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Bodensee an Mars

Funkamateure imponieren immer wieder durch ihre Professionalität in Sachen drahtloser Nachrichtenübermittlung. Auf der HAM Radio in Friedrichshafen präsentieren sie jetzt wieder ein ambitioniertes Projekt: Bis in drei Jahren soll eine Amateurfunksonde zum Mars starten und von dort Signale zur Erde senden.

Von Thomas Wagner |
    Zwei Meter durchmisst jenes metallische Sechseck, das nach dem geplanten Start in etwa drei Jahren Weltraumgeschichte schreiben soll: "P5a" lautet die etwas technokratische Bezeichnung für diese erste Mars-Sonde unter privater Regie. Betreiber wird die weltweit arbeitenden Amateurfunkgruppe "Amsat" sein, die bereits mehrere Satelliten in die Erdumlaufbahn geschickt hat. "P5a" dient vor allem einem Zweck: Nämlich der Erprobung wesentlich einfacherer und damit kostengünstigerer Funkstrecken als bei den bisherigen Marsmissionen von ESA und Nasa. Das digitale Funksignal soll über 400 Millionen Kilometer hinweg auf einer Frequenz von etwa zehn Gigahertz gesendet werden - und für jeden Funkamateur auf der Erde mit einfachen Mitteln empfangbar sein. Die Frequenz haben die Funkamateure nicht nur wegen der günstigen Ausbreitungsbedingungen im Weltraum gewählt. Dr. Achim Vollhardt arbeitet als Physiker an der Universität Zürich und ist Vorstandsmitglied der deutschen "Amsat"-Gruppe:

    "Das ist vom Frequenzband her leicht unter dem Frequenzbereich gängiger TV-Satelliten wie Astra, Eutelsat oder Hot-Bird, so dass dort die Funkamateure die Gelegenheit haben, kommerzielles Equipment, kommerzielle Antennen, die eigentlich in jedem Baumarkt zu erhalten sind, verwenden können, umrüsten können für diese leicht veränderte Frequenzlage, und dort im Amateurfunkband, das ja für jeden Amateurfunker auf der Welt frei zugänglich ist, empfangbar ist. Und so wird eigentlich jeder Amateurfunker in die Lage versetzt, die Daten vom Mars, von unserem P5A-Orbiter, direkt zu empfangen."

    Doch um welche Daten geht es? Das hängt davon ab, mit welchem wissenschaftlichen Kooperationspartner die "Amsat" zusammen arbeitet. Im Gespräch mit verschiedenen Hochschulen ist derzeit angedacht, mehrere jeweils zehn Zentimeter große Mini-Satelliten, so genannte "Cube-Sats", "huckepack" an Bord von "P5A" zum Mars zu schicken. Dort sollen diese Cube-Sats in einem stabilen Orbit ausgesetzt und so positioniert werden, dass sie funktechnisch von einem möglichen großen Teil der Marsoberfläche erreichbar sind. Die Raumsonde "P5A" bildet somit zusammen mit den winzigen Cube-Sats ein umfassendes Kommunikationsnetzwerk.

    "Zum einen lässt sich damit ein Planeten umspannendes Kommunikationssystem aufbauen, das zum Beispiel Landemissionen anderer Institutionen und Projekten helfen kann. Zum anderen ist es aber so, dass durch die schiere Anwesenheit eines solchen Kommunikationssignals, was von einem Kleinsatelliten zu einem Muttersatelliten gesendet wird, aufgrund dessen, dass dann beide Satelliten um den Mars kreisen, von der Mars-Atmosphäre unter Umständen mal gegenseitig abgeblockt werden - dieser Moment des Abblockens lässt Rückschlüsse zu auf die Zusammensetzung der Marsatmosphäre in den verschiedenen Höhenlagen und auf verschiedenen Frequenzen. Man kann also, wie mit einem Röntgengerät, jetzt eben nicht mit Röntgen-, sondern mit Funkstrahlen die Marsatmosphäre durchleuchten wie einen Patienten."

    Darüber hinaus, so "Amsat"-Sprecher Achim Vollhardt, werden die Funkamateure auch ständig über den Zustand 'ihrer' Marssonde auf dem Laufenden gehalten: Die Position, der Ladezustand der Batterie und der aktuelle wissenschaftliche Missionsstand sollen permanent zur Erde gefunkt werden. Damit dies mit möglichst wenig Aufwand klappt, verwenden die Funkamateure ein spezielles Lagerungs-System. Das soll gewährleisten, dass der Satellit mit seiner Antenne ständig direkt zur Erde zeigt, um eine bestmögliche Verbindungsqualität sicherstellen zu können. "Herz" des Systems ist eine Metallplatte, auf die der Satellit gelagert ist, und die ausschließlich durch Magnetfelder in ihrer jeweiligen Position gehalten wird. Professor Karl Meinzer von "Amsat"-Deutschland:

    "Und durch diese magnetische Lagerung gibt es auch keinen Verschleiß, weil ja nichts aneinander reibt. Die Kommunikationstechnik lebt unmittelbar davon. Denn wir verwenden ja an dem P5a-Raumfahrzeug eine zwei Meter große Antenne, die nach diesem Prinzip hier arbeitet. Und diese Antenne muss genau auf die Erde immer ausgerichtet werden, damit sie funktioniert. Und das wird durch diese Räder erreicht: Damit richten wir den Satelliten immer so aus, dass er genau zur Erde schaut. Dadurch können wir diese Funkstrecken so leicht überbrücken, dass selbst kleinere Bodenanlagen die Signale empfangen können."

    Im Jahre 2011 soll "P5a" vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou aus gestartet werden. Das Jahr 2011 ist, wegen der planetarischen Konstellation, besonders günstig für einen Start. Aus Kostengründen kommt die etwa zehn Millionen Euro teure Marssonde gemeinsam mit einem kommerziellen Satelliten an Bord der Trägerrakete. Dann wird sie quasi "per Weltraum-Anhalter" zunächst in eine Erdumlaufbahn befördert. Mit der Kraft der eigenen Antriebe, so "Amsat"-Experte Achim Vollhardt, soll die Sonde "P5a" aus dieser Erdumlaufbahn ausbrechen und auf ihre interplanetare Reise zum Mars starten.

    "Was auch ein Novum eigentlich ist in der Weltraumgeschichte. Soweit mir bekannt ist, werden allen interplanetaren Sonden von ihren Trägerraketen direkt auf ihre Bahn gebracht, während wir uns quasi darum selbst bemühen müssen."

    http://www.amsat-dl.org/