10. Juni 2024
Blick in die Zeitungen von morgen

Kommentiert werden die Folgen der Europawahl für die Bundespolitik, für Frankreich und die gesamte EU.

Die Teilnehmerin einer Demonstration hat sich Europa-Fähnchen in die Frisur gesteckt.
Die Ergebnisse der Europawahl beschäftigen die Zeitungen weiter. (picture alliance / dpa / Sebastian Willnow)
Kein "business as usual" möglich, sagte Bundeskanzler Scholz am Abend angesichts der schlechten Ergebnisse der drei Regierungsparteien. "Für die lahmende Ampel ist die Wahl vielleicht die letzte Chance, noch einmal durchzustarten", findet der KÖLNER STADT-ANZEIGER und spricht von einem möglich "Weckruf".
"Die SPD ächzt unter ihrem Kanzler", bilanziert die LUDWIGSBURGER KREISZEITUNG und ergänzt: "Doch da ist keiner, der seine klammernden Hände vom Gitter des Kanzleramtes zu lösen vermag. Das Spiel auf Zeit bei der SPD geht deshalb weiter".
Die Sozialdemokraten "können Scholz vor die Wahl stellen, entweder er ändert sich und damit seine Politik, oder die politischen Verhältnisse ändern sich - in der Partei", schreibt der Berliner TAGESSPIEGEL.
Für den MÜNCHNER MERKUR sind die von Oppositionspolitikern geforderten Neuwahlen sehr unwahrscheinlich: "Der Kanzler will die dafür nötige Vertrauensfrage nicht stellen – und die Union wagt kein Misstrauensvotum, damit sich die wankenden Ampelkoalitionäre nicht noch enger aneinander klammern."
Die SCHWÄBISCHE ZEITUNG hat ein klares Urteil dazu: "Je früher gewählt wird, desto früher ist das Trauerspiel zu Ende. Angst vor dem Wähler ist ein schlechter Berater".
Neuwahlen gibt es hingegen in Frankreich. Dass Präsident Macron das Parlament wegen des schlechten Abschneidens seiner Partei bei der Europawahl aufgelöst hat, bewertet die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG so: "Macron verliert die Nerven. Es ist Hochrisiko-Politik der unklugen Art. Unter den vielen impulsiven Entscheidungen des Präsidenten könnte sich diese als verhängnisvoll entpuppen".
Die F.A.Z. mahnt: "Sollte am Ende Le Pens politischer Ziehsohn Premierminister werden, dann hätte Macron selbst Schützenhilfe bei der Demontage 'unseres Europas' geleistet, von dem er immer so predigerhaft redet."
Wegen des Erfolgs rechter Parteien auch bei jungen Wählern warnt ZEIT ONLINE davor, "das nur auf Tiktok und Protest zu schieben. Parteien wie die portugiesische Chega, die niederländische Partei für die Freiheit, die AfD oder der französische Rassemblement National verstehen es exzellent, die Sorgen der jungen Wähler aufzugreifen, die die älteren nicht oder nicht mehr haben".
Die LEIPZIGER VOLKSZEITUNG sieht die EU durch den Rechtsruck hingegen noch nicht endgültig in Gefahr: "Die gute Nachricht: Die Demokraten haben in Brüssel die Oberhand: Mit etwa 400 Abgeordneten stellen sie auch weiterhin die Mehrheit, müssen sich aber für eine starke EU zusammenraufen."