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Blackbox für Schiffe

Technik. - Die Regulierung von Schiffsunglücken stößt auf größere Probleme als Unfälle mit anderen Verkehrsmitteln. Denn die Schiffe habe nichts, was Fahrten- oder Flugschreibern entspricht. Die internationale Schifffahrtsorganisation will das ändern und schreibt für alle Neubauten ein außerordentlich ausgefeiltes Datenspeichersystem vor. Jetzt wurde auch beschlossen, eine abgespeckte Version für bereits fahrende Schiffe zuzulassen. Im Deutschlandfunk berichtet Michael Baldauf vom Fachbereich Seefahrt der Hochschule Wismar, einer der beteiligten Fachleute, über das Vorhaben. Die Fragen stellte Ralf Krauter.

    Krauter: Herr Baldauf, was zeichnet so eine Blackbox für Schiffe eigentlich auf?

    Baldauf: Aufgezeichnet werden so genannte Navigationsdaten und Betriebsinformationen. Zu den Navigationsdaten gehören Schiffsposition, Kurs, Geschwindigkeit, natürlich Datum und Zeit, Ruderwinkel, aktuelle Wassertiefe oder Radarbilder. Außerdem die Geräusche und Gespräche im Brückenhaus und der UKW-Sprechfunkverkehr. Die Betriebsinformationen sind so genannte Status-Informationen zur Maschine oder zu den Öffnungen im Schiffsrumpf, ob Luken geöffnet oder geschlossen sind, der Status von Schotten und Feuerschutztüren und weitere Betriebsdaten zu Pumpen, Lüftergeneratoren und so weiter.

    Krauter: Also alle Daten, die für eine Rekonstruktion eines Unfalls später nützlich sein könnten?

    Baldauf: Ja, das ist richtig. Diese Informationen sind von herausragenden Bedeutung bei der Rekonstruktion von Schiffskollisionen. Bisher wurde schon über den Ort der Kollision sehr lange gestritten. Eine exakte Aufzeichnung der Schiffsposition, von Kurs und Geschwindigkeit gäbe darüber sofort Aufschluss.

    Krauter: Sie haben in einer Machbarkeitsstudien gezeigt, das auch so eine abgespeckte Version einen Schiffsdatenschreibers, wie er teilweise jetzt schon vorgeschrieben ist, machbar wäre. Warum ist eine solche abgespeckte, vereinfachte Version überhaupt nötig?

    Baldauf: Die ist notwendig, weil die Ausrüstungsvorschriften, wie sie bisher beschlossen sind, nur auf Neubauschiffe Bezug nehmen. Für die Nachrüstung der älteren Schiffe wird der Aufwand der Installation sehr hoch sein, und damit die Kosten. Wir sollten untersuchen, wie man diese sehr hochentwickelte System des Schiffsdatenschreibers vereinfachen und für eine Nachrüstung auf allen übrigen Schiffen nutzbar machen kann.

    Krauter: Wie sieht Ihre Lösung aus, wo wurde gespart, wie viel könnte eingespart werden?

    Baldauf: Die Datenaufzeichnung ist die eine Sache. Die zweite ist die Sicherung und Speicherung. Der bisherige Standard sieht vor, dass sie in einer Schutzkapsel zu speichern sind. Wir haben vorgeschlagen, hier eine aufschwimmende Boje als Schutzelement und Aufenthaltsort für das Speichermedium zu nutzen. Außerdem haben wir angeregt, nur die wichtigsten Betriebsinformationen aufzuzeichnen, da dort ein erheblicher Aufwand zu erwarten ist.

    Krauter: Was würde den diese abgespeckte Version kosten?

    Baldauf: Alle neuen Schiffe erhalten diese vollständige Variante mit Schutzkapsel, bei der Nachrüstung darf an Stelle der Kapsel diese Boje verwendet werden. Die Experten schätzen, dass bei der Hardware 20 bis 25 Prozent gespart werden können.

    Krauter: Wie geht es denn weiter?

    Baldauf: Wir haben bei der IMO-Konferenz im Juli diesen Standard verabschiedet. Das ist jetzt ein administrativer Vorgang. Bei der Hauptsitzung im Dezember wird das wohl beschlossen werden, und dann wird auch das Datum der Einführung festgeschrieben. Das wird wohl am 1. Januar 2006 sein. Bis zu diesem Stichtag müssen dann die Nachrüstung erledigt sein.