Es ist deutlich, dass hier etwas Besonderes passiert, etwas, das den normalen Kunstbetrieb nicht nur überschreitet, sondern außer Kraft setzt. Die fast religiöse Konzentration auf eine Sache, einen Raum, ein Material, eine Form, einen Zustand - das ist etwas, das wir kaum noch kennen. Wolfgang Laib, 1950 in Metzingen bei Reutlingen geboren, lockt uns in eine Welt, die aus Blütenstaub besteht und aus Gerüchen, aus Zerbrechlichem und Vergänglichem also, und die, wenn man sich denn darauf einlässt, die Sinne weit macht und die Augen flirren lässt.
Das klingt sehr esoterisch, und in der Tat wirkt der Künstler ein wenig wie ein fernöstlicher Mönch, schmal, klein, bescheiden, vorsichtig - auch im Gespräch. Der richtige Begriff für seine Kunst wäre, so glaube ich, "Spiritualität", also etwas, was mit Versenkung, Abgeschiedenheit, Rückzug zu tun hat und die gängigen Klischees etablierter Religionen hinter sich lässt. Kunst ist Konzentration - und dass Wolfgang Laib sich oft in Asien, in Indien vor allem, aufhält, hat ihn nicht zum erleuchteten Dogmatiker gemacht, sondern ihm als Künstler neue Wege geöffnet: Laib sei jemand, so schrieb der kürzlich verstorbene Harald Szeemann, der "durch kleinste skulpturale Gesten unermesslich weite innere Räume aufzeigt".
Besser kann man es kaum sagen. Es ist eine Kunst der Stille, die Laib betreibt, und in den weiten weißen Kuben der Fondation Beyeler bekommt sie nun die Luft zum Atmen. Schon im großen Empfangs-Foyer stehen, auf altertümlichen Stelzen, Schiffe, Nachen aus Bienenwachs, schon hier gibt es diesen seltsamen Duft mit der impliziten Einladung ans Publikum, sich in Bewegung zu setzen - in einen intellektuellen Klangraum jenseits des Verwertungsdenkens.
Betritt man dann die Ausstellungsfläche, so ist man geblendet von dem starken Weiß der hohen Räume, in denen gelbe Blütenstaubfelder die Augen in Irritation versetzen. Es gibt nur das Gelb und das Weiß und den Raum - und den Betrachter. Es ist nicht anzuraten, die Ausstellung im Pulk zu besuchen, es braucht ein wenig sakrale Ruhe für diese Werke; man kann auch nicht Otto Pienes "Schwarze Sonne" im Supermarkt angucken.
Piene und seine "ZERO"-Gruppe der 1960iger Jahre sind aber ein guter Referenzpunkt, um Wolfgang Laibs Herkommen aus Konzept und Minimalismus zu erklären: Piene installierte ganz schwarze Räume, in denen der Betrachter mit einem künstlichen Sternenhimmel allein war; Laib lässt den Zuschauer in einer weißen Weite oder führt ihn in stollenartige, mit dunkelgelben Bienenwachsplatten ausgelegte, sich nach hinten verengende Höhlen, in einen Duftraum, der einem bewusst macht, was wir jeden Tag an möglichen Wohlgerüchen verpassen, der aber gleichzeitig ein Grab ist.
"Das Vergängliche ist das Ewige" heißt die Ausstellung. Vergänglich ist der Mensch, vergänglich und zerstörbar sind auch die organischen Materialien, mit den Laib arbeitet: ein Hauch, ein Luftzug, das Ganze fliegt davon. Laib zeigt uns auf Bildern seinen Arbeits-Prozess: das mühsame Sammeln der Blütenpollen, das Auslegen. In einen "Milchstein", eine weiße rechteckige Form, muss täglich neu Milch eingefüllt werden - das Vergießen von Milch ist bei Freud sexuell hoch konnotiert, hier gemahnt es eher an religiöse Trank-Opfer und an das Zusammenspiel von Festem und Flüssigem, eben von Stein und Milch. Das alles ist natürlich von fernöstlicher, vor allem indischer Philosophie geprägt: den Aufstieg in Spiritualität sollen auch Laibs - freilich unbegehbare - riesige Wachstreppen ermöglichen; die Geschlossenheit, die Setzung des Organischen zeigt Laibs "Brahmanda", ein zum Welten-Ei gerundeter und glatt polierter Findling, der mit seinen Steinadern wie gläsern vor uns liegt.
Der studierte Mediziner Wolfgang Laib entwirft Gegenwelten zur globalisierten Technologie. Er lehrt die Bescheidenheit. Laib legt kleine Reismahlzeiten aus, in symbolisch bedeutsamen Zahlenfolgen, und zeigt uns mit seinen fünf "unbesteigbaren Bergen", dass das Kleinste das Schwierigste ist. Diese Berge aus gelbem Blütenstaub sind nur sieben Zentimeter hoch. Man kann sie zerstören - ihren Gipfel wird man nie erreichen.
Das klingt sehr esoterisch, und in der Tat wirkt der Künstler ein wenig wie ein fernöstlicher Mönch, schmal, klein, bescheiden, vorsichtig - auch im Gespräch. Der richtige Begriff für seine Kunst wäre, so glaube ich, "Spiritualität", also etwas, was mit Versenkung, Abgeschiedenheit, Rückzug zu tun hat und die gängigen Klischees etablierter Religionen hinter sich lässt. Kunst ist Konzentration - und dass Wolfgang Laib sich oft in Asien, in Indien vor allem, aufhält, hat ihn nicht zum erleuchteten Dogmatiker gemacht, sondern ihm als Künstler neue Wege geöffnet: Laib sei jemand, so schrieb der kürzlich verstorbene Harald Szeemann, der "durch kleinste skulpturale Gesten unermesslich weite innere Räume aufzeigt".
Besser kann man es kaum sagen. Es ist eine Kunst der Stille, die Laib betreibt, und in den weiten weißen Kuben der Fondation Beyeler bekommt sie nun die Luft zum Atmen. Schon im großen Empfangs-Foyer stehen, auf altertümlichen Stelzen, Schiffe, Nachen aus Bienenwachs, schon hier gibt es diesen seltsamen Duft mit der impliziten Einladung ans Publikum, sich in Bewegung zu setzen - in einen intellektuellen Klangraum jenseits des Verwertungsdenkens.
Betritt man dann die Ausstellungsfläche, so ist man geblendet von dem starken Weiß der hohen Räume, in denen gelbe Blütenstaubfelder die Augen in Irritation versetzen. Es gibt nur das Gelb und das Weiß und den Raum - und den Betrachter. Es ist nicht anzuraten, die Ausstellung im Pulk zu besuchen, es braucht ein wenig sakrale Ruhe für diese Werke; man kann auch nicht Otto Pienes "Schwarze Sonne" im Supermarkt angucken.
Piene und seine "ZERO"-Gruppe der 1960iger Jahre sind aber ein guter Referenzpunkt, um Wolfgang Laibs Herkommen aus Konzept und Minimalismus zu erklären: Piene installierte ganz schwarze Räume, in denen der Betrachter mit einem künstlichen Sternenhimmel allein war; Laib lässt den Zuschauer in einer weißen Weite oder führt ihn in stollenartige, mit dunkelgelben Bienenwachsplatten ausgelegte, sich nach hinten verengende Höhlen, in einen Duftraum, der einem bewusst macht, was wir jeden Tag an möglichen Wohlgerüchen verpassen, der aber gleichzeitig ein Grab ist.
"Das Vergängliche ist das Ewige" heißt die Ausstellung. Vergänglich ist der Mensch, vergänglich und zerstörbar sind auch die organischen Materialien, mit den Laib arbeitet: ein Hauch, ein Luftzug, das Ganze fliegt davon. Laib zeigt uns auf Bildern seinen Arbeits-Prozess: das mühsame Sammeln der Blütenpollen, das Auslegen. In einen "Milchstein", eine weiße rechteckige Form, muss täglich neu Milch eingefüllt werden - das Vergießen von Milch ist bei Freud sexuell hoch konnotiert, hier gemahnt es eher an religiöse Trank-Opfer und an das Zusammenspiel von Festem und Flüssigem, eben von Stein und Milch. Das alles ist natürlich von fernöstlicher, vor allem indischer Philosophie geprägt: den Aufstieg in Spiritualität sollen auch Laibs - freilich unbegehbare - riesige Wachstreppen ermöglichen; die Geschlossenheit, die Setzung des Organischen zeigt Laibs "Brahmanda", ein zum Welten-Ei gerundeter und glatt polierter Findling, der mit seinen Steinadern wie gläsern vor uns liegt.
Der studierte Mediziner Wolfgang Laib entwirft Gegenwelten zur globalisierten Technologie. Er lehrt die Bescheidenheit. Laib legt kleine Reismahlzeiten aus, in symbolisch bedeutsamen Zahlenfolgen, und zeigt uns mit seinen fünf "unbesteigbaren Bergen", dass das Kleinste das Schwierigste ist. Diese Berge aus gelbem Blütenstaub sind nur sieben Zentimeter hoch. Man kann sie zerstören - ihren Gipfel wird man nie erreichen.