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Blockade in Bangkok

Alle Flüge von und nach Bangkok mussten gestrichen werden, Tausende Passagiere sitzen seit Tagen fest: Die Blockade des internationalen Flughafens ist der bisherige Höhepunkt der Protestaktion, mit der Demonstranten die thailändische Regierung unter Somchai Wongsawat zum Rücktritt zwingen möchten. Die Regierung hat inzwischen den Ausnahmenzustand über die Flughäfen in Bangkok verhängt und verhandelt mit den Besetzern.

Von Bernd Musch-Borowska |
    Kämpfen bis zum bitteren Ende. Die Demonstranten am Flughafen in Bangkok haben sich auf gewaltsame Zusammenstösse mit den Sicherheitskräften vorbereitet. Auf den Zufahrtsstraßen zu dem seit Tagen besetzten Internationalen Flughafen in der thailändischen Hauptstadt wurden Barrikaden errichtet. Wir haben keine Angst, sagten die Wachposten der sogenannten Volksallianz für Demokratie, PAD.

    "Sollen sie doch kommen. Wir haben keine Angst vor der Polizei. Kommt nur, wir erwarten Euch. Wir lassen nicht mehr zu, dass sie das Volk belügen."

    Angeblich sind sie nicht bewaffnet. Pathompong Kesornsook, einer der Anführer der Oppositionsbewegung:

    "Heute muss hier niemand verletzt werden. Wir haben den Sicherheitskräften der PAD befohlen, keine Waffen zu tragen. Wenn jemand eine Waffe trägt, dann ist er nicht von uns."

    Die Polizei hatte mit den Demonstranten über eine Freigabe des Flughafens verhandelt. Doch die verlangten den Rücktritt der Regierung.

    "Solange der Premierminister sich weigert zurückzutreten, solange werden wir weitermachen. Erst wenn Somchai geht, gehen wir auch."

    Der Regierungschef konnte wegen der Flughafen-Blockade nicht vom APEC-Gipfel in Peru nach Bangkok zurückkehren und hat den Regierungssitz nach Chiang Mai im Norden Thailands verlegt. Über die beiden Flughäfen in der Hauptstadt verhängte er den Ausnahmezustand, doch an das damit verbundene Versammlungsverbot hielt sich niemand.

    In einer Fernsehansprache kündigte er Maßnahmen gegen die Besetzer des Flughafens in Bangkok an:

    "Ich möchte der gesamten Nation versprechen, dass ich die Demokratie schützen und Recht und Ordnung im Land aufrechterhalten werde. Ich werde das Volk schützen und mit Besonnenheit zum Wohl des Landes und des Volkes handeln."

    Premierminister Somchai Wongsawat ist ein Schwager des früheren Premierministers Thaksin Shinawatra, der vor zwei Jahren durch einen Militärputsch gestürzt worden war.

    Die sogenannte Volksallianz für Demokratie wirft der Regierung vor, von Thaksin gesteuert zu sein. Der milliardenschwere Geschäftsmann ist wegen Amtsmissbrauchs zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden und ins Exil geflohen.

    Anfang der Woche hatten 10.000 Anhänger der PAD das Parlamentsgebäude umzingelt, um zu verhindern, dass die Regierungsparteien eine Verfassungsänderung beschließen. Damit sei, so hieß es, eine Amnestie für die Regierungspartei PPP geplant, der wegen Stimmenkaufs bei der letzten Parlamentswahl die Auflösung droht.

    "Das alles hier wäre nicht nötig, wenn die Regierung moralische Prinzipien hätte. Dieses Gebäude hier ist kein Parlament, das ist eine Verbrecherbude, dort sitzen nur Kriminelle. Die Thailänder müssen erkennen, dass wenn wir jetzt nicht aufstehen und kämpfen, dann gibt es bald nichts mehr in diesem Land, wofür es sich zu kämpfen lohnt."

    Die Demonstranten befürchten, dass die Regierung auch eine Amnestie für den gestürzten früheren Premierminister Thaksin durchsetzen will. Der hatte vor kurzem seine baldige Rückkehr in die thailändische Politik angekündigt. Das wollen die Regierungsgegner verhindern:

    "Es geht nicht nur darum, ob der Premierminister zurücktritt oder nicht. Es geht darum, wer im Hintergrund die Strippen zieht. Es ist doch deutlich geworden, dass der Premierminister sich nicht um das Volk schert."

    "Somchai ist verantwortlich für die ganze Situation, für den Schaden der dem Land zugefügt wurde. Er ist der politische Führer, er sollte wissen, was er jetzt zu tun hat."

    Seit August haben die Regierungsgegner den Amtssitz des Premierministers in der thailändischen Hauptstadt besetzt. Die Blockade des internationalen Flughafens war der bisherige Höhepunkt der Protestaktionen zum Sturz der Regierung.

    Alle Flüge von und nach Bangkok mussten gestrichen werden. Der Suvarnabhumi-Airport ist ein wichtiges Drehkreuz des internationalen Luftverkehrs in Südostasien. Zehntausende Passagiere sitzen seit Tagen fest.

    Urlauber mit kleinen Kindern warteten im Terminal des internationalen Flughafens zwischen ihren Koffern auf den Weiterflug.

    "Ich bin verärgert und traurig. Ich hab zwei kleine Kinder hier, die sind krank und wir wollen einfach nur nach Hause."

    Die gestrandeten Touristen wurden notdürftig von den Anhängern der sogenannten Volksallianz für Demokratie mit Wasser und Lebensmitteln versorgt.

    Nach tagelangem Warten wächst die Nervosität. Immer wieder gibt es Emotionsausbrüche von genervten Passagieren, die nicht nach Hause fliegen oder ihren Urlaubsort erreichen können.

    "Ich will nach Phuket. Ich kann nicht mit dem Bus fahren, auch nicht mit dem Zug. Wie soll ich da hin kommen?"

    Ein amerikanischer Tourist machte den Demonstranten Vorwürfe wegen seiner geplatzten Reisepläne:

    "Habt Ihr eigentlich eine Vorstellung, wie vielen Menschen ihr die Urlaubsreise verdorben habt?"

    Es tue ihr leid, sagte die Demonstrantin. Sie habe dem Urlauber nicht schaden wollen.

    Auch viele deutsche Urlauber warten in Bangkok auf ihre Weiterreise oder den Rückflug nach Deutschland. Die Reiseveranstalter und Fluggesellschaften bemühen sich darum, möglichst viele der festsitzenden Passagiere auszufliegen. Die thailändischen Behörden öffneten einen alten Militärflugplatz südlich von Bangkok geöffnet. Dort und am Ferienort Pattaya, etwa zwei Autostunden von Bangkok aus, wurden bereits zahlreiche Flüge abgefertigt. Andere warten in Hotels in Bangkok auf ihren Rückflug:

    "Wir genießen jetzt noch das Hotel und Bangkok. Aber am Montag müssen wir wieder zur Arbeit. Da müssen wir sehen, dass wir irgendeinen Flug bekommen."

    "Im Moment ist es noch ganz gut. Wir sind hier untergebracht und haben unser Gepäck. Wir müssen nicht dort im Terminal sitzen. Das ist die positive Seite der Geschichte."

    Derweil geht der Machtkampf in Thailand weiter. Die Hauptakteure sitzen am Pokertisch, schrieb die Tageszeitung "The Nation". Die außerparlamentarische Opposition PAD, die den Sturz der Regierung erzwingen will, Regierungschef Somchai Wongsawat, der sich auf den Wahlsieg seiner Partei beruft und die Mehrheit des Volkes hinter sich weiß, und Armeechef Anupong Poachinda, der sich bislang zurückhält. Nachdem er sich jedoch für eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen ausgesprochen hat, wird darüber spekuliert, dass er entlassen werden soll.