"Elgygytgyn kommt aus der tschuktschischen Sprache und bedeutet der "weiße See", und das ist auch gut berechtigt, weil der See fast das ganze Jahr eisbedeckt ist und in dieser braunen Landschaft so einen weißen Punkt darstellt."
Der Elgygytgen-See liegt in der Arktis, erklärt Martin Melles. Es ist ein Kratersee im äußersten Nordosten der russischen Tundra: 260 Kilometer sind es bis zur nächsten Handelsstation namens Pivek, fährt der Quartärgeologe von der Universität zu Köln fort. Trotzdem zieht der einsame See die Wissenschaftler an. Der Grund:
"Da ist der Elgygytgyn-See eine Besonderheit, weil er zum einen in einem Meteoritenkrater liegt, der 3,6 Millionen Jahre alt ist. Das ist also ein tiefes, altes Loch auf dem Kontinent, indem sich die Sedimente sammeln können. Und zusätzlich ist die Besonderheit, dass dieser See in einem der wenigen Gebiete in der Arktis liegt, das unvergletschert geblieben ist."
So blieben alle Klimazeugnisse erhalten. Der See entstand, als vor 3,6 Millionen Jahren ein Meteorit in Sibirien einschlug. Seitdem tragen die Bäche Sand in ihn ein und der Wind Staub, Pollen und Sporen, und im Sommer leben Algen darin. So ist mit der Zeit ein einzigartiges Klimaarchiv entstanden, das bis vor den Beginn der Eiszeiten zurückreicht:
"Wir können an dem Elgygytgen-See die Kalt- und Warmzeiten vollständig abgedeckt das erste mal untersuchen, und wir erreichen das spannende Zeitfenster vor 2,6 Millionen Jahren, als in der Nordhemisphäre die Vergletscherung eingesetzt hat. Vorher gab es kein Grönlandeis, das ist die Zeit, in der wir von einem sehr warmen globalen Klima in das Zeitalter des Quartärs reingehen, in dem wir ja heute auch noch leben."
2003 haben die Geologen die ersten Probebohrungen in den Seeboden hinein abgeteuft. Dabei zogen sie Bohrkerne, die 340.000 Jahre weit zurückreichen. In dieser Spanne wechselten sich dreimal Kalt- und Warmzeiten ab. Die Analyse der Sedimente brachte eine Überraschung:
"Wir sehen - das ist ein sehr bedeutendes Ergebnis -, dass die drei Klimazyklen nicht gleich verlaufen sind. Das hat man lange Zeit geglaubt, man könnte eine Warmzeit in der Erdgeschichte sehr gut untersuchen und könnte danach die Zukunft der Erde prognostizieren. Heute sehen wir, dass die Warmzeiten alle unterschiedlich gewesen sind."
Besonders wichtig ist das für die so genannte Eem-Warmzeit, die vor 115.000 Jahren zu Ende ging: Sie galt lange als Vorbild für unsere eigene Zeit. Vielleicht zu Unrecht, denn den Bohrkernen zufolge ist unsere "Epoche" kühler:
"Wir wissen beispielsweise, dass das Eem im Bereich des Elgygytgynsees wesentlich wärmer gewesen ist als das Holozän, obwohl die Sonneneinstrahlung nicht größer gewesen ist. Die Ansätze, das zu erklären, liegen darin, dass wir damals einfach eine andere atmosphärische Zirkulation gehabt haben müssen. Also beispielsweise könnten damals mehr Luftmassen weit aus dem Süden zu dem See transportiert worden sein, während heute die Luftmassen vielleicht eher aus dem Norden oder aus dem Westen kommen."
Auch die Kaltzeiten unterschieden sich. Mal erreichten extrem trockene Luftmassen den Elgygytgen-See. Dann war er fast schneelos, so dass Sonnenlicht durch die Eisdecke drang und die Algen blühten. In anderen Eiszeiten bedeckte Schnee den See wie ein Tuch. Neue mehr Überraschungen erhoffen sich die Forscher von der großen Bohrkampagne im kommenden Frühjahr. Gerade laufen die letzten Vorbereitungen. 2009 soll auf dem Eis ein Bohrturm errichtet werden, der durch die 400 Meter mächtigen Sedimente bis hinunter in das Gestein unter dem See bohren wird. Im Februar soll es losgehen, denn dann ist die Eisdecke dick genug:
"Dann hat sie etwa 1,20 Meter Dicke, das reicht aus, diese Bohrplattform zu tragen. Wir gehen davon aus, dass wir Mitte Mai dieses Eis wieder verlassen müssen, weil dann das Schmelzen einsetzt, so dass sie also insgesamt 3,5 Monate für die Bohroperation zur Verfügung haben."
Viele Ausfalltage wegen schlechten Wetters können sich die Forscher da nicht leisten. Der Zeitplan ist sehr eng. Aber die Informationen sind die Mühe wert, so die Geologen.
Der Elgygytgen-See liegt in der Arktis, erklärt Martin Melles. Es ist ein Kratersee im äußersten Nordosten der russischen Tundra: 260 Kilometer sind es bis zur nächsten Handelsstation namens Pivek, fährt der Quartärgeologe von der Universität zu Köln fort. Trotzdem zieht der einsame See die Wissenschaftler an. Der Grund:
"Da ist der Elgygytgyn-See eine Besonderheit, weil er zum einen in einem Meteoritenkrater liegt, der 3,6 Millionen Jahre alt ist. Das ist also ein tiefes, altes Loch auf dem Kontinent, indem sich die Sedimente sammeln können. Und zusätzlich ist die Besonderheit, dass dieser See in einem der wenigen Gebiete in der Arktis liegt, das unvergletschert geblieben ist."
So blieben alle Klimazeugnisse erhalten. Der See entstand, als vor 3,6 Millionen Jahren ein Meteorit in Sibirien einschlug. Seitdem tragen die Bäche Sand in ihn ein und der Wind Staub, Pollen und Sporen, und im Sommer leben Algen darin. So ist mit der Zeit ein einzigartiges Klimaarchiv entstanden, das bis vor den Beginn der Eiszeiten zurückreicht:
"Wir können an dem Elgygytgen-See die Kalt- und Warmzeiten vollständig abgedeckt das erste mal untersuchen, und wir erreichen das spannende Zeitfenster vor 2,6 Millionen Jahren, als in der Nordhemisphäre die Vergletscherung eingesetzt hat. Vorher gab es kein Grönlandeis, das ist die Zeit, in der wir von einem sehr warmen globalen Klima in das Zeitalter des Quartärs reingehen, in dem wir ja heute auch noch leben."
2003 haben die Geologen die ersten Probebohrungen in den Seeboden hinein abgeteuft. Dabei zogen sie Bohrkerne, die 340.000 Jahre weit zurückreichen. In dieser Spanne wechselten sich dreimal Kalt- und Warmzeiten ab. Die Analyse der Sedimente brachte eine Überraschung:
"Wir sehen - das ist ein sehr bedeutendes Ergebnis -, dass die drei Klimazyklen nicht gleich verlaufen sind. Das hat man lange Zeit geglaubt, man könnte eine Warmzeit in der Erdgeschichte sehr gut untersuchen und könnte danach die Zukunft der Erde prognostizieren. Heute sehen wir, dass die Warmzeiten alle unterschiedlich gewesen sind."
Besonders wichtig ist das für die so genannte Eem-Warmzeit, die vor 115.000 Jahren zu Ende ging: Sie galt lange als Vorbild für unsere eigene Zeit. Vielleicht zu Unrecht, denn den Bohrkernen zufolge ist unsere "Epoche" kühler:
"Wir wissen beispielsweise, dass das Eem im Bereich des Elgygytgynsees wesentlich wärmer gewesen ist als das Holozän, obwohl die Sonneneinstrahlung nicht größer gewesen ist. Die Ansätze, das zu erklären, liegen darin, dass wir damals einfach eine andere atmosphärische Zirkulation gehabt haben müssen. Also beispielsweise könnten damals mehr Luftmassen weit aus dem Süden zu dem See transportiert worden sein, während heute die Luftmassen vielleicht eher aus dem Norden oder aus dem Westen kommen."
Auch die Kaltzeiten unterschieden sich. Mal erreichten extrem trockene Luftmassen den Elgygytgen-See. Dann war er fast schneelos, so dass Sonnenlicht durch die Eisdecke drang und die Algen blühten. In anderen Eiszeiten bedeckte Schnee den See wie ein Tuch. Neue mehr Überraschungen erhoffen sich die Forscher von der großen Bohrkampagne im kommenden Frühjahr. Gerade laufen die letzten Vorbereitungen. 2009 soll auf dem Eis ein Bohrturm errichtet werden, der durch die 400 Meter mächtigen Sedimente bis hinunter in das Gestein unter dem See bohren wird. Im Februar soll es losgehen, denn dann ist die Eisdecke dick genug:
"Dann hat sie etwa 1,20 Meter Dicke, das reicht aus, diese Bohrplattform zu tragen. Wir gehen davon aus, dass wir Mitte Mai dieses Eis wieder verlassen müssen, weil dann das Schmelzen einsetzt, so dass sie also insgesamt 3,5 Monate für die Bohroperation zur Verfügung haben."
Viele Ausfalltage wegen schlechten Wetters können sich die Forscher da nicht leisten. Der Zeitplan ist sehr eng. Aber die Informationen sind die Mühe wert, so die Geologen.