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Blickkontrolle am Terminal

Seit drei Jahren wird am Frankfurter Flughafen die automatisierte biometriegestützte Grenzkontrolle getestet. Die Technik soll mehr Sicherheit bringen, die Abfertigung beschleunigen und Personal einsparen. Jetzt soll der Regelbetrieb eingeläutet werden.

Von Philip Banse | 22.03.2008
    "Das ist also die Autokontrollspur und dann gehen die Türen auf und Sie betreten diese Schleuse."

    Über 22.000 Flugpassagiere haben sich bisher freiwillig registriert für die automatisierte biometriegestützte Grenzkontrolle am Frankfurter Flughafen. Sie willigen ein, dass ein Bild ihrer Iris zusammen mit den Passdaten auf einem Rechner der Bundespolizei gespeichert wird.

    "Linksbündig auflegen."

    Nach der Registrierung legen die Reisenden am Frankfurter Flughafen ihren Pass einfach auf ein Lesegerät und werden in eine enge Kontroll-Schleuse gelassen.

    "Stellen Sie sich bitte auf die gelbe Fußmarkierung und schauen Sie in die Kamera."

    Die Iris des Reisenden wird mit der Iris auf dem Zentralrechner verglichen.

    "Ihre Iris wurde erfolgreich verifiziert. Verlassen Sie bitte die Schleuse."

    100 Fluggäste überqueren auf diese Weise täglich die Grenze am Frankfurter Flughafen. Jeder Zehnte wird vom System fälschlicherweise abgewiesen und muss von einem Beamten kontrolliert werden. Schuld daran seien zum überwiegenden Teil die Passagiere, weil sie etwa ihre Iris nicht rechtzeitig haben scannen lassen, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion. Zehn Prozent Falschabweisungen bei überdurchschnittlichen kooperativen Nutzern – dennoch wertet die Bundesregierung den dreijährigen Pilotversuch in der Antwort an die FDP-Fraktion als Erfolg. Zitat:

    "Die Einführung automatisierter und biometrischer Grenzkontrollen am Flughafen Frankfurt/Main stellt einen viel versprechenden Ansatz dar, welcher ein hohes Maß an Schutz und ein reibungsloses Überschreiten der Außengrenzen im Einklang mit den Grundsätzen einer respektvollen Behandlung gewährleistet."

    Eigentlich sollte der Pilotversuch Ende vergangenen Jahres auslaufen. Doch jetzt sieht alles danach aus, als würde die Testphase der Frankfurter Iris-Kontrolle nahtlos in den Dauerbetrieb übergehen und sogar noch erweitert werden. Auf die Frage, ob die Bundesregierung beabsichtigt, das Pilotprojekt am Flughafen Frankfurt/Main auszubauen und die biometrischen Kontroll-Automaten auch am Flughafen München aufzustellen, antwortet die Bundesregierung, Zitat:

    "Ja. Erste Überlegungen für einen Ausbau in Frankfurt/Main bestehen. In einem späteren Schritt könnte München folgen."

    Datenschützer kritisieren, dass für einen Dauerbetrieb die gesetzliche Grundlage fehle. Denn die biometrischen Daten werden auf einem Zentralrechner gespeichert, das aber verbieten das Pass- und Ausweisgesetz. Die Bundesregierung dagegen hält den Dauerbetrieb der Kontroll-Automaten mit Iris-Scanner für zulässig. Nach dem Datenschutzgesetz sei die Speicherung biometrischer Daten auf einem zentralen Rechner zulässig, wenn der Betroffene damit einverstanden ist. Alle Teilnehmer der Iris-Kontrolle müssen eine solche Einverständniserklärung unterschreiben. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar entgegnet, mit diesem Vorgehen werde geltendes Recht umgangen:

    "Ich habe große Zweifel an der rechtlichen Basis für einen Dauerbetrieb, denn wenn hier ausdrücklich die Sicherung eingebaut wird – auch seitens des Gesetzgebers – biometrische Daten nicht außerhalb der Pässe zu speichern und man über die Einwilligung dann doch zu einer solchen Speicherung kommt, dann halte ich das für hochgradig problematisch."

    Lange hatte es so ausgesehen, als sei die automatische Grenzkontrolle per Iris-Scan eine Sackgasse. Denn noch während des Frankfurter Experiments entschied sich die EU gegen die Iris und für die biometrischen Merkmale Fingerabdruck und Gesichtsbild. Der 1,5-Millionen Euro teure Pilotversuch drohte als Fehlinvestition zu enden, der Bundesrechnungshof durchleuchtet daher jetzt das Experiment. Doch gerade als der kritisierte Pilotversuch auslaufen soll, kommt ein rettender Plan aus Brüssel: EU-Innenkommissar Franco Frattini will bei der Ein- und Ausreise von nicht EU-Bürgern ein biometrisches Merkmal speichern: die Iris. Die Frankfurter Technik habe sich als sehr zuverlässig erwiesen. An einen Zufall wollen Datenschützer nicht glauben und deuten an, das Deutschland Druck gemacht hat, um dem Iris-Scan zum Masseneinsatz zu verhelfen. Für Weiterbetrieb und Ausbau der automatisierten biometriegestützten Grenzkontrolle hat die Bundesregierung Geld beim EU-Außengrenzenfond beantragt. Der Deutschlandfunk hat das Bundesinnenministerium um Stellungnahme gebeten. Das Ministerium verweist auf die Antworten zur Kleinen Anfrage der FDP und konnte niemanden für ein Interview zur Verfügung stellen.