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Bodenverdichtung

Bei nassem Wetter wie heute sollten Landwirte vor allem eines unterlassen: wenn irgend möglich, nicht mit schweren Maschinen auf die Äcker zu fahren. Nahezu die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland ist mittlerweile von Bodenverdichtung betroffen, in unterschiedlichen Graden. Die lockere Struktur des Bodens ist durch die schweren Erntefahrzeuge zusammengedrückt und platt gewalzt. Mit gravierenden ökologischen und auch ökonomischen Folgen. Die Bodenwissenschaftlerin Monika Frielinghaus, ab Januar Präsidentin der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft:

von: Daniel Blum |
    Bei nassem Wetter wie heute sollten Landwirte vor allem eines unterlassen: wenn irgend möglich, nicht mit schweren Maschinen auf die Äcker zu fahren. Nahezu die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland ist mittlerweile von Bodenverdichtung betroffen, in unterschiedlichen Graden. Die lockere Struktur des Bodens ist durch die schweren Erntefahrzeuge zusammengedrückt und platt gewalzt. Mit gravierenden ökologischen und auch ökonomischen Folgen. Die Bodenwissenschaftlerin Monika Frielinghaus, ab Januar Präsidentin der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft:

    Der Landwirt sieht das eigentlich immer sehr, sehr gut darin, wenn Pflanzen nicht mehr einen optimalen Zustand haben. Er muß bloß einen Spaten nehmen beispielsweise, in den Boden zu gucken und gucken, wie die Wurzeln ausgeprägt sind, gerade bei Zuckerrüben. / Das sind dann nämlich verkrümmte Gebilde, nicht mehr wie bei einer wunderschön ausgebildeten Zuckerrübe. / Was er nicht sehen kann, sind die viel gravierenderen Schäden in der Krumenbasis oder im Unterboden.

    Die Bodenverdichtung nimmt den Landwirten langfristig die Existenzgrundlage. In einem Kilogramm gesunden Bodens leben bis zu 50 Regenwürmer, Asseln, Käfer und Tausendfüßler, neben mehreren Milliarden von Kleinstlebewesen. Tiere, die die natürlichen Nährstoffkreisläufe in der Erde aufrecht erhalten. Wird der Boden so verdichtet, daß die Wurzeln der Kulturpflanzen die unteren Schichten nicht mehr durchdringen können, wird auch die Tierwelt geschädigt. Die Durchlüftung des Bodens wird unterbrochen, er kann Wasser und auch Nährstoffe nicht mehr wie gewohnt aufnehmen. Auf den Äckern bleibt bei Regenwetter das Wasser zwischen den Furchen stehen und läuft nicht mehr ab. Die Fähigkeit des Bodens, sich selber zu erneuern, schwindet.

    Der Boden ist ein sich selbst regulierendes System. Das, wenn man es nicht übermäßig belastet, sich auch immer wieder reguliert. / Wasser und Luft reagieren viel schneller auf eine so massive Belastung, der Boden kann sich selber sehr schnell immer wieder regulieren. Wenn aber die Zeit zu kurz wird und die Belastung zu hoch wird, / dann kommt eben ein solcher Zeitpunkt, wo der Boden eben sich selbst nicht mehr regenerieren kann.

    Und damit verliert der Landwirt sein wertvollstes Kapital, nämlich den fruchtbaren Boden, von dem er lebt. Ist die Erde erst einmal verdichtet, ist der Schaden kaum wiedergutzumachen. Der Kieler Professor Reiner Horn schätzt, daß es Jahrzehnte braucht, bis sich der Boden wieder regeneriert hat. Landwirte, die bereits verdichteten Boden mit Maschinen künstlich wieder lockern, richten dabei unwissentlich noch größeren Schaden an. Der Boden verliert seine Struktur, sein inneres Stützgefüge, und ist nachher, wird er erneut befahren, empfindlicher als zuvor. Für den Landwirt hat die Verdichtung seiner Böden spürbare ökonomische Folgen:

    Ans Portemonnaie geht's dann immer, wenn er also solche gravierenden Schäden hat, die er dann nicht mehr reparieren kann. Vor allem die Ertragssicherheit wird stark beeinträchtigt, nicht mal unbedingt immer die Ertragshöhe. Aber in Jahren, in denen andere Stressfaktoren dazukommen wie zum Beispiel Trockenheit, / und die Wurzeln sich also nach unten bewegen müssen, / können sie sich also auch nicht mehr so optimal entwickeln, daß sie dann hohe Erträge bringen. Das spürt der Landwirt also sofort.

    Lösungsansätze gibt es viele, eine Lösung noch nicht. Die Bodenwissenschaftler diskutierten auf der Bonner Tagung zum Beispiel über modernere Erntemaschinen, die ihr Gewicht auf mehr Achsen und breitere Reifen verteilen - was aber nur eine verhältnismäßig geringe Entlastung bringen würde. Theoretisch könnten Landwirte, die grob fahrlässig ihre Böden ruinieren, mit Ordnungsgeldern belangt werden (dafür gibt es heute schon eine Rechtsgrundlage) - nur wer will im Einzelfall mit teuren Bodengutachten den Sündenfall nachweisen? Vorsorge ist sicher besser; bereits jetzt können Landwirte bei ihren jeweiligen Landesbehörden fachkundige Beratung bekommen. In einem waren sich die Wissenschaftler einig: Die Bodenverdichtung ist eine Folge der ökonomischen Zwänge, in der sich die Landwirte befinden. Wer sich vertraglich verpflichtet hat, seine Kartoffeln zu einem festgesetzten Termin zu ernten und zu liefern, wird auch bei nassem Wetter, wenn die Böden besonders empfindlich sind, auf die Felder fahren - auch wenn er sich damit langfristig die Existenzgrundlage vernichtet.