Das nationale Krankenhaus in Bissau hat schon bessere Tage gesehen. Farbe blättert von den Fassaden und einige Gebäude auf dem weitläufigen Gelände fallen langsam in sich zusammen. In dem schmucklosen Gang der Geburtsstation vermischen sich die Stimmen von Krankenschwestern, Patientinnen und deren Angehörigen mit dem Geschrei der Neugeborenen. Agostino Cá, der Leiter des Krankenhauses, untersucht mit geübten Handgriffen den Bauch einer Schwangeren, deren Baby sich nicht in die richtige Geburtslage drehen will.
"Hier warten vor allem Schwangere mit Komplikationen auf die Geburt. Wir haben hier oft Probleme mit der Stromversorgung, denn die Elektrizitätswerke schaffen es einfach nicht, permanent Strom zu liefern. Und dann stehen wir im Dunkeln. "
Bei Operationen wie einem Kaiserschnitt kann ein Stromausfall lebensbedrohlich sein. Doch auch sonst ist er für alle eine große Belastung: Ohne Ventilatoren können die tropisch feucht-heißen Nächte für Patienten und Personal zur Qual werden.
Krankenschwester Tombom da Silva Iê, die sich bereits für den Feierabend umgezogen hat, wirft noch einmal einen Blick auf einen Patienten, der mit einer Infusion im Arm auf einer Trage im Gang liegt.
"Unsere Arbeit ist sehr schwierig, denn ohne Licht kann man keine Infusionen setzten. Dann stellen wir Kerzen auf. Wir versuchen mit allen Mitteln das Leben unserer Patienten zu retten. So sind nun mal unsere Arbeitsbedingungen. "
Gelassen zuckt sie mit den Schultern. Die Krankenschwester arbeitet seit 14 Jahren in der Notaufnahme des nationalen Krankenhauses. So schnell bringt sie nichts aus der Fassung – dafür hat sie während des Bürgerkrieges zu viel erlebt und gesehen. Und die ständigen Stromausfälle gehören seit Jahren zum Alltag in Guinea-Bissau, weiß der Krankenhausdirektor.
"Eigentlich ist der Staat für die Stromversorgung zuständig. Aber seit dem Bürgerkrieg Ende der 90er Jahre ist der Staat in großen finanziellen Schwierigkeiten. Deswegen hat er Probleme, eine permanente Energieversorgung zu gewährleisten und das Krankenhaus dauerhaft mit Strom zu versorgen. "
Um die Arbeit im Krankenhaus zu erleichtern hat das portugiesische Entwicklungshilfeministerium Zusatzgeneratoren finanziert und sich bereit erklärt, vorerst auch den Treibstoff zu bezahlen. Doch dies ist keine dauerhafte Lösung.
"Wir hatten einen 350 Kilowatt starken Generator. Am 16. März dieses Jahres ist er ausgebrannt. Und warum ist das wohl passiert? Weil er einfach überlastet war. Immer wenn die öffentliche Stromversorgung nicht funktioniert, müssen wir den Generator anwerfen. Irgendwann war das zu viel. Es gab es einen Kurzschluss und der Generator in Flammen aufgegangen."
Momentan verfügt das Krankenhaus noch über zwei kleinere Generatoren. Gibt es mal wieder keinen Strom, versorgen sie die sensiblen Bereiche wie den Operationssaal und die Notaufnahme – der Rest des Krankenhauses bleibt im Dunkeln.
Allerdings hat so manches Privathaus in Bissau 24 Stunden Licht. Die Lösung sind mehrere verschiedene Stromversorgungskabel – fällt auf dem einen Kabel der Strom aus, werden die Kabel einfach umgesteckt. In den Genuss von permanentem Strom kommt man in Bissau jedoch nicht auf offiziellem Wege. Jamel Handem von der guineischen Plattform regierungsunabhängiger Organisationen klagt diese Ungerechtigkeit offen an.
"Wo ich wohne, hat nebenan ein Nachbar immer Strom. Der hat keinen Vertrag bei den Elektrizitätswerken und zahlt auch nichts. Aber er hat ebeneinen Freund bei den Elektrizitätswerken und der hat ihm jemanden geschickt, der ihm zwei oder drei verschiedene Stromversorgungskabel gelegt hat. Ich sage immer, die die zahlen, zahlen dafür, dass jene Strom haben, die nicht zahlen. "
Im Gegensatz zu seinem Nachbarn zahlt Jamel Handem monatlich eine Grundgebühr an die Elektrizitätswerke. Und das obwohl er zu Hause oft nächtelang im Dunkeln sitzt. Als er sich schließlich beschwerte, erhielt er die Antwort, dass er keinen 24-Stunden-Stromvertrag habe und dazu einen zweiten Vertrag abschließen müsse – und der koste natürlich extra. Jamel Handem kennt die Spielchen und lässt sich nicht darauf ein, denn weitere Forderungen sind abzusehen.
"Das ist eine ganz umfassende Korruption, die dazu auch noch offen ohne Angst ausgeübt wird. Wenn ich zu den Elektrizitätswerken gehe und mich beschwere, dass ich kein Licht habe, dann sagt dort ein Angestellter zu mir, dass er mir die nötige Genehmigung beim Direktor besorgen kann. Dafür muss ich dann eine bestimmte Summe zahlen. Wenn ich jetzt zum Direktor gehe und mich darüber beschwere, dann sagt der, ‚damit habe ich nichts zu tun. Wenn du Licht willst, dann musst du das mit ihm klären, ich kümmere mich nicht um die Anschlüsse.’ "
Das monotone Brummen kleiner mit Benzin betriebener Generatoren ist in Bissau daher allgegenwärtig. Wer es sich leisten kann, hat so abends Licht und kann den Ventilator betreiben und Radio hören.
Die Elektrizitätswerke in Guinea-Bissau stellen den Strom mit riesigen Generatoren her. Diese Art der Stromherstellung ist nicht nur kostenintensiv und von den Benzinlieferungen abhängig, sondern birgt auch andere Tücken.
"Jedes mal, wenn der Staat Benzin an die Elektrizitätswerke liefert, um die Bürger mit Strom zu versorgen, kommen die Minister und die Oberen von Militär und Polizei mit ihren Autos, um sich die Tanks zu füllen. Und danach verkaufen die Angestellten das Benzin an jeden, der will. Und nach nur einer Woche fangen sie wieder an zu jammern, dass es kein Benzin mehr für die Generatoren gibt. Die Korruption ist sehr umfassend. "
In Guinea-Bissau ist die offene Bereicherung nicht nur im Energiesektor allgegenwärtig. Doch Jamel Handem sieht gerade in den Auswirkungen auf die Stromversorgung ein zentrales Hindernis für das Vorankommen seines Landes.
"Wir leben seit der Unabhängigkeit in dieser Dunkelheit. Die Menschen hier haben eine gewisse Passivität entwickelt und nehmen die Situation ohne weitere Beschwerde hin. Ich denke dennoch, die erste Priorität des Staates müsste die Energieversorgung sein. Denn ohne Strom kann es keine Entwicklung geben. Unter diesen Bedingungen kann ja niemand richtig arbeiten. Wenn wir zu Arbeit kommen, wissen wir nicht mal, ob es Strom gibt oder nicht und ob wir überhaupt arbeiten können. Wenn’s dann mal Strom gibt, sage ich immer "heute ist ein Wunder geschehen". "
"Hier warten vor allem Schwangere mit Komplikationen auf die Geburt. Wir haben hier oft Probleme mit der Stromversorgung, denn die Elektrizitätswerke schaffen es einfach nicht, permanent Strom zu liefern. Und dann stehen wir im Dunkeln. "
Bei Operationen wie einem Kaiserschnitt kann ein Stromausfall lebensbedrohlich sein. Doch auch sonst ist er für alle eine große Belastung: Ohne Ventilatoren können die tropisch feucht-heißen Nächte für Patienten und Personal zur Qual werden.
Krankenschwester Tombom da Silva Iê, die sich bereits für den Feierabend umgezogen hat, wirft noch einmal einen Blick auf einen Patienten, der mit einer Infusion im Arm auf einer Trage im Gang liegt.
"Unsere Arbeit ist sehr schwierig, denn ohne Licht kann man keine Infusionen setzten. Dann stellen wir Kerzen auf. Wir versuchen mit allen Mitteln das Leben unserer Patienten zu retten. So sind nun mal unsere Arbeitsbedingungen. "
Gelassen zuckt sie mit den Schultern. Die Krankenschwester arbeitet seit 14 Jahren in der Notaufnahme des nationalen Krankenhauses. So schnell bringt sie nichts aus der Fassung – dafür hat sie während des Bürgerkrieges zu viel erlebt und gesehen. Und die ständigen Stromausfälle gehören seit Jahren zum Alltag in Guinea-Bissau, weiß der Krankenhausdirektor.
"Eigentlich ist der Staat für die Stromversorgung zuständig. Aber seit dem Bürgerkrieg Ende der 90er Jahre ist der Staat in großen finanziellen Schwierigkeiten. Deswegen hat er Probleme, eine permanente Energieversorgung zu gewährleisten und das Krankenhaus dauerhaft mit Strom zu versorgen. "
Um die Arbeit im Krankenhaus zu erleichtern hat das portugiesische Entwicklungshilfeministerium Zusatzgeneratoren finanziert und sich bereit erklärt, vorerst auch den Treibstoff zu bezahlen. Doch dies ist keine dauerhafte Lösung.
"Wir hatten einen 350 Kilowatt starken Generator. Am 16. März dieses Jahres ist er ausgebrannt. Und warum ist das wohl passiert? Weil er einfach überlastet war. Immer wenn die öffentliche Stromversorgung nicht funktioniert, müssen wir den Generator anwerfen. Irgendwann war das zu viel. Es gab es einen Kurzschluss und der Generator in Flammen aufgegangen."
Momentan verfügt das Krankenhaus noch über zwei kleinere Generatoren. Gibt es mal wieder keinen Strom, versorgen sie die sensiblen Bereiche wie den Operationssaal und die Notaufnahme – der Rest des Krankenhauses bleibt im Dunkeln.
Allerdings hat so manches Privathaus in Bissau 24 Stunden Licht. Die Lösung sind mehrere verschiedene Stromversorgungskabel – fällt auf dem einen Kabel der Strom aus, werden die Kabel einfach umgesteckt. In den Genuss von permanentem Strom kommt man in Bissau jedoch nicht auf offiziellem Wege. Jamel Handem von der guineischen Plattform regierungsunabhängiger Organisationen klagt diese Ungerechtigkeit offen an.
"Wo ich wohne, hat nebenan ein Nachbar immer Strom. Der hat keinen Vertrag bei den Elektrizitätswerken und zahlt auch nichts. Aber er hat ebeneinen Freund bei den Elektrizitätswerken und der hat ihm jemanden geschickt, der ihm zwei oder drei verschiedene Stromversorgungskabel gelegt hat. Ich sage immer, die die zahlen, zahlen dafür, dass jene Strom haben, die nicht zahlen. "
Im Gegensatz zu seinem Nachbarn zahlt Jamel Handem monatlich eine Grundgebühr an die Elektrizitätswerke. Und das obwohl er zu Hause oft nächtelang im Dunkeln sitzt. Als er sich schließlich beschwerte, erhielt er die Antwort, dass er keinen 24-Stunden-Stromvertrag habe und dazu einen zweiten Vertrag abschließen müsse – und der koste natürlich extra. Jamel Handem kennt die Spielchen und lässt sich nicht darauf ein, denn weitere Forderungen sind abzusehen.
"Das ist eine ganz umfassende Korruption, die dazu auch noch offen ohne Angst ausgeübt wird. Wenn ich zu den Elektrizitätswerken gehe und mich beschwere, dass ich kein Licht habe, dann sagt dort ein Angestellter zu mir, dass er mir die nötige Genehmigung beim Direktor besorgen kann. Dafür muss ich dann eine bestimmte Summe zahlen. Wenn ich jetzt zum Direktor gehe und mich darüber beschwere, dann sagt der, ‚damit habe ich nichts zu tun. Wenn du Licht willst, dann musst du das mit ihm klären, ich kümmere mich nicht um die Anschlüsse.’ "
Das monotone Brummen kleiner mit Benzin betriebener Generatoren ist in Bissau daher allgegenwärtig. Wer es sich leisten kann, hat so abends Licht und kann den Ventilator betreiben und Radio hören.
Die Elektrizitätswerke in Guinea-Bissau stellen den Strom mit riesigen Generatoren her. Diese Art der Stromherstellung ist nicht nur kostenintensiv und von den Benzinlieferungen abhängig, sondern birgt auch andere Tücken.
"Jedes mal, wenn der Staat Benzin an die Elektrizitätswerke liefert, um die Bürger mit Strom zu versorgen, kommen die Minister und die Oberen von Militär und Polizei mit ihren Autos, um sich die Tanks zu füllen. Und danach verkaufen die Angestellten das Benzin an jeden, der will. Und nach nur einer Woche fangen sie wieder an zu jammern, dass es kein Benzin mehr für die Generatoren gibt. Die Korruption ist sehr umfassend. "
In Guinea-Bissau ist die offene Bereicherung nicht nur im Energiesektor allgegenwärtig. Doch Jamel Handem sieht gerade in den Auswirkungen auf die Stromversorgung ein zentrales Hindernis für das Vorankommen seines Landes.
"Wir leben seit der Unabhängigkeit in dieser Dunkelheit. Die Menschen hier haben eine gewisse Passivität entwickelt und nehmen die Situation ohne weitere Beschwerde hin. Ich denke dennoch, die erste Priorität des Staates müsste die Energieversorgung sein. Denn ohne Strom kann es keine Entwicklung geben. Unter diesen Bedingungen kann ja niemand richtig arbeiten. Wenn wir zu Arbeit kommen, wissen wir nicht mal, ob es Strom gibt oder nicht und ob wir überhaupt arbeiten können. Wenn’s dann mal Strom gibt, sage ich immer "heute ist ein Wunder geschehen". "