupt einen erfolgreichen Beitrag zur Entwicklung eines Betriebs leisten kann, erläutert Heinrich Seul vom Agrar Dienstleister Cream Consultants:

    "Das ist ja auch ne ganz verantwortungsvolle Entscheidung. Es scheitern ja auch jede Menge bei der Umstellung auf Ökolandbau, es ist ja nicht so dass das alles eitel Sonnenschein ist, sondern das ist ne sehr problematische Umstellungszeit. Stellen sie sich vor während dieser zweijährigen Umstellung, knallen ihnen die Erträge auf den Feldern fast um die Hälfte nach unten, ohne das sie für den Rest Bio-Preise kriegen. Also das ist schon sehr problematisch und sicherlich keine Lösung, für sowieso schwache Betriebe."

    Fällt die Entscheidung für den Ökolandbau aus, werden - im zweiten Schritt - erst einmal Teilflächen umgestellt. Für den Wasserversorger ergibt das sofort eine Entlastung des Grundwassers. Und für den Landwirt bleibt das finanzielle Risiko kalkulierbar, denn er bekommt Ausgleichzahlungen von bis zu 300 Mark Pro Hektar. Auf der entstandenen Pilotfläche, kann der Landwirt so in Ruhe Erfahrungen mit der neuen Anbaumethode sammeln. Heinrich Seul nennt das: Stärkung der Eigenkompetenz der Landwirte. Die sei dringend notwendig, denn Öko-Landbau will gelernt sein:

    "Das ist ein anderes Konzept, das den Betrieb total umkrempelt: Betriebswirtschaftlich, kulturtechnisch in der Strategie. Im ökologischen Landbau müssen sie genauer, viel stärker beobachten, welche Entwicklungen auf sie zukommen, wie z.B. die Unkrautentwicklung ist, weil sie im Nachhinein weniger technische Mittel zur Verfügung haben, um sich die Probleme vom Hals zu schaffen."

    Ganz wichtig bei Biopool ist auch die Vermarktung, also der Aufbau einer individuellen Absatzschiene für die späteren Bio-Produkte. Auch bei diesem dritten Schritt sind Teilflächen ein ideales Experimentierfeld:

    "Wir hatten jetzt hier im Schutzgebiet Tülsfelde Landwirte, die haben auf ihren Ökoflächen mehr verdient - auf'm Hektar Ökofläche mehr verdient.... als aufm Hektar konventionellen Getreide. Und diese Leute rechnen von morgens bis abends. Dann greifen die nächsten Schritte, wo man sagt, o.k. wenn du nem Anbauverband beitrittst, hast du ne größere Akzeptanz bei Marktpartnern, weil die oft diese Signets und deren Standards sehen wollen, das setzt dann aber die Gesamtbetriebsumstellung voraus."

    Seit 1999 wurden 80 Betriebe im Biopool -Programm beraten. 30 haben ihre Wirtschaftsweise auf Ökolandbau umgestellt, 18 Betriebe sogar komplett. Rund zwei Dutzend weitere stehen in der Warteschleife. Nur die Marktpreise halten sie noch von der Umstellung ab, erklärt Seul:

    "Wissen sie, wir haben sehr viel Betriebe gewissermaßen in der Schublade, die wir durchgeplant haben, das sind Milchbetriebe hauptsächlich, konventionelle und Schweinemastbetriebe... wo aber im Prinzip der Markpreis oder die Vermarktung derzeit die Umstellung noch verhindert, insbesondere im Grünlandbereich, sprich Milch."

    Für die Wasserversorger der Region Weser-Ems ist Biopool schon heute ein Erfolg: Über 1000 Hektar landwirtschaftliche Fläche in Wasserschutzgebieten konnten von übermäßigen Nitrateinträgen entlastet werden.