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Blinkende Gaswolke

Astronomie. - Das Universum ist voll von leuchtenden Sternen und Galaxien - so scheint es. Tatsächlich machen Gas- und Staubwolken einen viel größeren Anteil des Weltalls aus - allerdings sind diese Wolken zumeist kalt und dunkel, also in den Teleskopen kaum auszumachen. In der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science" berichten Astronomen, wie sie so eine Wolke indirekt beobachtet haben, und wie die Natur ihnen dabei zu Hilfe kam.

    Pulsare sind Überreste von Sternen, die am Ende ihres Lebens explodierten. Astronomen benutzen ihre pulsierende Strahlung als Lampe, die die Materie zwischen ihnen und der Erde erleuchtet. Joel Weisberg vom Carleton College im US-Bundesstaat Minnesota untersucht mit ihrer Hilfe Gas- und Staubwolken im All: "Wir haben jetzt einen Pulsar beobachtet, um zu sehen, was mit seiner Strahlung passiert, wenn sie durch eine Wolke voller OH-Moleküle läuft. Meist schwächen Gas- und Staubwolken die Strahlung eines Pulsars - aber in diesem Fall haben wir etwas ganz Überraschendes festgestellt: Das Signal kommt stärker aus der Wolke heraus, als es hinein gelangt ist." Die Moleküle aus Wasser- und Sauerstoff wirken offenbar als Verstärker für die Mikrowellen- oder Radiostrahlung, so wie ein Laser Licht verstärkt.

    Joel Weisberg und seinem Team kommt dabei das Glück zu Hilfe. Die Strahlung des Pulsars läuft per Zufall durch die OH-Wolke. Dabei ist die kosmische Lampe wahrhaft außergewöhnlich. Es ist ein rotierender Neutronenstern mit etwa der Masse der Sonne, die allerdings auf einen Durchmesser von 20 Kilometern konzentriert ist. Weisberg: "Er dreht sich zweimal pro Sekunde um seine Achse und hat auf der einen Seite einen Leuchtkegel aus Radiostrahlung, ganz ähnlich wie der Lichtkegel eines Leuchtturms." Immer wenn dieser Leuchtkegel in Richtung Erde zeigt, kann man die OH-Wolke erkennen. Der Puls der Radiostrahlung des Pulsars dauert jeweils nicht viel länger als eine hundertstel Sekunde, und der Maser der Wolke dauert genau so lange.

    Der Pulsar ist etwa 14000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Die Wolke liegt gut auf halbem Wege zwischen uns und dem Pulsar - und die pulsierende Radiostrahlung läßt auch die Wolke geradezu blinken. Seit Ende der 60er Jahre haben die Astronomen etliche Maser im Kosmos entdeckt - aber dies ist der erste, der von einem Pulsar angeregt wird und der erste, der blinkt. Dank der neuen Beobachtungen können Joel Weisberg und seine Kollegen zumindest erahnen, was dort im All passiert: "Es zeigt sich, daß die Wolke viel klumpiger ist als die meisten anderen Wolken im Universum. Diese Wolke besteht nicht nur aus reinem Wasserstoff, dem häufigsten Material im Kosmos, sondern auch aus anderen Stoffen, wie dem OH-Molekül - und die Wolke ist sehr klumpig. Das ist ein klarer Hinweis, daß dort gerade Sterne entstehen." Das heißt für Astronomen, daß in dieser Wolke in etwa 500.000 bis einer Million Jahre die Bedingungen für die Geburt von neuen Sternen erreicht sein werden.

    [Quelle: Dirk Lorenzen]