Freitag, 26. April 2024

Archiv

Bob
Millionen für den Eiskanal

Deutschland lässt sich seinen Bob- und Schlittensport einiges kosten. Zu viel, finden viele. Nicht zuletzt das schlechte Abschneiden der deutschen Bobfahrer in Sotschi befeuert diese Diskussion.

Von Robert Kempe | 19.02.2014
    Es sind nahezu einmalige Bedingungen, die der Bob-und Schlittenverband BSD in Deutschland genießt. Von sechzehn Kunsteisbahnen, die es weltweit gibt, stehen allein vier in Deutschland. Das ist Weltrekord. Und den lässt sich der Staat einiges kosten. In den vier Jahren vor Sotschi flossen rund 47 Millionen Euro Steuergeld in die Betreibung dieser kostspieligen Anlagen, so berichtet es das WDR-Magazin sport inside. Beste Trainingsmöglichkeiten für deutsche Athleten. Andere Länder können davon nur träumen, sagt Erich Schärer. Der Schweizer war 1980 Olympiasieger im 2er-Bob. Heute ist er Vizepräsident des Schweizer Verbandes:
    "In Deutschland gibt es vier Bahnen. Die sind von Oktober bis Ende Februar, oder bis in den März, sind die offen. Da kann man trainieren. Wir haben eine, die ist die einzige Natureisbahn auf der Welt, die es noch gibt. Aber da können wir vielleicht von Weihnachten zwei Monate fahren. Die, wo international unterwegs sind, die sind praktisch vielleicht mal eine Woche in St. Moritz. Sonst sind sie nie da. Davon können wir nicht profitieren."
    Profitieren kann der deutsche Verband auch vom FES. Das Berliner Institut – aus dem DDR Sport übernommen - entwickelt Sportgeräte, damit deutsche Athleten erfolgreich sind. Dafür wird es vom Staat finanziell gefördert. Vier Millionen flossen in die Entwicklung der Rennschlitten und Bobs in den Jahren vor Sotschi. Der FES-Bob wird nun für das bisher eher enttäuschende Abschneiden verantwortlich gemacht. Die Entwicklung des 2er-Bobs verschlang nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 800.000 Euro – die des 4er-Bobs gut eine Million.
    "Der Bobsport ist grundsätzlich zu teuer. Der ist finanzierbar, wenn es über die Verbände oder den Staat, hauptsächlich Staat geht. Beispiel zu meiner Zeit mit der DDR, da hat der Staat alles finanziert, das ist glaube ich in Deutschland heute nicht viel anders. Da sind so viele Kaderathleten dabei, wo alle finanziert werden, die Sommer und Winter natürlich, was bei uns ganz was anderes ist. Bei uns wird gearbeitet, im Winter wird dann Bob gefahren und wir müssen uns selbst finanzieren."
    Vielen Nationen geht es ähnlich wie der Schweiz. Der internationale Bobverband führt 64 Mitgliedsländer. Weniger als die Hälfte starten in Sotschi. Chancen auf Medaillen haben nur ein paar. Dafür erhielt der BSD in den vier Jahren vor Sotschi zwölf Millionen Euro Sportförderung. Dem Verband kamen somit an indirekter und direkter Förderung über 60 Millionen Euro zu. Diese Summe sei unverhältnismäßig, sagt der Sportphilosoph Gunter Gebauer:
    "Die erscheint wahrscheinlich nur dadurch gerechtfertigt, dass diese Sportarten besonders viel Edelmetall für Deutschland holen. Anders kann ich keine Rechtfertigung sehen."