Bis heute rätseln Experten, woher die entrückende Wirkung von Absinth rührt. Möglicherweise, so vermuten Chemiker, liege dies an giftigen, so genannten "Terpenen" aus der Wermutpflanze, vielleicht aber auch einfach an dem beachtlichen Alkoholgehalt von bis zu 75 Volumenprozenten. In jedem Fall hat originaler Wermut das Potenzial, neurologische Schäden zu provozieren. Daher wurde der geistreiche Trunk 1923 in Deutschland aus dem Verkehr gezogen. Seit 1991 dürfen Absinthprodukte hierzulande jedoch wieder vertrieben werden. Grund genug für Experten wie Dirk Lachenmeier, Leiter des Labors für Alkoholische Getränke im Chemischen und Veterinär-Untersuchungsamt Karlsruhe, sich den Stoff näher anzusehen. In seinem Labor finden sich rund 50 Flaschen der Spirituose: "Für unsere umfangreichen Analysen verbrauchen wir fast die komplette Menge einer Flasche. Also, wir trinken das jetzt nicht."
Dem Chemiker dürfte der Appetit auf das grüne Gesöff vergangen sein, angesichts dessen, was die Untersuchungen zutage förderten. Laut Etikett enthielten alle Produkte Absinth - also einen Bitter mit Auszügen der Wermutpflanze, sollte man meinen. "Wenn ein Produkt Absinth heißt, sollten auch zumindest gewisse Anteile der Wermutpflanze Artemisia absinthum darin vorliegen. Nach der Analyse von 70 Absinth-Proben sind wir aber zu dem erstaunlichen Ergebnis gekommen, dass 41 davon minderwertig sind." Bei diesem Urteil stützen sich Lachenmeier und seine Mitarbeiter auf das Schweizer Lebensmittelbuch, denn schließlich stammt Absinth ursprünglich aus dem Alpenland. So sieht die Originalrezeptur vor, dass ein Absinth-Produkt mehr als zwei Milligramm Thujon pro Liter enthalten soll, um authentisch zu sein. Doch in den meisten Proben fanden die Karlsruher Lebensmittel-Analytiker nichts des ätherischen Öls aus der Wermutpflanze. Damit nicht genug, so der Chemiker: "Unsere analytischen Befunde wurden auch durch die sensorische Untersuchung bestätigt. Weder ein Bittergeschmack, noch die typische kräuterartige Wermut-Sensorik ließen sich bei den Produkten feststellen."
So ist denn der Verbraucher großen Künstlern wie Toulouse-Lautrec, van Gogh oder Picasso mitnichten nahe, genießt er vermeintlich deren legendäres grünes Laster. Die Wahrheit ist weit profaner: "Er trinkt 60prozentigen Alkohol, oft stark mit Anis aromatisiert. Also im Prinzip wie so eine Art Ouzo oder auch andere Produkte, die künstlich aromatisiert sind", ernüchtert Dirk Lachenmeier die Konsumenten. Auch der charakteristische "giftige" Grünstich stammt nur noch selten aus dem Pflanzenfarbstoff Chlorophyll. Die Illusion erzeugen vielmehr künstliche Farbstoffe. Verboten ist dies nicht, wenn sie denn auf dem Etikett vermerkt sind - was allerdings nicht immer der Fall ist. Nach solchen Wermutstropfen kann der Karlsruher Chemiker trotzdem auch Trost spenden. "Es gibt auch hochwertige Produkte, die wirklich mit Pflanzenauszügen von Wermut gefärbt sind." Wer also nicht schon beim Kauf des grünen Flaschengeistes einer Illusion aufsitzen möchte, tut gut daran, das Etikett zu studieren.
[Quelle: Volker Mrasek]
Dem Chemiker dürfte der Appetit auf das grüne Gesöff vergangen sein, angesichts dessen, was die Untersuchungen zutage förderten. Laut Etikett enthielten alle Produkte Absinth - also einen Bitter mit Auszügen der Wermutpflanze, sollte man meinen. "Wenn ein Produkt Absinth heißt, sollten auch zumindest gewisse Anteile der Wermutpflanze Artemisia absinthum darin vorliegen. Nach der Analyse von 70 Absinth-Proben sind wir aber zu dem erstaunlichen Ergebnis gekommen, dass 41 davon minderwertig sind." Bei diesem Urteil stützen sich Lachenmeier und seine Mitarbeiter auf das Schweizer Lebensmittelbuch, denn schließlich stammt Absinth ursprünglich aus dem Alpenland. So sieht die Originalrezeptur vor, dass ein Absinth-Produkt mehr als zwei Milligramm Thujon pro Liter enthalten soll, um authentisch zu sein. Doch in den meisten Proben fanden die Karlsruher Lebensmittel-Analytiker nichts des ätherischen Öls aus der Wermutpflanze. Damit nicht genug, so der Chemiker: "Unsere analytischen Befunde wurden auch durch die sensorische Untersuchung bestätigt. Weder ein Bittergeschmack, noch die typische kräuterartige Wermut-Sensorik ließen sich bei den Produkten feststellen."
So ist denn der Verbraucher großen Künstlern wie Toulouse-Lautrec, van Gogh oder Picasso mitnichten nahe, genießt er vermeintlich deren legendäres grünes Laster. Die Wahrheit ist weit profaner: "Er trinkt 60prozentigen Alkohol, oft stark mit Anis aromatisiert. Also im Prinzip wie so eine Art Ouzo oder auch andere Produkte, die künstlich aromatisiert sind", ernüchtert Dirk Lachenmeier die Konsumenten. Auch der charakteristische "giftige" Grünstich stammt nur noch selten aus dem Pflanzenfarbstoff Chlorophyll. Die Illusion erzeugen vielmehr künstliche Farbstoffe. Verboten ist dies nicht, wenn sie denn auf dem Etikett vermerkt sind - was allerdings nicht immer der Fall ist. Nach solchen Wermutstropfen kann der Karlsruher Chemiker trotzdem auch Trost spenden. "Es gibt auch hochwertige Produkte, die wirklich mit Pflanzenauszügen von Wermut gefärbt sind." Wer also nicht schon beim Kauf des grünen Flaschengeistes einer Illusion aufsitzen möchte, tut gut daran, das Etikett zu studieren.
[Quelle: Volker Mrasek]