Seynsche: Herr Professor Drexler, überrascht Sie das Ergebnis ihrer britischen Kollegen?
Drexler: Nein, hat mich nicht überrascht. Das Problem ist seit langem bekannt. Seit es Zelllinien gibt, quasi, ist es ein Problem. Aber es hat auch sein Positives: Da werden manche Forscher, die bisher mit dem Problem noch nicht vertraut waren oder es ignoriert haben, vielleicht mit der Nase drauf gestoßen.
Seynsche: Wie kann das denn passieren, dass eine Zelllinie von einem ganz anderen Krebstyp stammt?
Drexler: Also das einfachste wäre einfach Schlampigkeit. Man hat eine Zellkulturflasche, in die die Zellen A wachsen, und aus irgendeinem Grund schreibt man B drauf. Man tut die von außen beschriften, und, ok, Fehler sind menschlich. Das wäre die einfachste Variante. Die andere Variante ist, man muss die Zelllinien ja täglich versorgen, man muss die quasi füttern und das Zellmedium austauschen und frisches Medium zufügen, und da kann es schon passieren, dass man, wenn man nicht sorgfältig arbeitet, nicht konzentriert arbeitet, dass man Zellen von A in die Flasche B hineinbekommt. Wenn in diesem Fall nun die Zellen A schneller wachsen, dann überwachsen sie B. Ich gebe mal ein Beispiel: Wenn man einen Rasen hat und da sät man schnell wachsendes Unkraut aus, nach einiger Zeit hat man dann eben nur noch Unkraut.
Seynsche: Aber wird das denn nicht während der Arbeit überprüft, welche Zelllinien man eigentlich hat?
Drexler: Sollte man, sollte man, aber jeder hat Zeitdruck, und manche machen das eben nicht.
Seynsche: Es hat ja Tausende von Ergebnissen, Tausende von Studien gegeben, die sich auf diese Zelllinien stützen. Heißt das, man kann diese Studien in den Mülleimer werfen?
Drexler: Ja und nein. Also ja, weil sie ja nichts mit dem Krebs zu tun haben, mit dem man arbeiten möchte. Ich gebe ein Beispiel: Sie möchten an einem Leberkrebsmodell arbeiten und haben eigentlich eine Gehirnkrebszelllinie. Die Daten selber stimmen schon, nur Sie können es nicht extrapolieren auf den Leberkrebs. Und das ist natürlich schon ein Problem.
Seynsche: Das heißt, man muss sich im Nachhinein überlegen, welche Zelllinien hatte man dann eigentlich, um die Ergebnisse richtig interpretieren zu können?
Drexler: So ist es. Genauso ist es.
Seynsche: Sind denn diese Zelllinien, die da falsches Material hatten, in irgendeiner Weise gefährlich für die Patienten, die nachher mit Medikamenten behandelt worden sind?
Drexler: Nein, nein, das ist doch ganz anders. Du sie gerade das Beispiel Entwicklung von Medikamenten anbringen: der Linien sind nur ein Teil der Kette in der Forschung. Jemand hat eine Idee, oder jemand findet ein Agens, oder möchte ein Agens finden, dann muss man diese Agenzien testen. So weit mir bekannt ist, muss die pharmazeutische Industrie heutzutage tausende bis zu zehntausende von Agenzien testen...
Seynsche: Was sind Agenzien?
Drexler: Moleküle oder Pharmaka, die man dann testen muss, und da bieten sich Zelllinien an als erstes Screening, als erstes Durchchecken. Und wenn dann, sagen wir mal, Nummer 37 ist vielversprechend, dann geht man später auf Patientenmaterial, aber nicht am Patienten, sondern auf Material, das vom Patienten erhalten wurde. Und dann später macht man eventuell Tierversuche, und dann ganz später in einer langen Reihe kommt das erst mit dem Patienten in Berührung. Also direkt hat das mit dem Patienten nichts zu tun.
Seynsche: Das heißt, diese Ergebnisse sind für den Patienten nicht relevant, aber es ist viel, viel Geld verloren gegangen!
Drexler: Das ist das Problem.
Seynsche: Wie kann man dem denn Abhilfe schaffen?
Drexler: Da kann man Abhilfe schaffen, indem die Forscher, die mit Zelllinien arbeiten, sich bewusst sind, dass es ein Problem sein könnte. Weil ich glaube, viele Forscher sind sich dessen gar nicht bewusst, dass es die Möglichkeit gibt, mit einer falschen Zelllinie zu arbeiten. Und da bietet sich an, dass man das erstens überprüft, die Zelllinie, in regelmäßigen Abständen, ist es auch wirklich A, oder ist das doch eher B nur drin, und, oder, dass man Zelllinien von biologischen Ressourcenzentren wie unserem Institut oder anderen Instituten in den USA, England oder anderen Ländern erhält.
Drexler: Nein, hat mich nicht überrascht. Das Problem ist seit langem bekannt. Seit es Zelllinien gibt, quasi, ist es ein Problem. Aber es hat auch sein Positives: Da werden manche Forscher, die bisher mit dem Problem noch nicht vertraut waren oder es ignoriert haben, vielleicht mit der Nase drauf gestoßen.
Seynsche: Wie kann das denn passieren, dass eine Zelllinie von einem ganz anderen Krebstyp stammt?
Drexler: Also das einfachste wäre einfach Schlampigkeit. Man hat eine Zellkulturflasche, in die die Zellen A wachsen, und aus irgendeinem Grund schreibt man B drauf. Man tut die von außen beschriften, und, ok, Fehler sind menschlich. Das wäre die einfachste Variante. Die andere Variante ist, man muss die Zelllinien ja täglich versorgen, man muss die quasi füttern und das Zellmedium austauschen und frisches Medium zufügen, und da kann es schon passieren, dass man, wenn man nicht sorgfältig arbeitet, nicht konzentriert arbeitet, dass man Zellen von A in die Flasche B hineinbekommt. Wenn in diesem Fall nun die Zellen A schneller wachsen, dann überwachsen sie B. Ich gebe mal ein Beispiel: Wenn man einen Rasen hat und da sät man schnell wachsendes Unkraut aus, nach einiger Zeit hat man dann eben nur noch Unkraut.
Seynsche: Aber wird das denn nicht während der Arbeit überprüft, welche Zelllinien man eigentlich hat?
Drexler: Sollte man, sollte man, aber jeder hat Zeitdruck, und manche machen das eben nicht.
Seynsche: Es hat ja Tausende von Ergebnissen, Tausende von Studien gegeben, die sich auf diese Zelllinien stützen. Heißt das, man kann diese Studien in den Mülleimer werfen?
Drexler: Ja und nein. Also ja, weil sie ja nichts mit dem Krebs zu tun haben, mit dem man arbeiten möchte. Ich gebe ein Beispiel: Sie möchten an einem Leberkrebsmodell arbeiten und haben eigentlich eine Gehirnkrebszelllinie. Die Daten selber stimmen schon, nur Sie können es nicht extrapolieren auf den Leberkrebs. Und das ist natürlich schon ein Problem.
Seynsche: Das heißt, man muss sich im Nachhinein überlegen, welche Zelllinien hatte man dann eigentlich, um die Ergebnisse richtig interpretieren zu können?
Drexler: So ist es. Genauso ist es.
Seynsche: Sind denn diese Zelllinien, die da falsches Material hatten, in irgendeiner Weise gefährlich für die Patienten, die nachher mit Medikamenten behandelt worden sind?
Drexler: Nein, nein, das ist doch ganz anders. Du sie gerade das Beispiel Entwicklung von Medikamenten anbringen: der Linien sind nur ein Teil der Kette in der Forschung. Jemand hat eine Idee, oder jemand findet ein Agens, oder möchte ein Agens finden, dann muss man diese Agenzien testen. So weit mir bekannt ist, muss die pharmazeutische Industrie heutzutage tausende bis zu zehntausende von Agenzien testen...
Seynsche: Was sind Agenzien?
Drexler: Moleküle oder Pharmaka, die man dann testen muss, und da bieten sich Zelllinien an als erstes Screening, als erstes Durchchecken. Und wenn dann, sagen wir mal, Nummer 37 ist vielversprechend, dann geht man später auf Patientenmaterial, aber nicht am Patienten, sondern auf Material, das vom Patienten erhalten wurde. Und dann später macht man eventuell Tierversuche, und dann ganz später in einer langen Reihe kommt das erst mit dem Patienten in Berührung. Also direkt hat das mit dem Patienten nichts zu tun.
Seynsche: Das heißt, diese Ergebnisse sind für den Patienten nicht relevant, aber es ist viel, viel Geld verloren gegangen!
Drexler: Das ist das Problem.
Seynsche: Wie kann man dem denn Abhilfe schaffen?
Drexler: Da kann man Abhilfe schaffen, indem die Forscher, die mit Zelllinien arbeiten, sich bewusst sind, dass es ein Problem sein könnte. Weil ich glaube, viele Forscher sind sich dessen gar nicht bewusst, dass es die Möglichkeit gibt, mit einer falschen Zelllinie zu arbeiten. Und da bietet sich an, dass man das erstens überprüft, die Zelllinie, in regelmäßigen Abständen, ist es auch wirklich A, oder ist das doch eher B nur drin, und, oder, dass man Zelllinien von biologischen Ressourcenzentren wie unserem Institut oder anderen Instituten in den USA, England oder anderen Ländern erhält.