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Blutige Erde

In Simbabwe forderte die so genannte Landreform bereits Tote: Mehr als 40 Menschen kamen nach Schätzungen ums Leben als in dem südafrikanischen Land "Kriegsveteranen" den Grund und Boden von weißen Eigentümern besetzten.

von: Michael Ruffert |
    In Simbabwe forderte die so genannte Landreform bereits Tote: Mehr als 40 Menschen kamen nach Schätzungen ums Leben als in dem südafrikanischen Land "Kriegsveteranen" den Grund und Boden von weißen Eigentümern besetzten.

    Der greise Diktator Robert Mugabe missbraucht die Landfrage, um sich an der Macht zu halten. Die weißen Farmer dienen als Sündenböcke für die Wirtschaftskrise, die Landvergabe wird zum Fang von Wählerstimmen bei den Präsidentschaftswahlen genutzt. Mugabe diskreditiert damit das Instrument der "Landreform" ? denn die ungleiche Verteilung des Bodens ist in vielen Entwicklungsländer tatsächlich ein Grund für Hunger und Elend. Um Armut zu bekämpfen, reicht es aber nicht aus, das Land nur neu zu verteilen, meint der Marburger Agrarexperte, Professor Michael Kirk.

    "Reine Landreformen, die nur auf Umverteilung abspielen, wie beispielsweise jetzt sehr kontrovers diskutiert in Simbabwe, wo das hochkommt, oder in anderen Ländern in der Vergangenheit haben sich eigentlich immer als Fehlschläge erwiesen

    Agrarreform berücksichtigt, das Hauptproblem, was dabei auftaucht, nämlich, dass diese neuen Kleinbetriebe häufig nicht in der Lage sind, selbstständig zu wirtschaften, dass es ihnen an Beratung fehlt, an Kredit fehlt, an Material fehlt, an Vermarktungsmöglichkeiten ? und nur dieses breitere Konzept, denke ich, ist etwas, was in der Zukunft auch Erfolg hat."

    In den Agrarregionen der Dritten Welt besitzen rund 900 Millionen Menschen kein Land. Der fruchtbare Boden gehört oft einigen, wenigen reichen Großgrundbesitzern oder, besonders im südlichen Afrika, weißen Farmern. Der Welternährungsgipfel in Rom plädierte 1996 für Land- und Agrarreformen. Sie sollen es den Menschen in Entwicklungsländern ermöglichen, eigene Äcker zu bestellen oder Vieh auf eigenem Land zu halten ? und damit ihre Ernährung zu sichern.

    Agrarreformen können ein Beitrag zum Kampf gegen den Hunger sein. Immer noch haben weltweit mehr als 800 Millionen Menschen nicht genug zu essen ? und die meisten von ihnen leben auf dem Land.

    Diese Erkenntnis dringt auch immer mehr in der deutschen Entwicklungspolitik durch: Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) veranstaltet inzwischen regelmäßig "Bodenpolitische Foren", auf denen sich Wissenschaftler und Experten über die Chancen und Risiken von Agrarreformen austauschen. Die GTZ unterstützt Vorhaben auf den Philippinen, in Lesotho und bald in Namibia. Christian Graefen, GTZ-Fachplaner für ländliche Entwicklung, über die Bedeutung von Agrarreformen.

    "Ich denke, es wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen, gerade wenn man sich vor Augen hält, dass eben in sehr vielen Gesellschaften die Landfrage und die Verfügbarkeit von Land ein ganz entscheidender Faktor ist, bei der Armutsbekämpfung, das gilt natürlich ganz besonders in den Gesellschaften, in denen großen Ungleichheiten im Landzugang sind, sprich in Lateinamerika, im südlichen Afrika, zum Teil natürlich auch in Südasien und Südostasien." Das Landreformen erst spät zum entwicklungspolitischen Thema wurden, lag am Ost-Westkonflikt. Die Ideologien überlagerten die ökonomischen Probleme und Ziele. In der Marktwirtschaft wird Privateigentum betont, sozialistische Länder setzen auf Staatseigentum. Landreformen wurde schnell zum Spielball der Systeme ? heute gibt es dagegen, so Michael Kirk, eine neue Offenheit und eine Entidelogisierung der Debatte. Die Möglichkeiten der Entwicklungspolitik bleiben aber begrenzt.

    "Entwicklungspolitik unterstützt in den selten Fällen direkt Landreform im Sinne von Umverteilung. Ich kenne kein Land und keine internationale Organisation, die bereit ist Gelder für eine vom Staat erzwungene Landumverteilung zu geben, um hier die Enteigneten zu Entschädigungen. Entwicklungspolitik wird hauptsächlich ansetzen in den abpuffernden Maßnahmen: Kreditversorgung, Beratungsdienste, Infrastruktur und so weiter." Kritiker aus nichtstaatlichen Organisationen mahnen aber, ohne Druck oder Hilfe von außen komme die Umverteilung von Land nicht voran. Es gebe immer mehr Absichtserklärungen für eine verbesserten Zugang zu Land für die Armen dieser Welt. In der Mehrzahl der Staaten des Südens seien Agrarreformen aber ins Stocken geraten - die Widerstände von Großgrundbesitzern seien weiterhin stark.