Donnerstag, 16. Mai 2024

Archiv


Blumenerde ohne Torf

In Deutschland sind bereits 95 Prozent der in Deutschland trocken gelegten Hochmoore mitsamt ihrer Flora und Fauna durch Torfabbau unwiederbringlich zerstört. Unter Blumenerde gemischt sorgt der Torf jetzt beispielsweise in Städten für Pflanzenvielfalt auf den Balkonen. Die meisten Pflanzen könnten aber auch ohne Torf gedeihen. Gartenexperte Christoph Scheerers unterstützt mit seiner Firma seit eineinhalb Jahren Projekte, die teilweise mit wenig oder ohne Torf auskommen.

Von Beatrice Zajda | 03.05.2006
    " Es handelt sich in der Regel um Schnittgras und Holzreste, die dann eben kompostiert werden. Es laufen zur Zeit Versuche, wo man absolut torffrei arbeitet."

    Ganz ohne Torf auszukommen, das ist das Ziel der Untersuchungen, die zum einen mit Grünpflanzen und zum anderen mit Weihnachtssternen im Auftrag von Christoph Scheerers Firma laufen:

    " Es wird ein Produkt werden, welches sich aus verschiedenen Dingen zusammensetzt, Rinde, Kokosfasern, Reisspelsen, so dass je nach Pflanze, je nach Kultur in der bestimmten Zusammenstellung ein optimales Medium gefunden wird, in der die Pflanze dann heranwachsen kann. "

    Seit über zehn Jahren gibt es bereits Erde ohne Torf im Blumenmarkt. Aber, so die Erinnerung von Gartenbauexperte Patric Veltman:

    " Das ist jetzt 14 Jahre her. Die Produkte waren damals unausgereift und nicht verkäuflich. Im Grunde genommen bestand diese Erde aus Holz, aus Holzspänen, die das Wasser nicht speichern konnten, die keinen vernünftigen Halt für die Pflanzen geboten haben und demzufolge natürlich auch sehr schnell vertrockneten."

    Auch die Qualität von torffreier Erde hat sich in den letzten Jahren verbessert:

    " Vor circa zweieinhalb Jahren haben wir von einem Hersteller eine neue torffreie Erde bekommen, die haben wir dann im Haus ausgiebig getestet, und haben dann festgestellt, die kommt sehr nah an eine torfhaltige Erde dran, und die können wir auch guten Gewissens verkaufen."

    Die meisten Pflanzen vertragen diese Erde, doch es gibt Ausnahmen: Kamelien, Rhododendrenpflanzen und Azaleen brauchen einen gewissen Anteil von Torf, um den für sie wichtigen sauren pH-Wert zu erhalten. Eine Alternative wären allenfalls chemische Zusätze. Ganz klein ist das Schild von torffreier Erde im Gartenbaubetrieb von Patric Veltman. Die wenigsten Endverbraucher fragen gezielt nach Erde ohne Torf:

    " Ich würde sagen, dass ein Sack Erde mit 45 Liter ungefähr vier Euro teurer ist. Die meisten Verbraucher kaufen über den Preis. Sie greifen zu torfhaltiger Erde. Diese Erde ist cirka 30 Prozent günstiger als die ohne Torf. Es liegt natürlich auch daran vom Hersteller und von unserer Seite aus, dass es keine besondere Beschilderung gibt."

    Ist Rinde als Alternative zu Torf eigentlich umweltverträglicher? Christoph Scheerer meint ja:

    "Die Rinde, die gewonnen wird, ist schon gezielt zur Verarbeitung in Substraten produziert, so dass nicht ein zusätzlicher Schaden an der Umwelt geschieht. Es sind speziell gewonnene und veredelte Rinden, die teilweise aus Frankreich, teilweise aus Portugal stammen. Das sind spezielle Baumbestände, die dann herangezogen werden. "

    Abfallprodukte aus Reis werden schon seit einigen Jahren der Blumenerde erfolgreich zugesetzt:

    " Reisspelzen - das ist die Hülle des Reiskornes. Der Reis hat eine Hülle, Reis ist ja auch eine Hülsenfrucht. Diese Reisspelzen sind praktisch die Verpackung des Reiskornes. "
    Christoph Scheerer erwartet zu Sommeranfang erste Ergebnisse der Entwicklungsarbeit.