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Bodenversalzung
2000 Hektar werden pro Tag unbrauchbar

Bewässerung ist in vielen Ländern nötig, um Ackerbau zu betreiben. Doch das Wasser aus Flüssen, Seen oder dem Untergrund trägt eine Mineralienfracht, die die Böden stetig versalzen lässt. Die Universität der UNO in Ontario hat in einer Studie untersucht, wie viele Böden weltweit davon betroffen sind. Der Hauptautor Manzoor Qadir berichtet im Gespräch mit Monika Seynsche.

Manzoor Qadir im Gespräch mit Monika Seynsche |
    Ein Schiff auf dem Trockenen, aufgenommen 1989. Im Vordergrund ein Kamel. Auf Grund extremer Wasserentnahme in den vergangenen Jahren zur Bewässerung von Baumwollplantagen in Usbekistan und Kasachstan versandet der einst viertgrößte See der Welt stetig.
    Bewässerung schmälert nicht nur die Wasserreserven wie hier am Aralsee, sondern versalzt auch die Böden. (picture-alliance/Lehtikuva)
    Monika Seynsche: Wo kommt das Salz her?
    Manzoor Qadir: Die größte Quelle für das Salz in bewässerten Böden ist Wasser, und zwar selbst dann, wenn wir mit Süßwasser bewässern, das sehr wenig Salz enthält. Denn wenn wir ein Getreide wie Weizen anbauen, geben wir durch den hohen Wasserbedarf etwa eine bis 1,5 Tonnen Salz in den Boden. Wenn wir Salzwasser zum Bewässern nehmen ist die Salzzufuhr natürlich noch viel größer. Bei der Bewässerung passieren zwei Dinge: Ein Teil des Wassers verdunstet an der Bodenoberfläche, ein anderer wird von den Pflanzen aufgenommen. Der Evapotranspirationsprozess führt dazu dass sich die Salze im Wurzelbereich anreichern. Wenn wir sie dort nicht wegbekommen, akkumulieren sie sich immer weiter und die Böden werden im Laufe der Zeit salin.
    Seynsche: Sie haben ja untersucht wie viele Böden von dieser Versalzung betroffen sind. Was haben Sie herausgefunden?
    Qadir: Wir haben die globalen Zahlen zusammengetragen und konnten zeigen, dass heute 20 Prozent der bewässerten Böden weltweit von Versalzung betroffen sind. In den frühen 1990er Jahren waren das noch 45 Millionen Hektar. Heute ist es eine Fläche, die der Größe Frankreichs entspricht: 62 Millionen Hektar.
    Kosten: 27 Milliarden Dollar pro Jahr
    Seynsche: Das Problem der Versalzung ist ja schon lange bekannt. Was ist jetzt das neue an Ihrer Studie?
    Qadir: Das Problem der Versalzung ist tatsächlich sehr alt. Es ist bekannt, seit man Felder bewässert, denn Bewässerung und Versalzung gehen Hand in Hand wenn wir die Bewässerung nicht managen. Unsere Studie ist aber zu einigen sehr interessanten Zahlen und Informationen gekommen. Dies war die erste derartige Studie seit fast zwanzig Jahren, die die globalen Kosten durch Versalzung degradierter Böden, basierend auf den Ertragseinbußen berechnet hat. Und diese Einbußen belaufen sich auf 27 Milliarden Dollar jährlich. Unseren Schätzungen zufolge versalzen außerdem jeden Tag 2000 Hektar Ackerland - und das seit mehr als zwanzig Jahren jeden Tag! Das ist der andere Aspekt dieser Studie. Diese Studie zeigt, dass auf politische Ebene etwas gegen die zunehmende Versalzung von Böden getan werden muss. Denn das sind die Böden, die sehr wichtig sind für die Nahrungsmittelsicherheit. Wenn wir diese Böden wieder rehabilitieren, können wir die Getreideproduktion deutlich verbessern, was zur lokalen, nationalen und globalen Nahrungsmittelsicherheit beitragen würde. Insbesondere in den Regionen, wo diese Böden vorherrschen.
    Seynsche: Und welche Möglichkeiten gibt es, diese Schäden wieder zu beheben und die Böden wieder nutzbar zu machen?
    Entwässerungssystem notwendig
    Qadir: Der erste und wichtigste Schritt ist es, die Salze in den Griff zu bekommen, die bei jedem Bewässerungsvorgang neu hinzukommen. Und das ist nur möglich wenn das bewässerte Land – besonders in den trockenen Regionen mit einem Entwässerungssystem ausgestattet ist. Es gibt einige Böden die über eine natürliche Entwässerung verfügen, wo also der Grundwasserspiegel so niedrig ist, dass das Wasser aus der Bewässerung die Salze aus dem Wurzelbereich in die tieferen Bodenschichten transportiert. Aber es gibt eben auch Gegenden wo der Grundwasserspiegel nicht so tief ist. Dort müssen wir ein künstliches Entwässerungssystem aufbauen und es gibt auf dem Markt verschiedene solcher Entwässerungssysteme. Das ist eben das erste, was man tun muss um nachhaltige Bodenmanagementpraktiken in versalzungsanfälligen Gegenden zu implementieren.