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Bitkom-Studie zum Digitalpakt
Schüler wollen mehr Digitalisierung

Eigentlich könnte das Lernen zu Hause derzeit eine Sternstunde digitaler Techniken sein. Kurz bevor das Coronavirus Deutschland erreicht hat, befragte der IT-Lobbyverband Bitkom Schüler und Schülerinnen, wie sie denn den Stand der Digitalisierung an ihrer Schule beurteilen.

Von Philip Banse | 26.03.2020
Eine Schülerin hält im Unterricht ein Handy in den Händen, fotografiert am 22.06.2017 in Berlin in einer Berliner Schule. Sie ruft Informationen aus dem Internet ab.
Schüler wünschen sich laut einer Bitkom-Studie mehr Einsatz digitaler Medien im Unterricht (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
Die überwältigende Mehrheit, 83 Prozent, der Schüler und Schülerinnen sieht in der Digitalisierung ihrer Schule und des Unterrichts eine Chance. Fast alle, 93 Prozent, sagen: Digitale Medien machten den Unterricht interessanter. Eine große Mehrheit sagt: Mit digitalen Medien könne Schule eher auf individuelle Bedürfnisse eingehen und Schüler würden Inhalte besser verstehen.
Und so lässt sich aus den Antworten der Schüler und Schülerinnen eine eindeutige Forderung ableiten. Denn eine Frage lautete: Was sind die drängendsten Probleme an Deiner Schule? Zur Auswahl standen unter anderem Unterrichtsausfall, baufällige Gebäude, inkompetente Lehrer. Doch kein Problem bekam mehr Stimmen als: "Fehlender Einsatz digitaler Medien" und "Schlechte technische Ausstattung".
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"Das finde ich hochinteressant", sagt Achim Berg, der Chef des Lobbyverbands der deutschen IT-Industrie Bitkom, der die Umfrage in Auftrag gegeben und bezahlt hat. "Dass neben den drängenden Themen an den Schulen zwei Themen oben stehen. Das Bild ist ganz eindeutig hier: Für die Schüler steht das Thema Digitalisierung ganz oben auf der Agenda. Die starke Nachfrage nach digitalen Techniken, Konzepten und Inhalten ist ganz klar der Auftrag, den die Schulen annehmen müssen und auch annehmen."
Nur wenig ist vom Digitalpakt bereits ausgegeben
Digitale Technik und Internet-Infrastruktur – dafür sollen ja eigentlich die fünf Milliarden Euro aus dem Digitalpakt ausgegeben werden. Von diesen fünf Milliarden seien aber bisher nur einige Millionen ausgegeben worden, kritisiert IT-Lobbyist Achim Berg
"Mit dem Digitalpakt bin ich gar nicht zufrieden. Einige Bundesländer haben noch gar nichts ausgeschüttet. Das ist viel zu langsam und das müssen wir dringend angehen."
Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und aktuelle Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Stefanie Hubig, sagt, die Politik sei da dran:
"Wir sind gerade mit dem Bundesbildungsministerium in Verhandlungen darüber, ob wir nicht einen Teil der Digitalpaktmittel jetzt sehr schnell auch für Online-Lehr- und -Lernangebote einsetzen können, und zwar jetzt anders umwidmen können mit Blick auf Corona."
Aber zurück zur Umfrage: Für die Umfrage befragt wurden 503 Schüler und Schülerinnen, alle zwischen 14 und 19 Jahren, alle an weiterführenden Schulen. Es ist eine repräsentative Umfrage, die Ergebnisse dürfen also für alle Schüler an weiterführenden Schulen verallgemeinert werden.
Lehrende erhalten gemischte Beurteilung
Die Schüler geben ihren Lehrenden ein gemischtes Zeugnis. Einerseits sagen fast 80 Prozent: Meine Lehrer und Lehrerinnen stehen digitalen Medien eher positiv gegenüber oder sind sogar "Technik-Fans". IT-Lobbyist Achim Berg:
"Das hat mich gefreut, dass hier auch in der Summe deutlich wird, was oft bezweifelt wurde, dass ein Großteil Technikfans sind oder Technik positiv gegenüberstehen. Wir reden hier von der gesamten Lehrerschaft. Nur jeder Elfte meint, die Lehrer seien eher zurückhaltend unterwegs."
Andererseits sagt über die Hälfte der Schüler: Viele Lehrer hätten keine Lust, digitale Medien im Unterricht einzusetzen. Drei Viertel der Befragten fordern, dass Lehrende im Einsatz digitaler Medien besser geschult werden müssten.
Ein widersprüchliches Bild offenbart sich auch beim Thema Medienkompetenz: Fast alle Befragten sagen, sie nutzten das Internet für Recherchen und das werde im Unterricht auch geübt. Aber nur gut die Hälfte der Schüler sagt, sie würden zu Informationen im Netz eine zweite Quelle suchen oder mal den Verfasser der Nachricht prüfen. Dieses Verhalten wird noch problematischer, wenn man sich ansieht, welche Quellen Schüler und Schülerinnen für "vertrauenswürdig" beziehungsweise "sehr vertrauenswürdig" halten: Ganz vorn ist die Wikipedia, gefolgt von Fernsehsendern und den Ergebnissen, die Suchmaschinen auswerfen – die halten fast zwei Drittel der Befragten für vertrauenswürdig, weit vor Radiosendern und Printmedien.
Ein ähnliches Bild ist es bei den Personen, denen die Schüler und Schülerinnen vertrauen, wenn es um den Wahrheitsgehalt von Informationen geht. Ganz oben Freunde/Familie, dann Lehrer und Wissenschaftler. Den Aussagen von Profi-Sportlern vertraut fast die Hälfte. Journalisten hält nur ein Drittel für vertrauenswürdig, Politiker vertrauen nur ach von 100 Schülern und Schülerinnen.
Das sollte nicht nur Journalistinnen und Politiker nachdenklich stimmen.