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Blaue Blitze vom Galaktischen Zentrum -

Astronomie. - In Heidelberg diskutieren in dieser Woche knapp 200 Forscher über die neuesten Trends in der Gamma-Astronomie. Gamma-Strahlung ist die energiereichste Strahlung, die aus dem All zu uns dringt. Da die Erdatmosphäre diese Strahlung nicht passieren lässt, müssen die Astronomen entweder Satelliten nutzen oder ihren Teleskopen auf der Erde einige Tricks beibringen.

    Gammastrahlung ist die energiereichste Strahlung, die aus dem Kosmos zu uns dringt. Allerdings ist die irdische Lufthülle ein wirkungsvoller Filter, der nichts davon bis auf den Erdboden dringen lässt. Daher müssen Astronomen, die Gammastrahlung mit erdgebundenen Teleskopen beobachten wollen, Tricks anwenden: Wenn ein Gamma-Teilchen mit enormer Energie in die Lufthülle eindringt, zerstrahlt es und bildet schließlich in einer Art Lawine einen Luftschauer aus gut 1000 anderen Teilchen. Beim Flug durch die Atmosphäre verursachen diese Teilchen ein bläuliches Glimmen im sichtbaren Licht. Und dieses Glimmen beobachten die Astronomen. Werner Hofmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg: "Wir versuchen herausfinden, wohin dieser Luftschauer zeigt. Und dazu beobachtet man ihn am besten aus verschiedenen Blickwinkeln von verschiedenen Seiten und kann dann stereoskopisch im Raum rekonstruieren, wie dieser Luftschauer aussieht und damit woher dieses Teilchen kommt."

    Für diese Rekonstruktion betreibt das internationale HESS-Projekt seit Januar vier spezielle Teleskope in Namibia. HESS steht für "High Energy Stereoscopic System". In jeder klaren mondlosen Nacht richten sie die 12 Meter großen, einfach so im Freien stehenden Gitterkonstruktionen an den Himmel und warten auf das charakteristische bläuliche Glimmen. "Zurzeit beobachten wir das galaktische Zentrum und seine Umgebung sehr intensiv", berichtet Hofmann, "und eines der interessantesten Ergebnisse ist, dass wir eine sehr hochenergetische Gammastrahlung direkt aus diesem Zentrum sehen." Dank der neuen Teleskope können die Gamma-Astronomen erstmals sagen, dass die Quelle dieser Strahlung sich innerhalb einer Bogenminute vom Sternbild Sagittarius A* befindet, also dem Standort des Schwarzen Loches, das im Zentrum unserer Galaxis sitzt. Die Frage für die Forscher ist nun, welches Objekt dort die Gammateilchen derart auf Touren bringt. Manche verdächtigen das Schwarze Loch selbst, andere wiederum setzen auf eine Massierung von Dunkler Materie. "Wir vermuten, dass es sich um Strahlung aus einer Supernova handelt, Sagittarius A Ost, die vor zehntausend Jahren explodiert ist", so Hofmann. Die Sternenexplosion sieht man noch sehr gut im Röntgenbereich des Spektrums. Dass die energiereichere Gammastrahlung auch noch zu sehen ist, lasten die Forscher dem nahen Schwarzen Loch an, dessen starke Magnetfelder die Teilchen mehr oder weniger gefangen halten.

    [Quelle: Dirk Lorenzen]