Bis in die frühen Morgenstunden hatten die Ärzte versucht, das Leben der 46-jährigen zweifachen Mutter zu retten. Doch vergeblich: Zu schwer waren die Verletzungen an Brust, Bauch und Armen. Bei der Attacke waren auch Leber und Magen getroffen worden. In der achtstündigen Operation gelang es nicht, die schweren inneren Blutungen zu stoppen.
Schwedens Ministerpräsident Göran Persson bestätigte am Vormittag in Stockholm den Tod seiner langjährigen politischen Weggefährtin. Der Angriff auf Lindh habe auch die offene Gesellschaft getroffen, "die wir aufgebaut haben und in der wir leben wollen", sagte Persson:
Mit großer Trauer habe ich die Nachricht aufgenommen, dass Schwedens Außenministerin Anna Lindh um 5 Uhr 29 heute Morgen an den Folgen ihrer schweren Verletzungen durch das gestrige Attentat gestorben ist. Es ist eine unwirkliche Situation, sie ist schwer zu verstehen. Dieser Anschlag ist ein Angriff auf unsere freie Gesellschaft. Unser Land ist bekannt für seine Offenheit. Wir sind eine demokratische Gesellschaft, mit einer einzigartigen Nähe zwischen den Bürgern und ihren gewählten Politikern. Wir wollen ein Land sein, in dem sich alle Menschen frei und sicher bewegen können.
Der Regierungschef nannte Lindhs Tod eine "ungeheure Tragödie" für ihre Familie und für ganz Schweden. Persson, der bei seiner Erklärung immer wieder gegen die Tränen kämpfte, sagte weiter:
Anna Lindh hat uns verlassen. Die Familie hat die Mutter und Gefährtin verloren. Die Sozialdemokratie hat einen ihrer tüchtigsten Politiker verloren. Die Regierung hat eine fachkundige Ministerin und eine gute Kollegin verloren. Schweden hat sein Gesicht nach draußen vor der Welt verloren.
Der Anschlag ereignete sich am Nachmittag im Kaufhaus "Nordiska Kompaniet" im Zentrum Stockholms, wo die Außenministerin bei einem privaten Einkaufsbummel und ohne Personenschutz unterwegs war.
Was dann geschah, beschreiben Augenzeugen so: Als sich Lindh in einer Boutique nach Kleidern umsieht, stürzt plötzlich ein junger Mann auf sie zu und sticht mehrfach mit einem Messer auf sie ein. Kunden des Warenhauses verfolgen den unbekannten Täter noch bis auf die Straße, aber er kann entkommen. Augenzeugen beschreiben den Mann als groß und schlank. Am Tatort zurück bleiben eine militärische Tarnjacke, die er bei der Flucht weggeworfen hatte, und das Messer.
Die Polizei verhörte zahlreiche Augenzeugen und analysierte Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras des Kaufhauses, um mehr über den Tathergang zu erfahren.
Unklar ist bislang auch das Motiv für die Tat, ob der Anschlag etwas mit dem für Sonntag geplanten Referendum über die Euro-Einführung zu tun hat. Die Parteien des schwedischen Parlaments einigten sich am Vormittag darauf, dass die Volksabstimmung wie geplant stattfindet.
Es sei wichtig, dass der demokratische Prozess nicht durch einen Gewaltakt unterbrochen werden dürfe, sagte Persson. Er kündigte zugleich an, dass die politischen Kampagnen der Parteien vor der Abstimmung eingestellt werden. Bei Umfragen kurz vor dem Mord an Lindh hatten die Euro-Gegner klar vorn gelegen.
Nach dem Tod Lindhs ist in Schweden eine heftige Debatte um die Sicherheit im Land entbrannt. Der Anschlag weckt böse Erinnerungen an die Ermordung Olof Palmes. Der schwedische Regierungschef war im Februar 1986 nach einem Kinobesuch in der Innenstadt auf offener Straße erschossen worden.
Bis heute ist der Mörder Olof Palmes nicht gefasst. Das Motiv für die Tat liegt auch 17 Jahre danach im Dunkeln. Für die traditionell der politischen Neutralität und der Gewaltfreiheit verpflichteten Schweden brach in jener Winternacht eine Welt zusammen. Ein Trauma, von dem sich das Land bis heute nicht befreien konnte.
Auch diesmal traf es die populärste Politikerin des Landes. In Umfragen rangierte die Außenministerien gleich hinter der Königsfamilie. Lindh galt als Anwärterin auf die Nachfolge des Regierungschefs. Das Außenministerium leitete sie seit 1998. Als das Land im ersten Halbjahr 2001 die EU-Ratspräsidentschaft inne hatte, leitete Lindh die Verhandlungen um die Osterweiterung der Europäischen Union. Unter den Brüsseler Amtskollegen hatte sie sich einen Ruf als couragierte und fachkundige Diplomatin erworben.
Wie Palme, so hatte auch Lindh stets auf Personenschutz verzichtet. Auf die Frage nach der Sicherheit antworten schwedische Politiker oft mit der zuversichtlichen Feststellung: "Leibwächter brauchen wir in Schweden nicht. Das ist in unserer liberalen Gesellschaft nicht nötig."
In der Kritik steht wieder einmal der schwedische Geheimdienst Säpo, der für die Sicherheit der Volksvertreter verantwortlich ist. Für viele Schweden ist es unerklärlich, warum Lindh nicht geschützt wurde, obwohl die Stimmung im Wahlkampf vor dem Referendum äußerst gereizt ist.
Gestern sollte Lindh im schwedischen Fernsehen für den Euro werben. Seit vielen Wochen war sie unermüdlich im Einsatz, um die Schweden doch noch für die Zustimmung zum Euro zu bewegen. Auf ihre Popularität setzte die Regierung, um die Stimmung im Lande in letzter Minute zu wenden.
Anna Lindh war in der Regierung eine der stärksten Befürworterinnen eines Beitritts zur Euro-Zone. Und Lindh machte ihre Sache gut. Bei ihren unzähligen Auftritten in Betrieben, Schulen und auf Marktplätzen gelang es ihr, die Entscheidung für den Euro auch als einen Schritt zu mehr Gerechtigkeit darzustellen, eine Politik in schwedischer Tradition. Ein starkes Europa, meinte Lindh, sei auch ein wichtiges Gegengewicht zu der allzu mächtigen Supermacht USA.
Deshalb wünsche ich mir auch in Zukunft eine starke gemeinsame Außenpolitik Europas. Ihr fragt, was das mit dem Euro zu tun hat? Nun, es ist wohl klar, dass es im Kongo keinen Frieden gibt, nur weil Schweden dem Euro zustimmt. Aber es geht um die Macht. Es geht darum, ob wir dabei sein wollen, wenn über solch wichtige Fragen entschieden wird. Wir wollen eine starke Stimme sein. Und da müssen wir den anderen Ländern auch zeigen, dass wir voll und ganz hinter Europa stehen. Und auch hinter dem wichtigsten Projekt der Gemeinschaft - und das ist der Euro.
Neben dem größten Teil der regierenden Sozialdemokraten zählen die meisten bürgerlichen Oppositionsparteien sowie die schwedische Wirtschaft zu den Euro-Befürwortern. Sie hoffen auf mehr Wachstum, mehr Handel und ein größeres Gewicht ihres Landes in der Europäischen Union.
Im Lager der Euro-Gegner streiten allen voran Sozialisten, Grüne und die bürgerliche Zentrumspartei. Die Verteidiger der Krone fürchten Arbeitslosigkeit und Inflation, steigende Preise in den Läden und die Bevormundung durch den "Superstaat Europa". Viele Skeptiker wollen auch einfach nur abwarten. Sie halten den Zeitpunkt des Referendums für schlecht gewählt, denn die Wirtschaft der großen Euro-Länder Deutschland und Frankreich liege am Boden. Überdies steht im nächsten Jahr die größte Erweiterungsrunde an in der Geschichte der Europäischen Union.
Eigentlich müssten sich die Schweden über solche Fragen gar nicht den Kopf zerbrechen. Denn streng genommen ist der Beitritt des skandinavischen Landes zur Europäischen Währungsunion längst entschieden. Im Unterschied zu Dänemark und Großbritannien - den anderen Verweigerern im Norden - hat Schweden beim EU-Beitritt keine Ausnahme vorgesehen. Dem Wortlaut des Maastrichter Vertrages nach ist das Land also zur Einführung des Euro verpflichtet, sobald die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichwohl verspüren weder die Kommission noch die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Verlangen, einen Streit darüber loszubrechen.
Umfragen zufolge wünscht sich eine große Mehrheit der fast 9 Millionen Schweden zwar die zügige Erweiterung der Union - nirgendwo ist die Öffnung nach Osten populärer. Ihre eigene Rolle in Europa beurteilen die Schweden gleichwohl so skeptisch und widerwillig wie sonst nur noch die Briten.
Olof Petersson gehört zu den wenigen unabhängigen Experten in Schweden, die der politischen Elite in der Europa-Frage etwas genauer auf die Finger schauen. Der Politologe leitet die angesehene Stockholmer Denkfabrik SNS, den Studienverbund Wirtschaft und Gesellschaft. Der weit verbreitete Widerstand gegen Europa hat für ihn vor allem geschichtliche Gründe:
Schweden hat die beiden großen Kriege im 20. Jahrhundert nicht durchlitten. Wir waren nicht betroffen von den großen Konflikten und wir waren politisch immer eine Nation am Rande Europas. Aber wir sind gut und friedlich zurecht gekommen, haben den Wohlfahrtsstaat geschaffen, obwohl wir eine sehr arme Gesellschaft waren. Heute gibt es einen gewissen Stolz oder Hochmut, dass wir bessere soziale Verhältnisse haben als alle anderen in Europa. Ich nenne das einen linken Wohlfahrtsnationalismus: Die Sorge dass wir Schweden es nicht mehr allein in der Hand haben, weil sich das Land in Europa anpassen muss.
Europa ist schuld, wenn der schwedische Sozialstaat in die Brüche geht: Das glauben viele linke Patrioten in Schweden. Schon einmal - Mitte der 90er Jahre - wetterten sie gegen das Ansinnen der Stockholmer Regierung, das Land an die wie sie es nannten 'Brüsseler Bürokraten' auszuliefern. Vergeblich, die Europagegner verloren 1994 das Referendum über den EU-Beitritt und seitdem ist Schweden in Brüssel mit dabei.
Doch Kritiker wie Stefan de Vylder, Volkswirt und Dozent an der Handelshochschule, haben nie aufgegeben. Nun gilt sein Widerstand dem Euro, denn dahinter, meint er, lauert der "Europäische Superstaat".
Ich sehe die Währungsunion als einen Schritt hin zu den Vereinigten Staaten von Europa. Es gibt einige, die sehen einen Nutzen darin, ich aber bin da skeptisch. Ich fürchte, dass die Kluft zwischen den Bürgern und den Herrschenden noch größer wird und ich sehe darin eine Bedrohung für die schwedische Demokratie. Und haben wir erst eine gemeinsame Währung, dann werden auch die Forderungen nach weiterer Angleichung zunehmen: nach gemeinsamen Steuern und am Ende auch einer gemeinsamen Sozialpolitik. Wer aber immer mehr gleich macht, der schafft am Ende nur neue Gegensätze und Konflikte.
Rein rechtlich gesehen haben Volksabstimmungen in Schweden nur beratende Funktion.
Doch den Wählern zunächst die Frage zur Abstimmung vorzulegen und bei einem unerwünschten Resultat dann ihre Meinung zu ignorieren, das wäre in der schwedischen Gesellschaft politisch undenkbar. Beobachter rechnen deshalb damit, dass bei einer Ablehnung der Euro-Einführung bis zu 10 Jahre verstreichen könnten, bis die Regierenden einen zweiten Anlauf wagten.
Wie auch immer die Wähler am 14. September entscheiden, ihr Votum werde zumindest für die Dauer seiner Amtszeit Bestand haben, hat Schwedens Regierungschef Göran Persson bereits vor Wochen klar gestellt. Der 54-jährige Sozialdemokrat ist mit Abstand der beliebteste Politiker im Land und die größte Trumpfkarte der Befürworter für einen erfolgreichen Ausgang der Kampagne.
Dabei hat Persson nicht einmal sein eigenes Kabinett geschlossen hinter sich. Aus Rücksicht auf die Zweifler in der eigenen sozialdemokratischen Arbeiterpartei nahm der Regierungschef nach den Wahlen im vergangenen September auch erklärte Euro-Gegner in die Regierungsmannschaft auf. Der Regierungschef muss nicht nur die Kritiker in der eigenen Partei fürchten, auch im Parlament darf er die Euro-Gegner nicht all zu sehr reizen. Schließlich ist seine Minderheitsregierung im Reichstag auf die Stimmen der Linkspartei sowie der Grünen angewiesen. Beide Parteien lehnen den Euro kompromisslos ab. Aber sie sollen auch künftig als Bündnispartner bei wichtigen Abstimmungen die Mehrheiten sichern.
Nach Dutzenden Auftritten im ganzen Land gibt sich Göran Persson betont gelassen. Zwar drucken die Zeitungen täglich Umfrageergebnisse, die den Euro-Fürsprechern den Atem stocken lassen. Doch der Premier weist gern darauf hin, dass auch 1994 kurz vor der Abstimmung noch die Europa-Gegner deutlich vorn lagen, das Referendum selbst aber mit einer Mehrheit von 52 Prozent für den Beitritt zur Europäischen Union endete.
Soviel Vertrauen in die Weisheit des Volkes war bei den Arbeitgebern zuletzt nicht mehr zu spüren. Ihnen ist durchaus das Entsetzen darüber anzumerken, dass es nicht gelingen will, die Stimmung im Lande zu Gunsten des Euro zu wenden. Carl-Henrik Svanberg, Chef des Telekomriesen Ericsson, hat sogar damit gedroht, der Konzern könnte Schweden verlassen, sollte die Bevölkerung es wagen, gegen den Euro zu votieren.
Der schwedische Export in Länder der Euro-Zone könnte einigen wohlmeinenden Berechnungen zufolge um bis zu 10 Prozent zunehmen. Heute liegt der Anteil bei rund 38 Prozent, wobei die Ausfuhren nach Deutschland allein mit 10 Prozent zu Buche schlagen. Deutschland ist damit nach den USA mit einem Anteil von knapp 12 Prozent der Ausfuhren der wichtigste Handelspartner Schwedens.
Mit allerhand Zahlenmaterial und ökonomischen Argumenten können aber auch die Euro-Gegner virtuos umgehen: So führen die Opponenten ins Feld, dass der erhoffte Wachstumsschub in vielen Euro-Ländern ausgeblieben ist. Gleichzeitig klagen die Verbraucher dort über drastisch angezogene Preise. Per Gahrton sitzt für die Grünen im Straßburger Europaparlament und ist zugleich einer der profiliertesten Kritiker des Euro-Projekts. Mit Argwohn verfolgt er die Diskussion um den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, die ausgerechnet von den Euro-Veteranen Deutschland und Frankreich vorangetrieben wird. Für den Schweden ein Grund mehr, der Gemeinschaftswährung die kalte Schulter zu zeigen.
Ich denke, das wäre für Schweden nicht gut, denn wir brauchen die Unabhängigkeit, die wir ohne den Euro haben, mit einer eigenen Nationalbank und einer eigenen Währung. Und ich meine, dass die Währungsunion nicht gut angebracht für alle Länder ist. Es kann gut für einige sein, aber jetzt gibt es Schwierigkeiten in Frankreich - sogar in Deutschland und ich glaube, wir sind noch nicht bereit dazu. Vielleicht in 50 Jahren, aber heute sind wir noch zu unterschiedlich.
Die anhaltende Wachstumsschwäche Europas, insbesondere die deutschen Konjunkturprobleme, sind gewichtige Argumente der schwedischen Euro-Gegner. Das hat auch Göran Persson frühzeitig erkannt. In einem Interview mit der "Financial Times" machte der Regierungschef namentlich Deutschland, Frankreich und Italien für die Schwäche der europäischen Wirtschaft verantwortlich. Die drei größten Staaten der Euro-Zone hätten dem Währungsgebiet insgesamt geschadet, weil sie ihre Finanzen nicht vorab in Ordnung gebracht hätten.
Und Persson ging noch einen Schritt weiter: Er erklärte, dass Schweden den Beitritt zur Währungsunion möglicherweise verschieben müsse, sollte der Fortbestand des Stabilitätspaktes durch die Haushaltspolitik der großen Staaten in Frage gestellt werden.
Wenn der Pakt scheitert, dann haben wir eine neue Lage. Dann müssen wir alles auf europäischer Ebene diskutieren und davon halte ich nichts. Wenn einige Länder ihren Haushalt nicht in Ordnung bringen, dann werden die Probleme auf die andern abgewälzt. In diesem Fall müssten wir den Termin für unseren Beitritt noch einmal diskutieren. Wir sagen Ja zur Währungsunion, wir sagen Ja zum dritten Schritt, aber dann liegt es beim Parlament und bei der Regierung zu entscheiden, wann genau wir einsteigen. Und selbstverständlich werden wir an unserer Forderung festhalten, dass der Stabilitätspakt eingehalten werden muss.
Schweden wird zum Elch-Test für den Euro. Das musste bereits der deutsche Außenminister Joschka Fischer feststellen, der schon im Juli nach Schweden gereist war, um den bedrängten Sozialdemokraten im Norden beizustehen. Bei einer Konferenz auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland wies Fischer den Vorwurf zurück, die deutschen Probleme seien in erster Linie auf die hohen Leitzinsen und eine verfehlte Inflationspolitik der Europäischen Zentralbank zurückzuführen.
Da gibt es eine ganze Reihe von Argumenten, wo Deutschland als abschreckendes Beispiel angeführt wird - und genau dem möchte ich entgegentreten. Nicht, indem ich die Probleme leugne aber den Zusammenhang zum Euro, den sehe ich nicht. Hier wird etwas versucht, in die Argumentation einzubringen, und wenn ich das etwas ausbalancieren kann, dann ist das im europäischen aber auch im nachbarschaftlichen Interesse eine gute Sache.
Göran Persson wird dem Land auf alle Fälle erhalten bleiben. Seinen Rücktritt hat der Regierungschef vorsorglich ausgeschlossen, weil er das Votum nicht als Vertrauensfrage für seine Regierung ansieht. Er sei zudem ganz sicher, dass es früher oder später zu einer weiteren Volksbefragung käme, ließ Persson verlauten, da Schweden nicht auf Dauer mit einem Nein leben könnte.
Wir ermutigen jeden Wähler an der Abstimmung am Sonntag teilzunehmen, sagte der Regierungschef heute. Das Referendum müsse stattfinden, weil die schwedische Demokratie nicht kapitulieren dürfe, vor der politischen Gewalt. Eine Verschiebung der Volksabstimmung wäre die schlechtere Alternative gewesen, sagte Persson.
Und so werden die Schweden am Sonntag ihre Stimme abgeben. Viele werden ihren Zweifel an Europa zum Ausdruck bringen. Andere werden in Gedanken bei der ermordeten Anna Lindh sein, die einen unermüdlichen Kampf geführt hat, für die Öffnung des Landes und für den Euro als gemeinsame Währung von schwedisch Lappland bis Gibraltar.
Beobachter wie der Politologe Olof Petersson erwarten, dass die Euro-freundlichen Sozialdemokraten bei der Abstimmung zahlreiche Anhänger mobilisieren können. Und ebenso könnten etliche bislang unentschlossene Wähler aus Solidarität mit der trauernden Regierung für die Einführung des Euro stimmen.
Schwedens Ministerpräsident Göran Persson bestätigte am Vormittag in Stockholm den Tod seiner langjährigen politischen Weggefährtin. Der Angriff auf Lindh habe auch die offene Gesellschaft getroffen, "die wir aufgebaut haben und in der wir leben wollen", sagte Persson:
Mit großer Trauer habe ich die Nachricht aufgenommen, dass Schwedens Außenministerin Anna Lindh um 5 Uhr 29 heute Morgen an den Folgen ihrer schweren Verletzungen durch das gestrige Attentat gestorben ist. Es ist eine unwirkliche Situation, sie ist schwer zu verstehen. Dieser Anschlag ist ein Angriff auf unsere freie Gesellschaft. Unser Land ist bekannt für seine Offenheit. Wir sind eine demokratische Gesellschaft, mit einer einzigartigen Nähe zwischen den Bürgern und ihren gewählten Politikern. Wir wollen ein Land sein, in dem sich alle Menschen frei und sicher bewegen können.
Der Regierungschef nannte Lindhs Tod eine "ungeheure Tragödie" für ihre Familie und für ganz Schweden. Persson, der bei seiner Erklärung immer wieder gegen die Tränen kämpfte, sagte weiter:
Anna Lindh hat uns verlassen. Die Familie hat die Mutter und Gefährtin verloren. Die Sozialdemokratie hat einen ihrer tüchtigsten Politiker verloren. Die Regierung hat eine fachkundige Ministerin und eine gute Kollegin verloren. Schweden hat sein Gesicht nach draußen vor der Welt verloren.
Der Anschlag ereignete sich am Nachmittag im Kaufhaus "Nordiska Kompaniet" im Zentrum Stockholms, wo die Außenministerin bei einem privaten Einkaufsbummel und ohne Personenschutz unterwegs war.
Was dann geschah, beschreiben Augenzeugen so: Als sich Lindh in einer Boutique nach Kleidern umsieht, stürzt plötzlich ein junger Mann auf sie zu und sticht mehrfach mit einem Messer auf sie ein. Kunden des Warenhauses verfolgen den unbekannten Täter noch bis auf die Straße, aber er kann entkommen. Augenzeugen beschreiben den Mann als groß und schlank. Am Tatort zurück bleiben eine militärische Tarnjacke, die er bei der Flucht weggeworfen hatte, und das Messer.
Die Polizei verhörte zahlreiche Augenzeugen und analysierte Videoaufzeichnungen der Überwachungskameras des Kaufhauses, um mehr über den Tathergang zu erfahren.
Unklar ist bislang auch das Motiv für die Tat, ob der Anschlag etwas mit dem für Sonntag geplanten Referendum über die Euro-Einführung zu tun hat. Die Parteien des schwedischen Parlaments einigten sich am Vormittag darauf, dass die Volksabstimmung wie geplant stattfindet.
Es sei wichtig, dass der demokratische Prozess nicht durch einen Gewaltakt unterbrochen werden dürfe, sagte Persson. Er kündigte zugleich an, dass die politischen Kampagnen der Parteien vor der Abstimmung eingestellt werden. Bei Umfragen kurz vor dem Mord an Lindh hatten die Euro-Gegner klar vorn gelegen.
Nach dem Tod Lindhs ist in Schweden eine heftige Debatte um die Sicherheit im Land entbrannt. Der Anschlag weckt böse Erinnerungen an die Ermordung Olof Palmes. Der schwedische Regierungschef war im Februar 1986 nach einem Kinobesuch in der Innenstadt auf offener Straße erschossen worden.
Bis heute ist der Mörder Olof Palmes nicht gefasst. Das Motiv für die Tat liegt auch 17 Jahre danach im Dunkeln. Für die traditionell der politischen Neutralität und der Gewaltfreiheit verpflichteten Schweden brach in jener Winternacht eine Welt zusammen. Ein Trauma, von dem sich das Land bis heute nicht befreien konnte.
Auch diesmal traf es die populärste Politikerin des Landes. In Umfragen rangierte die Außenministerien gleich hinter der Königsfamilie. Lindh galt als Anwärterin auf die Nachfolge des Regierungschefs. Das Außenministerium leitete sie seit 1998. Als das Land im ersten Halbjahr 2001 die EU-Ratspräsidentschaft inne hatte, leitete Lindh die Verhandlungen um die Osterweiterung der Europäischen Union. Unter den Brüsseler Amtskollegen hatte sie sich einen Ruf als couragierte und fachkundige Diplomatin erworben.
Wie Palme, so hatte auch Lindh stets auf Personenschutz verzichtet. Auf die Frage nach der Sicherheit antworten schwedische Politiker oft mit der zuversichtlichen Feststellung: "Leibwächter brauchen wir in Schweden nicht. Das ist in unserer liberalen Gesellschaft nicht nötig."
In der Kritik steht wieder einmal der schwedische Geheimdienst Säpo, der für die Sicherheit der Volksvertreter verantwortlich ist. Für viele Schweden ist es unerklärlich, warum Lindh nicht geschützt wurde, obwohl die Stimmung im Wahlkampf vor dem Referendum äußerst gereizt ist.
Gestern sollte Lindh im schwedischen Fernsehen für den Euro werben. Seit vielen Wochen war sie unermüdlich im Einsatz, um die Schweden doch noch für die Zustimmung zum Euro zu bewegen. Auf ihre Popularität setzte die Regierung, um die Stimmung im Lande in letzter Minute zu wenden.
Anna Lindh war in der Regierung eine der stärksten Befürworterinnen eines Beitritts zur Euro-Zone. Und Lindh machte ihre Sache gut. Bei ihren unzähligen Auftritten in Betrieben, Schulen und auf Marktplätzen gelang es ihr, die Entscheidung für den Euro auch als einen Schritt zu mehr Gerechtigkeit darzustellen, eine Politik in schwedischer Tradition. Ein starkes Europa, meinte Lindh, sei auch ein wichtiges Gegengewicht zu der allzu mächtigen Supermacht USA.
Deshalb wünsche ich mir auch in Zukunft eine starke gemeinsame Außenpolitik Europas. Ihr fragt, was das mit dem Euro zu tun hat? Nun, es ist wohl klar, dass es im Kongo keinen Frieden gibt, nur weil Schweden dem Euro zustimmt. Aber es geht um die Macht. Es geht darum, ob wir dabei sein wollen, wenn über solch wichtige Fragen entschieden wird. Wir wollen eine starke Stimme sein. Und da müssen wir den anderen Ländern auch zeigen, dass wir voll und ganz hinter Europa stehen. Und auch hinter dem wichtigsten Projekt der Gemeinschaft - und das ist der Euro.
Neben dem größten Teil der regierenden Sozialdemokraten zählen die meisten bürgerlichen Oppositionsparteien sowie die schwedische Wirtschaft zu den Euro-Befürwortern. Sie hoffen auf mehr Wachstum, mehr Handel und ein größeres Gewicht ihres Landes in der Europäischen Union.
Im Lager der Euro-Gegner streiten allen voran Sozialisten, Grüne und die bürgerliche Zentrumspartei. Die Verteidiger der Krone fürchten Arbeitslosigkeit und Inflation, steigende Preise in den Läden und die Bevormundung durch den "Superstaat Europa". Viele Skeptiker wollen auch einfach nur abwarten. Sie halten den Zeitpunkt des Referendums für schlecht gewählt, denn die Wirtschaft der großen Euro-Länder Deutschland und Frankreich liege am Boden. Überdies steht im nächsten Jahr die größte Erweiterungsrunde an in der Geschichte der Europäischen Union.
Eigentlich müssten sich die Schweden über solche Fragen gar nicht den Kopf zerbrechen. Denn streng genommen ist der Beitritt des skandinavischen Landes zur Europäischen Währungsunion längst entschieden. Im Unterschied zu Dänemark und Großbritannien - den anderen Verweigerern im Norden - hat Schweden beim EU-Beitritt keine Ausnahme vorgesehen. Dem Wortlaut des Maastrichter Vertrages nach ist das Land also zur Einführung des Euro verpflichtet, sobald die wirtschaftlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Gleichwohl verspüren weder die Kommission noch die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union das Verlangen, einen Streit darüber loszubrechen.
Umfragen zufolge wünscht sich eine große Mehrheit der fast 9 Millionen Schweden zwar die zügige Erweiterung der Union - nirgendwo ist die Öffnung nach Osten populärer. Ihre eigene Rolle in Europa beurteilen die Schweden gleichwohl so skeptisch und widerwillig wie sonst nur noch die Briten.
Olof Petersson gehört zu den wenigen unabhängigen Experten in Schweden, die der politischen Elite in der Europa-Frage etwas genauer auf die Finger schauen. Der Politologe leitet die angesehene Stockholmer Denkfabrik SNS, den Studienverbund Wirtschaft und Gesellschaft. Der weit verbreitete Widerstand gegen Europa hat für ihn vor allem geschichtliche Gründe:
Schweden hat die beiden großen Kriege im 20. Jahrhundert nicht durchlitten. Wir waren nicht betroffen von den großen Konflikten und wir waren politisch immer eine Nation am Rande Europas. Aber wir sind gut und friedlich zurecht gekommen, haben den Wohlfahrtsstaat geschaffen, obwohl wir eine sehr arme Gesellschaft waren. Heute gibt es einen gewissen Stolz oder Hochmut, dass wir bessere soziale Verhältnisse haben als alle anderen in Europa. Ich nenne das einen linken Wohlfahrtsnationalismus: Die Sorge dass wir Schweden es nicht mehr allein in der Hand haben, weil sich das Land in Europa anpassen muss.
Europa ist schuld, wenn der schwedische Sozialstaat in die Brüche geht: Das glauben viele linke Patrioten in Schweden. Schon einmal - Mitte der 90er Jahre - wetterten sie gegen das Ansinnen der Stockholmer Regierung, das Land an die wie sie es nannten 'Brüsseler Bürokraten' auszuliefern. Vergeblich, die Europagegner verloren 1994 das Referendum über den EU-Beitritt und seitdem ist Schweden in Brüssel mit dabei.
Doch Kritiker wie Stefan de Vylder, Volkswirt und Dozent an der Handelshochschule, haben nie aufgegeben. Nun gilt sein Widerstand dem Euro, denn dahinter, meint er, lauert der "Europäische Superstaat".
Ich sehe die Währungsunion als einen Schritt hin zu den Vereinigten Staaten von Europa. Es gibt einige, die sehen einen Nutzen darin, ich aber bin da skeptisch. Ich fürchte, dass die Kluft zwischen den Bürgern und den Herrschenden noch größer wird und ich sehe darin eine Bedrohung für die schwedische Demokratie. Und haben wir erst eine gemeinsame Währung, dann werden auch die Forderungen nach weiterer Angleichung zunehmen: nach gemeinsamen Steuern und am Ende auch einer gemeinsamen Sozialpolitik. Wer aber immer mehr gleich macht, der schafft am Ende nur neue Gegensätze und Konflikte.
Rein rechtlich gesehen haben Volksabstimmungen in Schweden nur beratende Funktion.
Doch den Wählern zunächst die Frage zur Abstimmung vorzulegen und bei einem unerwünschten Resultat dann ihre Meinung zu ignorieren, das wäre in der schwedischen Gesellschaft politisch undenkbar. Beobachter rechnen deshalb damit, dass bei einer Ablehnung der Euro-Einführung bis zu 10 Jahre verstreichen könnten, bis die Regierenden einen zweiten Anlauf wagten.
Wie auch immer die Wähler am 14. September entscheiden, ihr Votum werde zumindest für die Dauer seiner Amtszeit Bestand haben, hat Schwedens Regierungschef Göran Persson bereits vor Wochen klar gestellt. Der 54-jährige Sozialdemokrat ist mit Abstand der beliebteste Politiker im Land und die größte Trumpfkarte der Befürworter für einen erfolgreichen Ausgang der Kampagne.
Dabei hat Persson nicht einmal sein eigenes Kabinett geschlossen hinter sich. Aus Rücksicht auf die Zweifler in der eigenen sozialdemokratischen Arbeiterpartei nahm der Regierungschef nach den Wahlen im vergangenen September auch erklärte Euro-Gegner in die Regierungsmannschaft auf. Der Regierungschef muss nicht nur die Kritiker in der eigenen Partei fürchten, auch im Parlament darf er die Euro-Gegner nicht all zu sehr reizen. Schließlich ist seine Minderheitsregierung im Reichstag auf die Stimmen der Linkspartei sowie der Grünen angewiesen. Beide Parteien lehnen den Euro kompromisslos ab. Aber sie sollen auch künftig als Bündnispartner bei wichtigen Abstimmungen die Mehrheiten sichern.
Nach Dutzenden Auftritten im ganzen Land gibt sich Göran Persson betont gelassen. Zwar drucken die Zeitungen täglich Umfrageergebnisse, die den Euro-Fürsprechern den Atem stocken lassen. Doch der Premier weist gern darauf hin, dass auch 1994 kurz vor der Abstimmung noch die Europa-Gegner deutlich vorn lagen, das Referendum selbst aber mit einer Mehrheit von 52 Prozent für den Beitritt zur Europäischen Union endete.
Soviel Vertrauen in die Weisheit des Volkes war bei den Arbeitgebern zuletzt nicht mehr zu spüren. Ihnen ist durchaus das Entsetzen darüber anzumerken, dass es nicht gelingen will, die Stimmung im Lande zu Gunsten des Euro zu wenden. Carl-Henrik Svanberg, Chef des Telekomriesen Ericsson, hat sogar damit gedroht, der Konzern könnte Schweden verlassen, sollte die Bevölkerung es wagen, gegen den Euro zu votieren.
Der schwedische Export in Länder der Euro-Zone könnte einigen wohlmeinenden Berechnungen zufolge um bis zu 10 Prozent zunehmen. Heute liegt der Anteil bei rund 38 Prozent, wobei die Ausfuhren nach Deutschland allein mit 10 Prozent zu Buche schlagen. Deutschland ist damit nach den USA mit einem Anteil von knapp 12 Prozent der Ausfuhren der wichtigste Handelspartner Schwedens.
Mit allerhand Zahlenmaterial und ökonomischen Argumenten können aber auch die Euro-Gegner virtuos umgehen: So führen die Opponenten ins Feld, dass der erhoffte Wachstumsschub in vielen Euro-Ländern ausgeblieben ist. Gleichzeitig klagen die Verbraucher dort über drastisch angezogene Preise. Per Gahrton sitzt für die Grünen im Straßburger Europaparlament und ist zugleich einer der profiliertesten Kritiker des Euro-Projekts. Mit Argwohn verfolgt er die Diskussion um den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, die ausgerechnet von den Euro-Veteranen Deutschland und Frankreich vorangetrieben wird. Für den Schweden ein Grund mehr, der Gemeinschaftswährung die kalte Schulter zu zeigen.
Ich denke, das wäre für Schweden nicht gut, denn wir brauchen die Unabhängigkeit, die wir ohne den Euro haben, mit einer eigenen Nationalbank und einer eigenen Währung. Und ich meine, dass die Währungsunion nicht gut angebracht für alle Länder ist. Es kann gut für einige sein, aber jetzt gibt es Schwierigkeiten in Frankreich - sogar in Deutschland und ich glaube, wir sind noch nicht bereit dazu. Vielleicht in 50 Jahren, aber heute sind wir noch zu unterschiedlich.
Die anhaltende Wachstumsschwäche Europas, insbesondere die deutschen Konjunkturprobleme, sind gewichtige Argumente der schwedischen Euro-Gegner. Das hat auch Göran Persson frühzeitig erkannt. In einem Interview mit der "Financial Times" machte der Regierungschef namentlich Deutschland, Frankreich und Italien für die Schwäche der europäischen Wirtschaft verantwortlich. Die drei größten Staaten der Euro-Zone hätten dem Währungsgebiet insgesamt geschadet, weil sie ihre Finanzen nicht vorab in Ordnung gebracht hätten.
Und Persson ging noch einen Schritt weiter: Er erklärte, dass Schweden den Beitritt zur Währungsunion möglicherweise verschieben müsse, sollte der Fortbestand des Stabilitätspaktes durch die Haushaltspolitik der großen Staaten in Frage gestellt werden.
Wenn der Pakt scheitert, dann haben wir eine neue Lage. Dann müssen wir alles auf europäischer Ebene diskutieren und davon halte ich nichts. Wenn einige Länder ihren Haushalt nicht in Ordnung bringen, dann werden die Probleme auf die andern abgewälzt. In diesem Fall müssten wir den Termin für unseren Beitritt noch einmal diskutieren. Wir sagen Ja zur Währungsunion, wir sagen Ja zum dritten Schritt, aber dann liegt es beim Parlament und bei der Regierung zu entscheiden, wann genau wir einsteigen. Und selbstverständlich werden wir an unserer Forderung festhalten, dass der Stabilitätspakt eingehalten werden muss.
Schweden wird zum Elch-Test für den Euro. Das musste bereits der deutsche Außenminister Joschka Fischer feststellen, der schon im Juli nach Schweden gereist war, um den bedrängten Sozialdemokraten im Norden beizustehen. Bei einer Konferenz auf der schwedischen Ostseeinsel Gotland wies Fischer den Vorwurf zurück, die deutschen Probleme seien in erster Linie auf die hohen Leitzinsen und eine verfehlte Inflationspolitik der Europäischen Zentralbank zurückzuführen.
Da gibt es eine ganze Reihe von Argumenten, wo Deutschland als abschreckendes Beispiel angeführt wird - und genau dem möchte ich entgegentreten. Nicht, indem ich die Probleme leugne aber den Zusammenhang zum Euro, den sehe ich nicht. Hier wird etwas versucht, in die Argumentation einzubringen, und wenn ich das etwas ausbalancieren kann, dann ist das im europäischen aber auch im nachbarschaftlichen Interesse eine gute Sache.
Göran Persson wird dem Land auf alle Fälle erhalten bleiben. Seinen Rücktritt hat der Regierungschef vorsorglich ausgeschlossen, weil er das Votum nicht als Vertrauensfrage für seine Regierung ansieht. Er sei zudem ganz sicher, dass es früher oder später zu einer weiteren Volksbefragung käme, ließ Persson verlauten, da Schweden nicht auf Dauer mit einem Nein leben könnte.
Wir ermutigen jeden Wähler an der Abstimmung am Sonntag teilzunehmen, sagte der Regierungschef heute. Das Referendum müsse stattfinden, weil die schwedische Demokratie nicht kapitulieren dürfe, vor der politischen Gewalt. Eine Verschiebung der Volksabstimmung wäre die schlechtere Alternative gewesen, sagte Persson.
Und so werden die Schweden am Sonntag ihre Stimme abgeben. Viele werden ihren Zweifel an Europa zum Ausdruck bringen. Andere werden in Gedanken bei der ermordeten Anna Lindh sein, die einen unermüdlichen Kampf geführt hat, für die Öffnung des Landes und für den Euro als gemeinsame Währung von schwedisch Lappland bis Gibraltar.
Beobachter wie der Politologe Olof Petersson erwarten, dass die Euro-freundlichen Sozialdemokraten bei der Abstimmung zahlreiche Anhänger mobilisieren können. Und ebenso könnten etliche bislang unentschlossene Wähler aus Solidarität mit der trauernden Regierung für die Einführung des Euro stimmen.