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Bohren ohne Krach

Ingenieurwissenschaften. - Für gängige Bohrmaschinen ist selbst Stahl schon lange kein Hindernis mehr. Falls doch, greift man eben zum Profigerät aus dem Werkzeugverleih. Doch eines haben alle Borhmaschinen gemeinsam: sie sind sehr laut. Israelische Wissenschaftler entwickeln derzeit eine völlig lautlose Alternative, mit der man sogar Glas bohren kann.

    Von Sönke Gäthke

    Bohren macht krach. Noch, denn wenn es nach Forschern aus Israel geht, könnte Bohren künftig fast geräuschlos sein, dank Mikrowellen. Das Bohren mit Mikrowellen ist still und leise; außerdem entsteht kein Schmutz, erklärt Elijahu Jerbi, Ingenieur der Universität Tel Aviv. Der Forscher nutzt für seinen geräuschlosen Bohrer einen besonderen Effekt der kurwelligen elektromagnetischen Strahlung. Mikrowellen sammeln sich oft in einem Punkt und erwärmen das Material dort. Dadurch verändert sich dessen Eigenschaften so, dass mehr Energie gesammelt wird, was das Material weiter erwärmt - ein Kreislauf, bei dem sich das Material schnell bis zum Schmelzpunkt erhitzen kann. Diese Temperaturen lassen sich mit wenig Energieaufwand erreichen, so Jerbi, ein handelsüblicher Mikrowellengrill reicht bereits aus.

    Stellen Sie sich einen Mikrowellen-Herd vor. Der erzeugt vielleicht rund ein Kilowatt und erhitzt damit, sagen wir, 20 Liter Volumen. Und jetzt nehmen Sie an, dass sie diese Leistung auf ein viel kleineres Volumen konzentrieren, vielleicht auf einen Kubik-Zentimeter. Dann haben sie eine 10.000 Mal größere Energiedichte und können beinahe jedes Material schnell schmelzen.

    Die Techniker kauften daher einen Mikrowellengrill, und bauten die Senderöhre für die Kurzwellen, das Magnetron aus. Dann schlossen sie an die Röhre ein besonders gut abgeschirmtes Koaxialkabel an und verbanden es mit einer kleinen, beweglichen Wolfram-Metallspitze. Erzeugt das Magnetron nun Strahlung, wird diese über das Kabel zur Wolfram-Spitze geleitet und gebündelt auf das Material gesendet, in das ein Loch gebohrt werden soll.

    Ist an diesem Punkt das Material weich geworden, dann stoßen die Techniker mit der Wolframspitze und wenig Kraftaufwand ein Loch hinein. Rund drei Zentimeter tiefe Löcher können die Techniker derzeit mit ihrem Gerät in Materialien wie Stein oder Fels bohren. Dafür benötigen sie - je nach Eigenschaft - zwischen einigen Sekunden bis zu zwei Minuten; bei einer Leistungsaufnahme von knapp einem Kilowatt. Drei Zentimeter seien keinesfalls das Limit, so Jerbi, prinzipiell seien auch sehr viel tiefere Löcher möglich - genau wie mit konventionellen Bohrern auch. Aber den Mikrowellenbohrer kann man auch da anwenden, wo mechanische Geräte Schwierigkeiten bereiten, wie zum Beispiel bei Keramik oder Glas, sagt Jerbi. In diese könnte man zwar auch mit einem Laser ein Loch bohren, doch:

    Verglichen mit einem Laser-Bohrer ist unsere Entwicklung viel billiger, weil sie auf einer handelsüblichen Technik beruht, dem Mikrowellengrill.

    Der Techniker hofft, dass der Mikrowellenbohrer in drei Bereichen eingesetzt wird: zum einen in der Industrie, zum anderen in der Bauwirtschaft und der Forschung. Versuchsanlagen, die den Anforderungen entsprechen sollen, haben Forscher bereits gebaut.

    Der dritte Bereich ist der Heimwerkerbedarf. Unser Gerät funktioniert auch hier, sogar sehr gut, wir können bohren, schneiden oder Materialien verbinden. Aber hier fürchte ich die Sicherheitsbedenken anderer Leute.

    Weil das Herzstück eben ein Mirkowellensender ist, befürchtet Jerbi langwierige Genehmigungsverfahren. Dabei hätte er die Technik bereits auf die Größe einer handelsüblichen Bohrmaschine verkleinert. Doch wann diese Technik im Baumarkt zu kaufen sein wird, darüber wagt der Ingenieur keine Prognose. Und so lange bleibt der mechanische Bohrer das Lieblingsinstrument der Heimwerker.