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Blick zurück zum Urknall

Astronomie. - Amerikanische Wissenschaftler haben das älteste Licht des Universums eingefangen und damit die bislang anerkannte Vorstellung von der Entwicklung des frühen Universums direkt nach dem Urknall, die so genannte Inflationstheorie, genau prüfen können. Ihre neuen Ergebnisse präsentierten sie auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Washington D.C..

Von Jan Lublinski | 17.03.2006
    Mit der Raumsonde WMAP, der Wilkinson Microwave Anisotropy Probe, scannen amerikanische Wissenschaftler seit fünf Jahren den gesamten Himmel ab. Sie messen spezielle Mikrowellen, die vom Urknall übrig geblieben sind. Ein Restleuchten vom Anfang unserer Welt, das Rückschüsse ermöglicht auf die Entwicklung des Universums direkt nach seiner Geburt. Vor drei Jahren publizierte das WMAP-Team die ersten Ergebnisse und bestätigte das bereits existierenden kosmologische Weltbild: Nach dem Urknall kam die so genannte Inflationsphase des Universums: In einem unvorstellbar kurzen Sekundenbruchteil hat sich der Kosmos von einem mikroskopischen Tropfen in astronomische Dimensionen aufgebläht. Jetzt geht das WMAP-Team wieder an die Öffentlichkeit, mit neuen Daten, diesmal unterstützt von Physik-Popstar Brian Greene, von der Columbia Universität. Er ist Autor des Buches "Das elegante Universum" und der Held einer Fernsehreihe über Stringtheorie.

    "Eine der großen Fragen, die die Menschen über Jahrzehnte hinweg immer wieder gestellt haben lautet: Woher kommen die Sterne und die Galaxien, woher kommt die Struktur im Universum? Die WMAP-Daten unterstützen die Vorstellung, dass es Quantenfluktuationen sind, winzige Schwankungen oder Unschärfen der kleinsten Teilchen, die im Laufe der Zeit immer größer geworden sind. Sie haben zunächst kleine Temperaturschwankungen hervorgerufen, und später dann die Zusammenballung von Materie in Form von Sternen ermöglicht. Die Galaxien sind also nicht anderes als die Gesetze der Quantenwelt - quer über den Himmel geschrieben. Für mich ist das eines der größten Wunder unser modernen Wissenschaftszeitalters."

    Die neuen wesentlich präziseren WMAP-Messungen ermöglichen es nun, verschiedene Inflationsmodelle, die Kosmologen entwickelt haben, genau zu prüfen. Möglich wird dies, weil das WMAP-Team nicht nur die Stärke des ältesten Lichtes im Universum messen konnte, sondern erstmals auch die Polarisation, also die Richtung in der das Licht schwingt, das von der Geburt des Kosmos übrig geblieben ist. Charles Bennett, der Leiter des WMAP-Teams von der Johns Hopkins Universität in Baltimore:

    "Die Polarisation erlaubt es uns, zwei physikalischen Effekte auseinander zu halten: Zum einen die Inflation und zum anderen das Licht der ersten Sterne. Das ist unser wichtigstes neues Resultat, das wir heute erstmals präsentieren können."

    Die neuen Ergebnisse bestätigen das moderne astronomische Weltbild ein weiteres Mal. Das Universum ist 13,7 Milliarden Jahre alt, es besteht zu 22 Prozent aus Dunkler Materie, die unsichtbar ist, und zu 74 Prozent aus einer noch unbekannten Dunkler Energie, die den Kosmos auseinander treibt. Brian Greene hält die präzisen WMAP-Messungen dennoch für eine historische Leistung:

    "Alle Zivilisationen in allen Kontinenten und Epochen haben ihre jeweils ganz eigene Schöpfungsgeschichte entwickelt. Das hängt damit zusammen, dass wir als Menschen immer unseren Ursprung suchen und fragen, wie das Universum begonnen hat. WMAP wird diese Fragen sicher nicht beantworten können, aber die Daten bringen uns einen großen Schritt in Richtung einer Antwort, weil wir nun einen präzisen, quantitativen Blick auf den ersten Moment des Universums erhalten. Ich bin sicher, dass die Wissenschaftler der Zukunft zurückschauen werden auf unsere Zeit, in der die Kosmologie erwachsen wurde von einer spekulativen Ideensammlung hin zu einer präzisen Wissenschaft. Und das WMAP-Team werden die Helden sein, an die man sich erinnert, weil sie diesen Fortschritt ermöglicht haben."

    Bevor es soweit ist müssen die potenziellen Helden aber noch eine schwierige Prüfung bestehen: Die Nasa wird das WMAP-Projekt demnächst evaluieren, um zu entscheiden, ob die Raumsonde tatsächlich noch, wie geplant, bis zum Jahr 2010 weiter betrieben werden soll. Sicher auch ein Grund, warum die Astronomen ihre neuen, präziseren Daten jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt haben.